“Eine akademische Einrichtung erfordert auch die Mitwirkungsmöglichkeit für das Universitätspersonal“, sagte Dieter Lenzen.
Hamburg. Die Verfassungsbeschwerde eines Jura-Professors gegen mangelnde universitäre Mitbestimmung ist sowohl an der Hochschule als auch in der Politik auf Zustimmung gestoßen. "Ich habe Verständnis für Unzufriedenheiten mit Einzelheiten des Hochschulgesetzes, das im deutschen Vergleich sehr ungewöhnlich ist. Weil es versucht hat, US-amerikanische Rechtsgrundlagen von Privatuniversitäten auch auf deutsche staatliche Universitäten zu übertragen", sagte Uni-Präsident Dieter Lenzen dem Abendblatt.
Problematisch sei das "Fehlen jeglicher Strukturen für die Willensbildung" unterhalb der Fakultäten. "Eine akademische Einrichtung erfordert, wenn sie erfolgreich sein will, den vollen Einsatz und deswegen auch die Mitwirkungsmöglichkeit für das Universitätspersonal", sagte Lenzen. Er gehe davon aus, dass die Kritik bei der Überarbeitung des Hochschulgesetzes in diesem Sommer aufgenommen werde.
Wie berichtet, hat das Bundesverfassungsgericht der Stadt nun eine Beschwerde aus dem Jahr 2006 zugestellt: Professor Michael Köhler sieht die Freiheit von Forschung und Lehre gefährdet, seit Jörg Dräger, damals Wissenschaftssenator der CDU-Regierung, das Gesetz 2005 radikal umbaute. Die übermächtigen Dekane etwa seien durch die Professoren faktisch nicht mehr kontrollierbar. Auch sei fraglich, ob der mehrheitlich mit externen Mitgliedern besetzte Hochschulrat "wissenschaftsgemäße" Entscheidungen treffen könne.
Dieser Position schließt sich auch der Politologe Hans J. Kleinsteuber an: "Zentrale Linien der Universität dürfen nicht von Externen bestimmt werden", sagte Kleinsteuber dem Abendblatt, und meint damit auch den Fall der zurückgetretenen Uni-Präsidentin Monika Auweter-Kurtz: Sie wurde vom Hochschulrat gewählt, hatte aber die Mehrheit der Professoren offensichtlich nie hinter sich.
SPD-Hochschulexpertin Dorothee Stapelfeldt sieht sich in ihrer Kritik erneut bestätigt: Die Klage zeige, wie "vollständig falsch" Jörg Dräger die Uni-Strukturen eingeschätzt habe. "Diese Strukturen machen universitäre Arbeit unmöglich, weshalb sich längst inoffizielle Gremien bilden mussten." Die Hochschulexperten Eva Gümbel (GAL) und Wolfgang Beuß (CDU) waren sich einig: Probleme des Hochschulgesetzes seien bereits erkannt worden - und werden in die Evaluation einfließen.