So viel schiere Größe wirkt mitunter erschlagend. Zum Auftakt seiner Asienreise zeigt sich Olaf Scholz beeindruckt von Pekings Wachstum.
Hamburg. Es war 9.30 Uhr Ortszeit in Peking , als das Produkt aus dem Hause von Joachim Sauer seine Arbeit erledigt hatte. Der Riesen-Airbus A380 der Lufthansa, endmontiert und ausgeliefert in dem von Sauer geleiteten Airbus-Werk auf Finkenwerder, setzte nach einem verblüffend ruhigen Neun-Stunden-Flug sanft auf dem Beijing International Airport auf, und Sauer heimste viel Lob für das Produkt made in Hamburg ein. "Dafür hat sich meine Teilnahme schon gelohnt", scherzte der Airbus-Boss später.
Ob es an dem strahlend blauen Himmel lag, der den fast schon obligatorischen Smog über der chinesischen Hauptstadt abgelöst hatte? Jedenfalls war auch Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) bester Dinge, obwohl er im Flieger kaum ein Auge zugemacht hatte und sich stattdessen mittels Aktenstudium auf die Reise vorbereitet hatte. "Die Fahrt vom Flughafen zum Hotel war sehr beeindruckend", sagte Scholz, der eine gut 30-köpfige Delegation aus Hamburg anführt, darunter Politiker, die Chefs mehrerer Großunternehmen, Wissenschaftler sowie Vertreter von Kammern und Verbänden.
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Was für die Fahrt galt, wurde vom Blick aus dem 63. Stock des Hotels in Pekings Zentrum noch übertroffen. "Zu sehen, wie rasant diese Stadt wächst, ist schon beeindruckend", sagte Scholz. Hamburg zur Nachahmung empfehlen möchte er diese Entwicklung aber nicht. "Ich finde nicht, dass das bei uns auch so schnell gehen muss. Es macht schon Sinn, dass alles seine Ordnung hat." Allerdings sei das Tempo, mit dem die Chinesen Projekte umsetzen, für ihn durchaus Ansporn: "Wir müssen in Hamburg ja auch in relativ kurzer Zeit 30.000 bis 40.000 Wohnungen bauen , was in den vergangenen Jahren versäumt wurde."
Selbst über derartige Dimensionen kann man in Peking allerdings nur milde lächeln. Die Olympiastadt von 2008 ist mit knapp zehn Millionen Einwohnern (Hamburg: etwa 1,8 Millionen) eine der größten Städte der Welt. Daneben gibt es in China weitere 100 Städte, die größer sind als Berlin (rund 3,5 Millionen). Experten schätzen, dass diese Zahl bis 2025 auf mehr als 200 steigt.
So viel schiere Größe wirkt mitunter erschlagend. Doch zum Auftakt seiner einwöchigen Reise besuchte der Bürgermeister zunächst das alte Peking - die Verbotene Stadt. "Das war eine ganz andere Zeit und zeigt, was für eine lange Tradition dieses Land hat", sagte Scholz über die prächtig verzierten Kaiserpaläste aus dem 15. Jahrhundert. "König Olaf bei den Kaisern", scherzte ein Delegationsmitglied mit Blick auf Scholz' SPD-Alleinregierung in Hamburg. Doch wie ein König tritt der 53-Jährige bei seiner ersten großen Auslandsreise als Bürgermeister und seinem ersten Chinabesuch überhaupt keineswegs auf. Die ersten Gespräche im Hotel absolvierte er leger in Jeans und Hemd, wo sein Amt es zulässt, hält er sich dezent im Hintergrund, und am Ausgang der Verbotenen Stadt lässt er sich geduldig von einer jungen Chinesin erklären, dass Männer eine Schwelle immer mit dem linken Fuß überqueren sollten und Frauen mit dem rechten - das bringe Glück.
Ums Glücklichsein geht es auf der Reise, deren weitere Stationen Hamburgs Partnerstädte Shanghai (China) und Osaka (Japan) sind, aber höchstens am Rande. Im Mittelpunkt stehen handfeste wirtschaftliche und politische Interessen - für beide Seiten. So haben 182 Firmen aus der Hansestadt eine Niederlassung oder Repräsentanz in China, und umgekehrt sind 400 chinesische Firmen in Hamburg aktiv. Da hakt es schon mal.
So berichten deutsche Manager, dass die Genehmigungsbehörden in China mit dem rasanten Wachstum kaum Schritt halten könnten. Heute führt Scholz, in dem die chinesische See auch den einflussreichen stellvertretenden SPD-Bundesvorsitzenden sieht, Gespräche im Außenministerium, mit dem Vizeministerpräsidenten und bei ranghohen Vertretern der Kommunistischen Partei. In einem Brief fordern die Gesellschaft für bedrohte Völker und die Tibet-Initiative Deutschland den Bürgermeister dazu auf, auf die Opfer von Menschenrechtsverletzungen hinzuweisen. "Offensichtliche Defizite bei der Umsetzung von Menschenrechten in China öffentlich anzusprechen ist heute umso wichtiger, um langfristig auch Hamburgs Interessen zu sichern. Denn jede Destabilisierung in China kann auch Hamburgs gute wirtschaftliche Beziehungen zur Volksrepublik gefährden." Unter anderem gehe es um das Schicksal von 300 verschleppten tibetischen Mönchen.
Nach den politischen Gesprächen geht es zur China Development Bank, die eng mit der HSH Nordbank kooperiert - deren Vorstandschef Paul Lerbinger gehört ebenfalls zur Delegation. Dass dabei eine eventuelle Übernahme der ehemaligen Landesbank von Hamburg und Schleswig-Holstein durch die Chinesen zur Sprache kommen könnte, wurde aus Scholz' Umfeld dementiert. Es sollten lediglich die Geschäftsbeziehungen vertieft werden. Kontaktpflege - dazu sind solche Reisen ja auch da.