Jürgen R., Angestellter der Stadt Hamburg, klagte wegen Diskriminierung, weil ihm die günstigere Steuerklasse verwehrt worden war.

Luxemburg/Hamburg. Jürgen R. lebt in Hamburg seit 42 Jahren mit Alwin U. zusammen. Schon 1999 haben sie sich standesamtlich das Ja-Wort gegeben - zwei Jahre, bevor das bundesdeutsche Lebenspartnerschaftsgesetz verabschiedet wurde. Die sogenannte "Hamburger Ehe" machte es möglich. Doch ausgerechnet von der Stadt Hamburg fühlt sich Jürgen R. diskrimiert. Zu recht, entschieden jetzt die Luxemburger Richter am Europäischen Gerichtshof (Az: C-147/08).

Denn der ehemalige Verwaltungsangestellte bekommt 302,11 Euro weniger Rente pro Monat als verheiratete Kollegen, die wie er 40 Jahre lang für die Hansestadt gearbeitet haben. Die Stadt Hamburg hat ihn in die Steuerklasse I eingestuft, nicht in die Steuerklasse III für Verheiratete. Jürgen R. klagte gegen diese Einstufung vor dem Hamburger Arbeitsgericht - das leitete den Fall weiter an den Europäischen Gerichtshof.

"Das Verfahren in Hamburg wurde ausgesetzt. Für die Urteilsfindung wichtige Fragen wurden jetzt vom Europäischen Gerichtshof beantwortet und nun muss das Hamburger Arbeitsgericht das Urteil sprechen", erklärt Birgit Boßert, die Anwältin von Jürgen R. Sie gehe fest davon aus, dass das Arbeitsgericht nun schnell zu einer Entscheidung im Sinne ihres Mandanten finden werde. Gegen dieses Urteil kann dann keine Berufung mehr eingelegt werden. Für Jürgen R. bedeutet das, dass er rückwirkend seit Eintragung seiner Lebenspartnerschaft 2001 die ihm zustehenden 302,11 Euro pro Monat erhält - also eine Summe von mehr als 30.000 Euro.

Die obersten EU-Richter stellten fest, „dass die Bezüge (...) offenbar erhöht worden wären, wenn er im Oktober 2001 geheiratet hätte, anstatt eine eingetragene Lebenspartnerschaft mit einem Mann einzugehen.“ Die Stadt Hamburg hatte sich vor dem Europa-Gericht darauf berufen, dass Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehen. Die Ehe sei "regelmäßig Vorstufe zur Familie, indem sie als typische rechtlich gesicherte Gemeinschaft zwischen Frau und Mann die Grundlage für Kinder bilde". Die höhere Rente für Verheiratete solle die höheren finanziellen Belastungen ausgleichen, die mit der Familiengründung einhergingen.

Dieser Argumenattion sind die Richter nicht gefolgt. Die Situation von Jürgen R. sei „mit der Ehe rechtlich und tatsächlich vergleichbar“, so das Gericht. Nach dem Gesetz seien die Lebenspartner zur gegenseitigen Fürsorge und zum Unterhalt verpflichtet. Somit hätten sie dieselben Pflichten wie verheiratete Ehepartner. Der Betroffene habe den Anspruch, wegen seiner sexuellen Orientierung nicht diskriminiert zu werden.