Die ungewöhnliche “Koalition“ bringt den Antrag zur Schließung des berühmten Knastes am 15. April in die Bezirksversammlung ein.

Hamburg. Hamburgs berühmt-berüchtigtes Gefängnis "Santa Fu" könnte nach dem Willen mehrerer Fraktionen des Bezirks Nord bald geschlossen werden: SPD, Die Linke, FDP und die Gruppe Nordabgeordnete (GNA) wollen auf dem Gelände stattdessen 500 Wohnungen bauen. Sie haben einen entsprechenden Antrag für die kommende Sitzung der Bezirksversammlung am 15. April eingebracht. Bisher gab es für den Vorschlag - den es in den vergangenen Jahren schon häufiger gegeben hat - nie eine Mehrheit. Wenn die vier Fraktionen allerdings geschlossen abstimmen, hätten sie dieses Mal eine Mehrheit von einer Stimme.

"Wir haben ein Wohnungsproblem und kein Gefängnisproblem in der Stadt", begründet SPD-Fraktionschef Thomas Domres den Vorstoß. "Das Gefängnis ist entbehrlich und die Lage wunderschön zum Wohnungsbau." Hamburg hat zu viele freie Haftplätze, die Zahl der Häftlinge sinkt seit Jahren. 2009 gab es in Hamburg 37,9 Prozent weniger Häftlinge als 2003. Der beschlossene Antrag käme einer neuen Prüfbitte an Senat und Bürgerschaft gleich.

Justizsenator Till Steffen (GAL) hat allerdings ganz andere Pläne: Er will "Santa Fu" modernisieren und stattdessen die Haftanstalt Glasmoor schließen. Hier wird bislang der offene Strafvollzug in Hamburg praktiziert. Fuhlsbüttel soll dann so umgebaut werden, dass dort zusätzlich der offene Vollzug abgewickelt werden kann. In "Santa Fu" sowohl den geschlossenen wie auch den offenen Vollzug unterzubringen, halten einige Experten wegen der räumlichen Nähe für problematisch. Mehr als 30 Millionen Euro soll die Umstrukturierung des Hamburger Strafvollzugs insgesamt kosten.

"Man sollte in Bezug auf die Zukunft der stark sanierungsbedürftigen JVA Fuhlsbüttel gutem Geld nicht noch schlechtes hinterher werfen", sagt Robert Bläsing, stellvertretender Vorsitzende der FDP-Fraktion in der Bezirksversammlung Nord. "Das etwa zehn Hektar große Areal zwischen Suhrenkamp, Am Hasenberge und Maienweg eignet sich ideal, um eine verträgliche Mischung aus sozialem, genossenschaftlichem und frei finanziertem Wohnungsbau auf den Weg zu bringen."

Bläsing schlägt vor, im Gegenzug die JVA Billwerder zum Hauptstandort für Hamburgs Strafvollzug zu machen. Dieser Plan wurde ursprünglich auch von der Justizbehörde favorisiert, aber dann als zu teuer verworfen.

Reaktion zum Bezirks-Vorstoß aus der Justizbehörde: "Alle Szenarien wurden bereits im vergangenen Jahr ausführlich geprüft. Ich gehe nicht davon aus, dass dieser Antrag Senat und Bürgerschaft veranlassen würden, alle Szenarien nochmals auf den Prüfstand zu stellen", sagt Behördensprecherin Pia Kohorst zu abendblatt.de

Die Haftanstalt in Fuhlsbüttel gibt es seit dem 16. August 1879. Der denkmalgeschützte Gebäudeteil der Justizvollzugsanstalt soll nach den Plänen von SPD, FDP, Die Linke und GNA erhalten bleiben.