Koalition und Bürgerinitiative haben die Verhandlungen über die Schulreform abgebrochen. Kommen keine neuen Vorschläge, steht Hamburg vor dem Volksentscheid.
Hamburg. Die Verhandlungen über eine Verlängerung der Grundschulzeit von vier auf sechs Jahre in Hamburg sind gescheitert. Die Bürgerinitiative "Wir wollen lernen" gegen die Schulreform und die schwarz-grüne Landesregierung hätten keine Einigung erzielt, es werde wahrscheinlich einen Volksentscheid geben, sagte Unternehmer und Gesprächsvermittler Michael Otto im Rathaus nach der entscheidenden Verhandlungsrunde.
Knackpunkt war offenbar die Qualitätskontrolle. Die regierende Koalition wollte die sechsjährige Primarschule bis 2012 flächendeckend einführen. Die Initiative dagegen forderte, höchstens 50 Grundschulen umzustellen. Das alte und das neue System sollten parallel laufen und die Leistungen der Schüler verglichen werden. In diesem Punkt kamen beide Seiten nicht zusammen. "Wir sind hier an die Grenzen unseres Mandats gelangt", sagte Walter Scheuerl von "Wir wollen lernen". Jetzt sei die Koalition an der Reihe, ein Angebot zu machen.
Scheuerl betonte, die Initiative sei weiter gesprächsbereit. "Wir würden uns freuen, wenn die Koalitionsparteien auf uns zukommen. Wir bedauern, dass sich die Koalition bei der Frage der Qualitätskontrolle auch in dieser Sitzung nicht bewegt hat. Wir haben mit der freiwilligen Einführung der Primarschule ein weitreichendes Angebot gemacht und sind damit an die Grenze unseres Mandats gegangen", sagte er.
"Wir wollen lernen" wehrt sich gegen die Primarschule, weil sie davon unter anderem eine Schwächung der weiterführenden Schulen wie der Gymnasien befürchtet. Außerdem will sie das Elternwahlrecht erhalten. Im vergangenen Jahr hatte die Initiative ein erfolgreiches Volksbegehren gegen die Senatspläne gestartet und genügend Stimmen für die Zulassung eines Volksentscheids über die Reform gesammelt. Seit Januar hatten beide Seiten unter Leitung des Vermittlers Otto über Kompromissmöglichkeiten verhandelt, um einen Volksentscheid zu vermeiden.
Erste Reaktionen auf das Aussetzen der Gespräche waren positiv. Jobst Fiedler, Professor an der Hertie School of Governance, von der Initiative "Chancen für alle - Hamburger Allianz für Bildung", sagte: "Es ist gut, wenn es zum Volksentscheid kommt. Beide Schulformen über Jahre hinweg parallel laufen zu lassen, ist ein gewagtes Experiment mit hohen Risiken. Außerdem hat sich das Schulmodell des sechs Jahre langen Lernens in vielen Nachbarländern schon bewiesen."
Entscheidender Termin ist jetzt der 18. März: Dann müsste der Volksentscheid beantragt werden. Am 18. Juli könnte er stattfinden. Die Koalition gibt um 14 Uhr ihren Standpunkt bekannt.