Der Investor begründet den Schritt mit der hohen Quote leer stehender Büros in Hamburg. Der Senat will nun den Weg für weitere Projekte frei machen.

Hamburg. Büros und Geschäfte haben in der Hamburger City in den vergangenen 100 Jahren die Wohnbevölkerung zunehmend verdrängt. In jüngster Zeit nimmt die Einwohnerzahl in Alt- und Neustadt stetig ab. Bemühungen des Bezirks Mitte aber, mit einer Umwandlung von Büros dem entgegenzuwirken, fruchteten bisher nicht. Doch nun hofft Bezirksamtsleiter Markus Schreiber (SPD) auf eine "Trendwende", wie er sagt. Denn jetzt baut ein Hamburger Investor ein bisher reines Kontorhaus zu einem Wohnhaus um. "Ein bisher einmaliger Fall mit Vorbildcharakter", sagt Schreiber. Tatsächlich ist das Vorhaben des Hamburger Immobilienbesitzers Paul Eckler wohl ein Novum.

Es wäre das erste Mal, dass in der Innenstadt, also innerhalb des Wallringes, ein solches Vorhaben auch umgesetzt wird. "Wir setzen nun auf Nachahmer und erhoffen uns natürlich, dass die Innenstadt abends wieder belebter wird", sagt Schreiber. Die Chancen dazu seien eigentlich gut, da Wohnungen in der Stadt sehr nachgefragt seien.

Dennoch taten sich Investoren mit einer solchen Umwandlung bisher sehr schwer. 2006 etwa hatte der Bezirk Mitte eine Studie in Auftrag gegeben, um im Kontorhausviertel eine solche Entwicklung zu fördern. Doch es fand sich kein einziger Investor, der daran auch nur Interesse zeigte. Außer einigen flotten Zeichnungen und 50.000 Euro Honorarkosten blieb die Expertise leider folgenlos.

Doch im Fall des Komplexes Steinhöft 5 bis 7 ist das offensichtlich anders. Das Bürohaus dort liegt unweit der Landungsbrücken direkt am Herrengraben-Fleet. Wer oben vom Balkon schaut, blickt links auf den Hafen beim Baumwall, rechts zur Innenstadt. Das Gebäude war im Krieg durch Bomben zerstört worden, wurde 1954 wieder aufgebaut - und wird seitdem wie alle Häuser rechts und links als Bürogebäude genutzt. Jetzt will Eigentümer Paul Eckler in den oberen Etagen zunächst 15 Wohnungen bauen - mehr ließ das aktuelle Baurecht bisher nicht zu. Zwischen 300 und 600 Euro pro Quadratmeter werden die Umbauten kosten, schätzt der von Eckler beauftragte Architekt Hans-Jürgen Schmidt. Angestrebt werde eine Kaltmiete zwischen elf und 13 Euro pro Quadratmeter - deutlich weniger als in der HafenCity.

Ein solcher Preis liegt aber auch sehr deutlich unter den Quadratmeterpreisen, die für Büros in guter Innenstadtlage verlangt werden. Mehr Büros statt Wohnungen bedeutete aber auch, dass die Zahl der Einwohner in der Innenstadt in den vergangenen 25 Jahren kontinuierlich um gut 1100 auf jetzt etwa 13.200 abnahm. Eine Entwicklung, die offensichtlich in Hamburg noch viel ausgeprägter ist als in anderen Großstädten. In der Hamburger Innenstadt wohnen rund 2800 Menschen auf einem Quadratkilometer. In Köln beispielsweise sind es 9300 Einwohner auf der gleich großen Fläche, in München liegt die Zahl bei rund 6000 Menschen.

+++ Kommentar: Wohnungen statt Büro-Wüsten +++

Möglicherweise deutet sich mit dem Projekt Steinhöft nun in der Tat eine Umkehr an. Nicht nur, weil gegenüber früheren Landfluchtzeiten immer mehr Menschen wieder in der Stadt wohnen wollen, wie Stadtforscher sagen. In Hamburg wurden in der Vergangenheit auch schlicht zu viele Büros gebaut. "Es gibt einen riesigen Leerstand - auch in der HafenCity", sagt Bezirksamtleiter Schreiber. Immobilienexperten schätzen den Leerstand auf mittlerweile 1,2 Millionen Quadratmeter.

Auch Investor Eckler nennt die hohe Leerstandsquote, die ihn zu seiner Umwandlungsidee geführt habe. Aber nicht nur das: "Langfristig rechnet sich Wohnraum doch", sagt er. So seien die Zyklen immer schneller geworden, in den Unternehmen sich verändern und neue Räume suchen. Anders bei Wohnungen in der Innenstadt. Dort rechne er mit viel weniger Fluktuation, sagt Eckler. "Und das bringt Ruhe in ein Objekt, und langfristig gesehen ist das für einen Vermieter viel besser." Allerdings ist es auch nicht ganz einfach, Büros mal eben in Wohnungen umzubauen. Anders als für Gewerberäume muss es für Wohnräume immer einen zweiten Fluchtweg für den Brandfall geben. Das lässt sich gerade in älteren Gebäuden nur schwer umsetzen. Eckler und sein Architekt lösten das Problem mit einem technischen Trick. Im Treppenhaus wird nun ein Überdruck erzeugt, sodass bei einem Feuer kein Rauch dort hin gelangt - ein solches Treppenhaus gilt dann als zweifacher Fluchtweg.

Doch auch die Stadt selbst hat für Büro-Umwandlungen Stolpersteine gelegt. So lässt das Baurecht in weiten Teilen der Innenstadt überhaupt keine Umwandlung zu, weil die alten Bebauungspläne es oft als reines "Geschäftsgebiet" ausweisen, das heißt, ein Wohnen ausschließt.

Zurzeit werden daher in der Stadtentwicklungsbehörde 17 dieser Bebauungspläne für die Innenstadt überarbeitet. Die "Geschäftsgebiete" sollen dabei in "Kerngebiete" geändert werden - wo der Bau von Wohnungen erlaubt ist. Bereits am Dienstag wird der Senat nach Abendblatt-Informationen voraussichtlich die für die Innenstadt entscheidende Änderung endgültig beschließen.