Buchholz/Ketsch. Beim Bundesliga-Wettkampf knallt Mareen Jacobs aus zwei Metern Höhe auf den Boden und verletzt sich. Wie es der 25-Jährigen geht.
Von einem Moment auf den anderen war die schöne Turnwelt nicht mehr die gleiche für das Turn-Team Kiehn Group Lüneburg-Buchholz. Ein schwerer Sturz von Mareen Jacobs rückte das sportliche Ergebnis beim dritten Wettkampftag der 1. Bundesliga in Ketsch in den Hintergrund. Plötzlich galten die Gedanken nur noch dem Gesundheitszustand der Mannschaftskapitänin.
Dabei hatten die jungen Sportlerinnen in der Nähe von Mannheim einen guten Auftakt erwischt. Am „Zittergerät“ Schwebebalken, der ihnen bei den ersten zwei Wettkämpfen der Deutschen Turn-Liga (DTL) mit Stürzen zu schaffen gemacht hatte, lief es diesmal sehr gut. Mit der zweitbesten Punktzahl hinter dem deutschen Serienmeister MTV Stuttgart verließen die Frauen aus der Nordheide das erste der vier olympischen Geräte.
Sturz von Kapitänin Mareen Jacobs lässt Teammitgliedern den Atem stocken
Weiter ging es mit dem Boden. Als zweite Starterin des Turn-Teams Lüneburg-Buchholz ging Mannschaftskapitänin Mareen Jacobs auf die Bodenfläche. In den Sommermonaten hatte die 25-Jährige gemeinsam mit Tanzchoreografin Emma Egli an einer neuen Bodenübung gearbeitet. In Ketsch präsentierte sie erstmals die komplett neue Choreografie, zu der auch neue Musik gehört.
Und dann geschah das, was nicht nur den Teammitgliedern den Atem stocken ließ. Mareen Jacobs setzte vor laufenden Kameras zur ersten Akrobatikbahn an. Doch mit dem Anlauf schien etwas nicht zu stimmen. „Mareen sprang ab, konnte den Doppelsalto aber nicht wie gewohnt ausführen. Die Höhe war nicht ausreichend und die Ausführung konnte nicht gelingen. Sie hätte ihn definitiv in den Boden geturnt“, schildert Cheftrainerin Susanne Tidecks ihren Eindruck.
Aus zwei Metern Höhe knallt die 25-Jährige auf die Bodenfläche
Das merkte natürlich auch die erfahrene Turnerin selbst. In vollem Schwung entschied sich Mareen Jacobs zum Abbruch des Saltos – zu diesem Zeitpunkt befand sie sich in zwei Meter Höhe. Sie stürzte auf die Bodenfläche und blieb regungslos liegen. Die Musik spielte kurz weiter, ansonsten war es in der Halle mucksmäuschenstill. „Schnell waren Sanitäter und ein Arzt zur Stelle. Nach endlos scheinenden Minuten stand Mareen auf und verließ die Halle“, sagte Susanne Tidecks.
Die Show musste weitergehen, der Wettkampf wurde fortgesetzt. Mit Sonja Fischer und Lucia Trnkova mussten noch zwei weitere Kiehn-Group-Turnerinnen an das Gerät. „Sehr hart für beide, machten wir uns doch alle große Sorgen um Mareen“, so die Trainerin, die sich den Sturz nicht erklären konnte. Sowohl beim Podiumstraining als auch beim Einturnen war Mareen Jacobs der Doppelsalto am Boden, im Übrigen kein neues Element ihrer Übung, mehrfach gelungen. „Das sah alles stabil aus.“ Immerhin musste die Gestürzte nicht sofort in ein Krankenhaus gebracht werden.
Beim Podiumstraining und Einturnen hatte Jacobs keine Probleme gehabt
Was allen bewusst war: In der 1. Bundesliga gehen für jeden Verein jeweils vier Turnerinnen an das Gerät, alle vier Punktzahlen gehen in die Wertung ein. Da Jacobs statt der üblichen zwölf nur 2,600 Punkte für die ersten gelungenen Aktionen erhielt, war im Gesamtergebnis keine Steigerung für die Mannschaft mehr möglich. Im Idealfall hätten sich die Niedersachsen in der Tabelle der 1. Frauen-Bundesliga auf den vierten Platz vorschieben können.
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„Doch das interessierte unsere Damen nicht. Die Sorge um Mareens Gesundheit war die einzige Sorge, die wir hatten. Wie aus Trotz kämpften sich unsere Mädchen durch den Wettkampf“, zollte Susanne Tidecks ihrer Frauen-Riege großen Respekt. Am Sprung gelang dem Turn-Team das drittbeste Tagesergebnis der 1. Bundesliga, am Stufenbarren das zweitbeste.
Kiehn Group: Klassenerhalt ist schon vor Saisonabschluss praktisch perfekt
Nach zwei fünften Plätzen im April und Juli und Rang sechs jetzt im Oktober steht Lüneburg-Buchholz in der Gesamtwertung aktuell auf dem sechsten Platz. Der erneute Klassenerhalt – es ist der zweite nach dem Aufstieg – ist schon vor dem Saisonabschluss am 11. November in Waging am See praktisch perfekt. Nur der Achtplatzierte muss absteigen.
Und wie geht es Mareen Jacobs? Vor der Rückreise begab sie sich zu ersten Untersuchungen doch in ein nahegelegenes Krankenhaus, auch um eine etwaige Nackenverletzung auszuschließen. Die Ärzte verpassten der 25-Jährigen eine Halskrause, gaben ansonsten aber grünes Licht. Auch bei weiteren Untersuchungen am Montag ergaben sich keine gravierenden Verletzungen.
Erleichterung: „Nur“ eine Gehirnerschütterung und ein Schleudertrauma
„Mareen hat ihren Schutzengel über die Maßen strapaziert und kam mit einer Gehirnerschütterung und einem Schleudertrauma davon. Die Erleichterung steht uns allen ins Gesicht geschrieben“, sagte Susanne Tidecks.
Die Gestürzte selbst – ganz Kapitänin – dachte in erster Linie an die Mannschaft. „Nicht mein Tag. Ich kann nicht sagen, wieso das passiert ist. Nach einer anstrengenden Nacht im Krankenhaus geht es mir zum Glück besser“, schrieb Mareen Jacobs auf ihrer Facebookseite.
Kapitänin Mareen Jacobs: „Ich kann nicht sagen, wieso das passiert ist“
„Es tut mir unendlich leid für das Team. Ich bin stolz, wie ihr weitergekämpft habt, Mädels. Jetzt heißt es, erstmal eine Pause einzulegen und stärker zurückzukommen.“ Nach Aussage der Trainerin schließt die 25-Jährige aus Trittau nicht aus, sich am 11. November bereits wieder in den Dienst der Mannschaft stellen zu können.
Die Lüneburg-Buchholz-Riege in Ketsch bildeten Sonja Fischer, Lucia Trnkova, Lotte Arnold, Svenja Egli, Leila Hirsch und Mareen Jacobs.