GAL-Chefin Fegebank erwägt eine Kandidatur gegen die Ex-Senatorin auf Listenplatz drei. Ein prestigeträchtiges Duell am Sonnabend.
Hamburg. Christa Goetsch, Zweite Bürgermeisterin und Schulsenatorin a. D., hat ihren Hut in den Ring geworfen. Auf der Mitgliederversammlung der GAL am Sonnabend wird die Spitzengrüne auf dem umkämpften Listenplatz drei ihrer Partei für die Bürgerschaft kandidieren. Damit zeichnet sich ein prestigeträchtiges Duell ab: In der GAL verdichten sich die Hinweise, dass Parteichefin Katharina Fegebank gegen Goetsch, die 2008 die Spitzenkandidatin war, antreten wird. "Ich habe mich noch nicht entschieden", sagte Fegebank gestern.
"Ich bin der Überzeugung, dass in der Bildungspolitik weiterhin viel zu tun bleibt", begründete Goetsch im Gespräch mit dem Abendblatt ihre Kandidatur. Sie wolle dazu beitragen, dass die GAL eine Bildungspartei bleibe - auch nach dem verlorenen Volksentscheid über die Primarschule. Sie sehe sich, so Goetsch, im positiven Sinn als "Überzeugungstäterin" in Sachen Bildung.
Als unumstritten gilt die Spitzenkandidatur von Ex-Stadtentwicklungs- und Umweltsenatorin Anja Hajduk. Auch GAL-Fraktionschef Jens Kerstan, der das Profil der GAL im schwarz-grünen Bündnis geschärft hat, muss auf Platz zwei nicht mit einem Gegenkandidaten rechnen. Doch danach dürfte es zu heftigem Gerangel um die aussichtsreichsten Listenplätze für die Wahl am 20. Februar kommen.
Nach Abendblatt-Informationen wird Ex-Justizsenator Till Steffen auf Platz vier antreten. Er muss mit einer Gegenkandidatur des stellvertretenden Landesvorsitzenden Anjes Tjarks rechnen. Eventuell kandidiert auch Ex-Umwelt-Staatsrat Christian Maaß auf diesem Platz. Den unterlegenen Kandidaten steht frei, sich auf den nächsten Plätzen erneut zu bewerben.
Die Satzung der GAL sieht vor, dass auf ungeraden Listenplätzen stets nur Frauen kandidieren dürfen, während die geraden Plätze offen für Bewerber beider Geschlechter sind. Sollte Katharina Fegebank auf Platz drei gegen Christa Goetsch unterliegen, dürfte sie auf Platz fünf erneut antreten. Hier wird ihre Gegenkandidatin voraussichtlich die Innenexpertin und langjährige Abgeordnete Antje Möller sein.
Auf Platz sechs stehen sich voraussichtlich wieder Männer gegenüber: Der Bildungsexperte Michael Gwosdz soll ebenso Ambitionen haben wie Stadtentwicklungspolitiker Claudius Lieven. Beide könnten es mit Anjes Tjarks zu tun bekommen, falls der gegen Steffen im Rennen um Platz vier unterliegt. Nach Abendblatt-Informationen plant auch die frühere Bürgerschafts-Vizepräsidentin Nebahat Güclü ein Comeback, die sich im vergangenen Jahr aus gesundheitlichen Gründen aus der Politik zurückgezogen hatte.
Außer über ihr Spitzenpersonal wollen die Grünen am Sonnabend auch über ihr Wahlprogramm entscheiden. Der 25-seitige Entwurf des Landesvorstands unternimmt den Versuch, die Erfolge aus den zweieinhalb Jahren der schwarz-grünen Koalition herauszustellen und gleichzeitig selbstkritisch zu sein. Die GAL bekennt sich zum längeren gemeinsamen Lernen, räumt aber Fehler bei der Umsetzung der später gescheiterten Primarschulreform ein. Der verlorene Volksentscheid sei ein Rückschlag für die Schulreform gewesen. "Dies lag auch an eigenen Fehlern: Wir haben die Einführung des längeren gemeinsamen Lernens an den Anfang des umfassenden Reformprozesses gesetzt", heißt es in dem Programmentwurf. "Längeres gemeinsames Lernen bleibt unser Ziel", steht unmittelbar danach. Das könne "allerdings nicht von oben verordnet werden - aber es kann von unten wachsen".
Ähnlich evolutionär argumentieren die geläuterten Grünen auch beim Thema Stadtbahn, eigentlich eine Kernangelegenheit der Partei. "Weil ein solches Großprojekt die Zustimmung der Bürger braucht, wollen wir die bisherigen Planungen in einem Bürgerdialog offen zur Diskussion stellen - so wie es der Senat auf grüne Initiative bereits beschlossen hatte", heißt es im Programmentwurf. Eine Festlegung auf die eben noch verfolgte Trassenführung von Bramfeld über Winterhude nach Eppendorf gibt es nicht mehr.
Die GAL spricht sich weiterhin klar gegen die Elbvertiefung aus. "Wir sind aber realistisch genug, um zu wissen, dass es für unsere Position in Hamburg gegenwärtig keine politische Mehrheit gibt", schreibt die GAL-Spitze. Beim Thema öffentlicher Haushalt plädieren die Grünen für die Einführung des Schuldenverbots von 2020 an. Derzeit gilt noch der Senatsbeschluss von 2007, wonach die Schuldenbremse bereits von 2013 an wirksam werden soll.
Die GAL will den Kita-Besuch "perspektivisch" kostenfrei machen und "zeitnah" allen Zweijährigen einen fünfstündigen Betreuungsplatz anbieten. In der Frage, ob die Studiengebühren wieder abgeschafft werden sollen, legen sich die Grünen nicht fest.
Die GAL verteidigt die Aufkündigung der Koalition mit der CDU und nennt Neuwahlen "das ehrlichste Angebot an die Hamburger". Gleichzeitig wolle sie "weiterhin politische Verantwortung tragen". Also regieren.