Um das Haushaltsloch der Stadt zu füllen, werden viele Gebühren erhöht. Personalräte und Ver.di warnen vor Kahlschlag in den Bezirken.
Hamburg. Die Haushaltsprobleme der Stadt schlagen bald direkt auf die Bürger durch. Wie aus einer Senatsdrucksache hervorgeht, die dem Abendblatt vorliegt, sollen die Bezirksämter von 2011 an pro Jahr allein knapp neun Millionen Euro mehr an Gebühren und Strafen eintreiben. Eine Auswahl der Maßnahmen, die von 2011 an gelten sollen:
Die Zulassung von Baumfällungen kostet künftig das Doppelte. Statt 25,50 oder 75 Euro (je nach Aufwand) sind es künftig 50, 100 oder 150 Euro (bringt pro Jahr 400.000 Euro).
Die Anmeldung von Hunden kostet künftig im Amt 28 statt 20 Euro. Im Internet werden dafür 14 statt 10 Euro fällig (insgesamt 32.000 Euro).
Mündliche oder schriftliche Auskünfte , zum Beispiel aus dem Melderegister, schlagen künftig mit 10 Euro statt 6 Euro zu Buche. Über das Internet soll eine Auskunft 5 Euro statt 3 Euro kosten (insgesamt 990 000 Euro).
Beglaubigungen von Fotokopien kosten 3 Euro statt 1 Euro (250.000 Euro).
Die Ausstellung einer Personenstandsurkunde (z. B. Heiratsurkunde) kostet künftig 12 statt 8 Euro. Jede weitere Urkunde kostet künftig 6 Euro statt 4 Euro (insgesamt 485.000 Euro).
Bei Großveranstaltungen auf öffentlichen Flächen wird der Gebührenrahmen von bis zu 1,50 Euro pro Quadratmeter ausgeschöpft (720.000 Euro).
Sondernutzungsgebühren , zum Beispiel für Warenauslagen und Werbeanlagen im öffentlichen Bereich, steigen um zehn bis 20 Prozent (600.000 Euro).
Die Nutzung von Baugerüsten für werbliche Zwecke soll verstärkt gebührenpflichtig sein (1,8 Millionen Euro).
Für die Bauberatung wird eine neue Gebühr von 52 Euro pro Stunde eingeführt (1 Million Euro).
Für die Ahndung von Verkehrsverstößen werden beim Bezirklichen Ordnungsdienst (BOD) neun neue Mitarbeiter eingestellt. So rechnet der Senat: Ein BOD-Mitarbeiter ahndet pro Tag 40 Verkehrsverstöße à 15 Euro. Bringt bei 211 Arbeitstagen 126 600 Euro im Jahr, bei neun Leuten also gut 1,1 Millionen. Abzüglich der Personal- und Sachkosten bleiben der Stadt Mehreinnahmen von 500.000 Euro.
Diese Maßnahmen sollen in einem Guss am 7. Dezember vom Senat beschlossen werden, damit sie am 1. Januar in Kraft treten können. Grundlage ist die Sparklausur vom Herbst, wonach die Bezirke in den Jahren 2011 bis 2014 insgesamt 65 Millionen Euro einsparen müssen. Allerdings klaffen zwischen den Vorschlägen der Bezirke und den Sparvorgaben der Finanzbehörde noch große Löcher: Für 2011 wurden nur 8,6 statt der geforderten 10,6 Millionen erbracht, für 2014 sogar nur 11,7 statt 17,9 Millionen Euro. Weitere Sparanstrengungen müssen also folgen.
Dabei steht das größte Problem noch bevor. Denn Finanzsenator Carsten Frigge (CDU) hat mittlerweile eine weitere Sparrunde ausgerufen: Um 510 Millionen Euro pro Jahr muss die Stadt ihre Ausgaben kürzen. 11,6 Millionen davon entfallen direkt auf die Bezirke. Und von den 260 Millionen, die die Behörden noch erbringen müssen, dürfte auch ein Teil auf die sieben Bezirke abgewälzt werden. Die Bezirksamtsleiter befürchten daher, dass sie alles in allem bis zu 50 Millionen Euro zum Sparprogramm beitragen müssen. Da das aus ihrer Sicht unmöglich ist, haben sich die sieben Verwaltungschefs parteiübergreifend geweigert, noch mehr Vorschläge zu erbringen. Der Senat möge jetzt sagen, welche Aufgaben die Bezirke nicht mehr wahrnehmen sollten.
Während sie auf diese Vorgaben warten, haben sich die Personalräte der Bezirksämter und die Gewerkschaft Ver.di gestern vehement gegen weitere Kürzungen auf Bezirksebene ausgesprochen. "Wir fürchten einen Kahlschlag und eine Entmachtung der Bezirke", sagte Ver.di-Fachbereichsleiterin Sieglinde Frieß. "Und das bedeutet für die Bürger schlechtere Leistungen und höhere Kosten." Frieß kritisierte zudem die "Kehrtwende der CDU", die nach dem Regierungswechsel 2001 stets eine Stärkung der Bezirke versprochen habe, jetzt aber das Gegenteil verfolge. Hans-Jürgen Meyer, Vorsitzender der Bezirkspersonalräte, sprach von einer "großen Verunsicherung" in den Verwaltungen, weil niemand wisse, was der Senat vorgeben werde.
Finanzsenator Frigge betont stets, dass er nicht mit dem Rasenmäher, sondern strukturell kürzen wolle: Statt also die gleichen Leistungen mit weniger Personal zu erbringen, sollen gewisse städtische Leistungen komplett wegfallen oder ausgelagert werden. Die Frage, die nicht nur die Bezirke umtreibt, ist nur noch, welche das sein werden.