Harburg. 20 Jahre alte Hürdensprinterin vom SV Grün-Weiss Harburg belegt bei den deutschen Hallenmeisterschaften in Leipzig den 16. Platz.
Lena Schroeder hatte Spaß, richtig Spaß. „Nach dem Lauf ist sie zu mir gekommen und hat freudestrahlend erzählt, dass sie am liebsten nochmal laufen würde. Das höre ich selten von ihr“, erzählte Leichtathletiktrainer Ekhard Küster vom SV Grün-Weiss Harburg. Seine Aktive, eben jene Lena Schroeder, hatte sich zum zweiten Mal in ihrer Karriere für die deutschen Hallenmeisterschaften der Frauen qualifiziert. Wie im Vorjahr stieg die 20-Jährige wieder in der Arena Leipzig in den Startblock.
Die identische Location und die bekannten Abläufe waren ein Grund, dass die Sprinterin die Atmosphäre und das ganze Drumherum noch mehr als im Vorjahr genießen konnte. „Das Finale war nicht möglich und ich habe mich gut gefühlt. Also konnte ich ohne Druck laufen“, sagte Schroeder. Allein die Qualifikation für nationale Titelkämpfe ist für viele Athletinnen und Athleten aus der Region das höchst mögliche Ziel. „Lena macht Leistungssport, keinen Hochleistungssport“, beschreibt Trainer Küster den Unterschied zu Weltklasseathleten wie Pamela Dutkiewicz oder Cindy Roleder, die in Leipzig allerdings nicht zum 60-Meter-Hürden-Sprint antraten.
Neben dem Studium bis zu sechs Trainingseinheiten pro Woche
Schroeder trainiert fünf bis sechs Mal pro Woche. Montags trainiert sie draußen in der Scharfschen Schlucht, fährt mittwochs und sonnabends zum Hürdentraining in die Alsterdorfer Leichtathletikhalle, absolviert donnerstags Krafttraining und legt am Freitag, nachdem sie als Trainerin den U10- und U12-Nachwuchs von Grün-Weiss Harburg bewegt hat, meistens noch selbst eine Einheit ein. Dazu muss sie irgendwo in der Woche einen halbstündigen Dauerlauf unterbringen, bleibt eigentlich nur der Sonntag.
Mehr lässt sich wirklich nicht mit dem Studium der Psychologie an der Universität Hamburg vereinbaren, Schroeder ist im dritten Semester. „Lena ist unheimlich ehrgeizig und fleißig. Das gilt fürs Studium, das gilt auch für den Sport“, so Küster. Für ihren Fleiß und Ehrgeiz konnte sich die Harburgerin in dieser Hallensaison mit Titeln belohnen. Erst wurde sie in 8,76 Sekunden Hamburger Meisterin über 60 Meter Hürden der Frauen, um wenig später in 8,71 Sekunden auch den norddeutschen Meistertitel zu gewinnen. In beiden Finalläufen ließ Lena Schroeder ihre Dauerkonkurrentin Sara Hannemann vom Hamburger SV um wenige Hundertstelsekunden hinter sich.
Persönliche Bestzeit nur um zwei Hundertstel verpasst
Das Gleiche gelang ihr bei den deutschen Hallenmeisterschaften. Im zweiten von vier Vorlaufen – der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) bezeichnet die erste Runde als Halbfinale – sprintete Lena Schroeder in 8,69 Sekunden als Vierte ins Ziel. Die Zeit stellt eine Saisonbestleistung dar und ist nur zwei Hundertstel langsamer als die persönliche Bestzeit. In der Gesamtwertung bedeutete das den 16. Platz unter 25 Teilnehmerinnen. Ursprünglich waren 31 gemeldet gewesen.
Auch wichtig: erneut lag die Harburgerin zwei Hundertstel vor ihrer HSV-Konkurrentin. Für den Einzug in den Endlauf der besten Acht wäre eine Zeit von 8,49 Sekunden erforderlich gewesen. Deutsche Meisterin wurde in Abwesenheit der Weltklasseathletinnen Dutkiewicz und Roleder die Mehrkämpferin Caroline Klein (Leverkusen/8,15 sek.).
Die Gesundheit hat in den nächsten Wochen Priorität
Lena Schroeders Leistung ist umso höher zu bewerten, weil sie in den vergangenen vier Wochen nur eingeschränkt trainieren konnte. Eine leichte Verletzung in der Kniekehle des rechten Beines machte ihr zu schaffen. „Intensives Hürdentraining war nicht möglich. Meistens haben wir im suboptimalen oder Athletikbereich gearbeitet“, berichtet der Trainer. „Es ist eine muskuläre Geschichte. Vermutlich eine Reizung“, so Schroeder nach ihrem Arztbesuch am Montagvormittag. Mit Physiotherapie und mehr Ruhe will sie die Probleme in den Griff bekommen. „Das muss erst heilen, bevor ich in die Vorbereitung gehe“, sagte die 20-Jährige.
Viel Zeit in der Vorbereitung auf die Sommersaison darf die Harburger Sprinterin nämlich nicht verlieren. Aufgrund der Olympischen Spiele in Tokio, die Ende Juli beginnen, haben viele Sportarten einen sehr frühen Termin für ihre deutschen Meisterschaften angesetzt. Standen die 2019 mit großem Erfolg erstmals durchgeführten „Die Finals“ beispielsweise am ersten August-Wochenende auf dem Terminplan, so gehen die deutschen Leichtathletik-Meisterschaften 2020 bereits am Sonnabend und Sonntag, 6. und 7. Juni im Braunschweiger Eintracht-Stadion über die Bühne.
Deutsche Meisterschaften schon Anfang Juni in Braunschweig
Entsprechend früh liegt der Meldeschluss. Lena Schroeder hat nur bis zum 24. Mai die Gelegenheit, die vom DLV geforderte Norm zu laufen. Im vergangenen Jahr mussten mindestens 14,00 Sekunden über 100 Meter Hürden angeboten werden, um sich für die deutschen Freiluftmeisterschaften zu qualifizieren. Schroeders Bestzeit steht bei 14,14 Sekunden. „Es ist schwierig, so früh im Jahr überhaupt geeignete Wettkämpfe zu finden. Das Wetter und die Gegner müssen stimmen“, sagt Ekhard Küster.
Bei seiner Recherche sind ihm Sportfeste in Peine und Osterode aufgefallen, jeweils mit hohem Fahrtaufwand verbunden. Damit wenigstens die Konkurrenz stark ist, hofft der Trainer darauf, Sara Hannemann für den gleichen Wettkampf begeistern zu können. Eine Alternative wären die deutschen Hochschul-Meisterschaften am Himmelfahrtstag, der drei Tage vor Meldeschluss liegt. Angesichts des Austragungsortes Schwäbisch Gmünd wäre der Aufwand noch höher. Aber mit enormen Aufwand kennen sich Trainer und Aktive ja aus. Eine schöne Belohnung wäre, wenn Lena Schroeder am 6. Juni in Braunschweig zum Coach auf die Tribüne kommt und sagt, dass sie am liebsten nochmal laufen würde.