Die Auswertung von 2000 Stellungnahmen führe zu erheblichen Veränderungen der Ursprungspläne. Es müsse eine zweite Anhörung geben.

Kiel. Gegenwind beim Ausbau der Windenergie im Norden: Die fünf Regionalpläne zur Ausweisung neuer Eignungsgebiete für Windkraftanlagen können laut Innenminister Klaus Schlie erst Ende des Jahres und damit ein halbes Jahr später in Kraft treten. Die Auswertung von 2000 Stellungnahmen führe zu erheblichen Veränderungen der Ursprungspläne, sagte der CDU-Politiker am Dienstag nach einer Kabinettssitzung. Damit müsse es aus rechtlichen Gründen eine zweite Anhörung geben, die von Ende Mai bis Anfang Juli laufen soll. Andernfalls könnte das Oberverwaltungsgericht die Pläne wegen eines Verfahrensfehlers für nichtig erklären. Die Opposition, aber auch CDU-Koalitionspartner FDP reagierten verärgert.

Die Verzögerung lasse sich verschmerzen angesichts der Alternative eines Scheiterns vor Gericht, sagte Schlie. Unternehmen, Kommunen und Bürger bräuchten Verlässlichkeit und Planungssicherheit. Während der ersten Anhörung von Mitte August bis Mitte November im Vorjahr erhielt das Innenministerium 600 ablehnende Stellungnahmen und 950 in Bezug auf Flächenwünsche. So sollen Flächen einbezogen werden, die bisher nicht eingeplant waren; es geht um Erweiterungen, Verkleinerungen oder die Streichung bestehender Flächen. Dabei überwogen laut Schlie Erweiterungswünsche. Grob geschätzt 200 bis 250 Flächen im Land stehen auf dem Prüfstand.

Bei Einwänden gegen neue Windparks geht es oft um Naturschutz, aber auch um Veränderungen am Landschaftsbild, Schallbelästigungen, Schattenwurf oder befürchtete Wertverluste von Häusern und Grundstücken. Landesplaner Ulrich Tasch aus dem Innenministerium beobachtet ein Akzeptanzgefälle im Land von Nordwest nach Südost, also von Nordfriesland, wo schon viele Anlagen stehen und es viele Bürgerwindparks gibt, hinunter ins Lauenburgische, wo Windenergie nicht so stark verbreitet ist. Wenn Gemeindevertretungen oder Bewohner per Bürgerentscheid gegen Windparks in ihrem Bereich votiert haben, akzeptiert die Regierung das.

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Die ursprüngliche Planung ging von 22 800 Hektar Windeignungsfläche aus. Diese erhöhte sich auf jetzt 25 000 Hektar, nachdem die Karten aufgrund der Einwände und Anregungen an rund 180 Stellen geändert wurden. Das entspricht laut Schlie fast 1,6 Prozent der Landesfläche. Der Minister gab sich zuversichtlich, am Ende des Jahres das Ziel zu erreichen, dass mindestens 1,5 Prozent der Landesfläche für die Nutzung der Windenergie geeignet sind. Der bisherige Anteil liegt knapp unter 1 Prozent.

„Die neuen Windeignungsflächen müssen auf einem rechtlich soliden Fundament liegen“, betonte Schlie. Ebenso wichtig sei die Akzeptanz der Bevölkerung. „Die Landesregierung will die Energiewende erfolgreich und rechtssicher gestalten“, sagte Schlie.

„Die FDP-Landtagsfraktion bedauert sehr, dass geplante Investitionen in Millionenhöhe in diesem Jahr nicht mehr getätigt werden können“, sagte der Energiepolitiker Oliver Kumbartzky. Die Aussagen von CDU-Wirtschaftsminister Jost de Jager, der in den vergangenen Wochen immer wieder betont habe, die Regionalplanung werde sich nicht verzögern, deckten sich demnach nicht mit dem, was der Innenminister jetzt bekanntgab.

Als Konsequenz forderte die SPD-Abgeordnete Regina Poersch eine starke Landesplanung, angesiedelt beim Land. Der Innenminister müsse die Kommunalisierung aufgeben. „Für die Energiewende brauchen wir keine Kleinstaaterei, sondern eine umfassende Koordinierung auf Landesebene.“ Schwarz-Gelb verspiele die Energiewende, meinte Grünen-Fraktionschef Robert Habeck. „Das ist handwerkliches Unvermögen oder das Versagen einer politischen Riege, die im Herzen noch immer Atompartei geblieben ist.“ Die Verzögerung sei eine Investitionsblockade ersten Ranges.