Auf dem Parteitag soll heute Bürgermeister Ahlhaus zum Spitzenkandidaten gekürt werden. Dabei will die CDU Harmonie demonstrieren.
Hamburg. Wenn die Christdemokraten heute Abend im Bürgerhaus Wilhelmsburg zusammenkommen, um Bürgermeister Christoph Ahlhaus zu ihrem Spitzenkandidaten zu küren, dann steht die Losung fest: innerparteiliche Harmonie, Versöhnung mit der Stammwählerschaft und die Betonung eigener Erfolge.
"Die gesamte CDU ist sehr solidarisch - mit dem Bürgermeister und der Parteiführung", sagt Partei- und Fraktionschef Frank Schira im Gespräch mit dem Abendblatt. Bei Besuchen in Ortsverbänden habe es immer wieder viel Applaus für Ahlhaus gegeben. Die Stimmung sei nach der Aufkündigung des schwarz-grünen Bündnisses durch die GAL kämpferisch. "Das Motto ist: Jetzt geht's los", glaubt Schira.
Von dem Parteikonvent verspricht sich der Landeschef einen "Beweis der Geschlossenheit" in einer für die Union schwierigen Phase. In der Abendblatt-Umfrage sackte die Senatspartei in der vergangenen Woche auf 28 Prozent ab. Die Tagesordnung sieht zwar eine Rede von Ahlhaus vor, aber keine Aussprache über die prekäre Lage der CDU. Für Schira ist das kein Problem. Der Parteitagspräsident werde Wortmeldungen ermöglichen. "Es wird keine Aussprache gescheut", so Schira.
Wenn auch keine ernsthafte Diskussion über den Spitzenkandidaten oder die Politik der CDU-geführten Senate auf dem Parteitag zu erwarten ist, gibt es intern durchaus Kritik - zum Beispiel an der Reaktion auf den Koalitionsbruch. Dass Ahlhaus und Schira der GAL unmittelbar nach der Trennung am vorvergangenen Sonntag mit leicht beleidigter Miene "Flucht aus der Verantwortung" vorhielten, betrachten viele CDU-Mitglieder noch als nachvollziehbaren "Reflex".
Die Enttäuschung über die Grünen, die den Rücktritt von Finanzsenator Carsten Frigge (CDU) und die Festlegung der CDU auf seinen Nachfolger Rüdiger Kruse zunächst sogar begrüßt, dann aber als Anlass für den Ausstieg genannt hatten, ist in der Union weit verbreitet.
Dass der Bürgermeister in den folgenden Tagen aber immer stärker der GAL und dort vor allem der früheren Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk vorhielt, ihre Behörde sei für viele Probleme der Koalition - Winterchaos, Schlaglöcher, Baustellenkoordination, Wohnungsbau - verantwortlich gewesen, werten etliche CDU-Mitglieder als übertriebenes Nachtreten.
"Wir sollten uns nicht zu lange mit Ursachenforschung aufhalten, sondern nach vorn schauen und der Stadt ein Angebot machen", sagt ein Abgeordneter. Das sei auch die Erwartung an Ahlhaus und Schira - dass sie in ihren Reden die inhaltliche Positionierung der CDU deutlich machen.
Nach dem ersten Schock hat sich sogar ein Gefühl der Befreiung in der Partei breitgemacht. "Endlich können wir sagen, was wir denken, und müssen nicht mehr Rücksicht auf den Koalitionspartner nehmen", sagt eine CDU-Frau. Auch Schira hat beobachtet, dass der Koalitionsbruch auch als "befreiend" erlebt worden ist. Das gelte zum Beispiel für die Themen Schulreform oder Stadtbahn. "Das wird bei unserer Kernklientel zu Mobilisierung führen", sagt der Parteichef.
Wie von Ahlhaus angekündigt, will die Union mit "CDU pur" punkten und sich so mit ihrer Stammwählerschaft versöhnen. Als sicher gilt, dass das Thema Wirtschaft weit oben auf der Wahlkampf-Agenda stehen wird. Ohne Rücksicht auf die Grünen kann sich die CDU freier für den Bau der Y-Trasse (Bahnverbindung Hannover-Bremen-Hamburg), den Weiterbau der A 26 (Stade-Hamburg), die Hafenquerspange (Verbindung von A 1 und A 7) und natürlich die Elbvertiefung einsetzen.
Allerdings taugen solche Themen kaum, um scharenweise Wähler für die CDU zu mobilisieren, zumal es kaum Unterschiede zu der traditionell wirtschaftsfreundlichen Hamburger SPD gibt. Auch bei den Themen Haushaltskonsolidierung und Bildung lassen sich kurzfristig schwer positive Nachrichten setzen. Bleibt noch die Hoffnung, dass das "Kümmerer"-Image des Bürgermeisters doch noch verfängt.
Erfahrene Partei-Haudegen wie Landesvorstandsmitglied Ralf-Dieter Fischer geben sich angesichts des Umfragerückstands von 17 Prozentpunkten auf die SPD zudem betont gelassen: "Ich habe in 38 Jahren 33 Wahlen mitgemacht, und es war oft verblüffend zu sehen, wie Prognosen danebenliegen können. Das ist in drei Monaten noch umkehrbar." Eine Bedingung, die in den vergangenen Wochen nicht immer beachtet wurde, macht Fischer aber: "Wir dürfen keine Fehler mehr machen."