Gas, Strom, Fernwärme: Sachverständige äußern sich heute bei Anhörung über Rückkauf der Netze im Ausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft.
Hamburg. Mit den Verträgen, die die Stadt mit den Energieunternehmen Vattenfall und E.on zur 25,1%igen Beteiligung an den Versorgungsnetzen für Gas, Strom und Fernwärme abgeschlossen hat, geht die Stadt "erhebliche wirtschaftliche und juristische Risiken" ein. Zu diesem Ergebnis kommt die auf Energierecht und Konzessionsverfahren spezialisierte Kanzlei Boos, Hummel & Wegerich, die die Verträge im Auftrag der Initiative "Unser Hamburg - unser Netz" bewertet hat.
Größtes Problem ist laut Juristen die Tatsache, dass die Energieunternehmen Vattenfall und E.on die Stadt Hamburg durch die einseitige Beendigung der sogenannten Gewinnabführungsverträge zum Ausstieg aus den Netzgesellschaften zwingen können. Hintergrund: Die Energieunternehmen haben der Stadt für die Beteiligung an den Unternehmen eine garantierte Dividende von 4,2 Prozent bei Strom und Gas und 4,5 Prozent bei Wärme vertraglich zugesichert. Die Energieunternehmen können diese Vereinbarung aber 2018 für Gas und Wärme und 2019 für Strom beenden, wenn sie diese Gewinnabführung "nicht mehr fortführen wollen". Das würde einer Beendigung der Beteiligung gleichkommen, denn die Stadt wird die Verträge kaum ohne Gewinnabführung fortführen.
+++ Volksentscheid über Netzkauf bei Bundestagswahl 2013 +++
Zum Jahr 2015 werden aber auch die Konzessionen für die Gas-, Strom- und Fernwärmenetze vergeben. Es ist nicht ganz abwegig zu vermuten, dass die Energiekonzerne, an denen die Stadt beteiligt ist, gute Chancen haben, die Ausschreibung zu gewinnen. Würde es so kommen, wären die Unternehmen 2018/19 zum einen Konzessionsinhaber und zum anderen hätten sie die Chance, wieder die Alleinherrschaft über die Netze zu bekommen. Zusätzlich hätten sie durch die Beteiligungszahlungen der Stadt ein "zinsgünstiges Darlehen" erhalten. "Verlierer in diesem Szenario wäre die Stadt", sagte BUND-Chef Manfred Braasch für die Initiative.
Die Juristen heben in ihrer Analyse außerdem hervor, dass die ausgehandelte Beteiligung "für eine Steuerung der Hamburger Energiepolitik ungeeignet" ist. "Nach Prüfung der verfügbaren Unterlagen kommen wir zu dem Schluss, dass die Bürgerschaft diesen Verträgen nicht zustimmen sollte", sagte Jurist Philipp Boos. Manfred Braasch kommt für die Initiative zu dem Urteil: "Nach den derzeit verfügbaren Informationen kann man nur zu einem Urteil kommen: Diese Verträge sind schlecht verhandelt."
Ob auch die von der Bürgerschaft geladenen Sachverständigen zu diesem Urteil kommen werden, wird sich heute ab 17 Uhr im gemeinsamen Haushalts- und Umweltausschuss zeigen. Am 18. April soll die Bürgerschaft endgültig über die Beteiligung der Stadt an den Energienetzen abstimmen.