Harburg. Mitglieder stimmen der Satzungsänderung und Kreditaufnahme von 3,24 Millionen Euro zu. Baubeginn soll im Februar 2020 sein.

An diesem grauen Vormittag im November parken vier Autos vor der Schranke am Vahrenwinkelweg 28, vier weitere haben ihren Weg bis kurz vor das Clubheim auf der Jahnhöhe gefunden. Die großzügigen und modernen Sportanlagen des Harburger Turnerbundes (HTB) bleiben weitgehend ungenutzt. Dieser Zustand, der exemplarisch für viele Vormittage steht, bildete die Grundlage für intensive Überlegungen, die nun in ein mutiges Projekt münden: der HTB wird einen Bewegungskindergarten auf dem vereinseigenen Gelände bauen. Der erste Spatenstich soll im Februar 2020 erfolgen, seinen Betrieb wird die Einrichtung voraussichtlich am 1. April 2021 aufnehmen.

Idee entstand 2017 bei einer Klausurtagung auf Rügen

„Wir haben vor allem vormittags ungenutzte Kapazitäten“, sagte Geschäftsführer Torsten Schlage bei der Vorstellung des Bauprojekts. „Das ist totes Kapital. Also haben wir überlegt, wie wie unser Gelände und die Räumlichkeiten mit Leben füllen können.“ Die Idee, mit dem Betrieb eines Kindergartens für Leben auf der Jahnhöhe zu sorgen, entstand im März 2017, als sich das Präsidium zur Klausur auf Rügen zurückgezogen hatte. Soziales Engagement war dem HTB schon damals nicht fremd. Offene Jugendarbeit im Stadtteil leistet der 2200 Mitglieder starke Sportverein mit 18 Abteilungen unter anderem in seinem Jugendcafé Eißendorf.

Ein Kindergarten ist aber nochmal eine ganz andere Nummer. Es galt, sich schlau zu machen. Man sprach mit diversen Trägern von Kindertagesstätten, besichtigte Räumlichkeiten, wurde Mitglied im Paritätischen Wohlfahrtsverband und stellte das Konzept dem Zusammenschluss der 28 Hamburger Top-Sportvereine vor. Andere Großvereine wie Bergedorf 85, der VfL 93 oder die HT 16 betreiben bereits Kindergärten.

Rahmenbedingungen schreien nach einem Bewegungskindergarten

„Wir haben viel Zuspruch bekommen“, berichtet HTB-Vizepräsident Ralph Fromhagen, „und wir sind zur Überzeugung gekommen, dass es ein Bewegungskindergarten werden muss.“ Die Sportanlage, das Waldgebiet Haake und der Waldspielplatz am Vahrenwinkelweg böten sich geradezu dafür an. Auch der Bedarf sei vorhanden. „In Harburg fehlen mindestens 400 Kindergartenplätze“, sagte Pressesprecherin Kathrin Baartz.

So war die grundsätzliche Entscheidung schnell gefallen. Die erste Idee, einen Anbau mit etwa 900 Quadratmetern Grundfläche Richtung Westen nahe des historischen Eingangstors zu errichten, konnte nicht realisiert werden. Die Bebauungsgrenzen, die 2008/2009 beim Bau des jetzigen Sportkomplexes genehmigt worden waren, dürfen nicht überschritten werden. Auch die Idee, den neuen Kindergarten oben auf die alte Tennishalle aufzusetzen, erwies sich als zu kompliziert. So entwickelten Fromhagen, Schlage und ihre Mitstreiter das Konzept, die etwa 50 Jahre alte Tennishalle abzureißen und durch einen Neubau inklusive Kita zu ersetzen.

50 Jahre alte Tennishalle wird mit einem Hartcourt ausgestattet

Danach wird die neue Kindertagesstätte ebenerdig gebaut, die neue Tennishalle darauf gesetzt. Geplant sind Plätze für 100 Kinder im Alter bis zu sechs Jahren, die von 17 Erzieherinnen und Erziehern betreut werden. Angestrebt werden 45 Kinder bis drei Jahren in der Krippe und 55 weitere Kinder im Alter von vier bis sechs Jahren in der Elementargruppe. „So ist genügend Nachwuchs gewährleistet“, sagte Ralph Fromhagen.

So stellt sich mit Blick von Osten die neue Kindertagesstätte (im Erdgeschoss) und die neue Tennishalle (darüber) dar. Auf der linken Seite das seit 2008 existierende Clubheim.
So stellt sich mit Blick von Osten die neue Kindertagesstätte (im Erdgeschoss) und die neue Tennishalle (darüber) dar. Auf der linken Seite das seit 2008 existierende Clubheim. © schwarz+schwarz Architekten

Der eigentliche Kindergarten hat eine Nutzfläche von 1000 Quadratmetern, auf denen fünf Gruppen betreut werden. Das HTB-Präsidium einigte sich auf den Namen „Kita Haake-Füchse“. Obwohl das Projekt in der Öffentlichkeit nicht aktiv beworben worden sei, gebe es erste Anmeldungen von Kindern, die zum Teil noch gar nicht geboren sind, und auch Interesse von Erzieherinnen.

Kita Haake-Füchse hat fünf Gruppen auf 1000 Quadratmetern

In zwei außerordentlichen Mitgliederversammlungen hatten die Mitglieder jüngst den Weg für das Großprojekt frei gemacht. Zunächst musste die Satzung geändert werden. Der Vereinszweck wurde um den Aspekt „Erziehung von Kindern und Jugendlichen“ erweitert, der spätestens mit dem Betrieb eines Kindergartens eine wesentliche Aufgabe des Sportvereins darstellt. Nachdem HTB-Präsident Michael Armbrecht die Baukostenplanung nach Abschluss der Angebotsphase präsentiert hatte, entschieden sich die 70 anwesenden Mitglieder ohne Gegenstimme für die Umsetzung des Projekts „Bewegungskindergarten“ und „Neubau der Tennishalle“. Sie genehmigten eine Kreditaufnahme von 3,24 Millionen Euro. Das Präsidium geht fest davon aus, Zuschüsse des Hamburger Sportbundes (HSB) einwerben zu können.

Die Bauvoranfrage ist positiv beschieden worden, der Bauantrag gestellt. „Wir gehen davon aus, demnächst die Baugenehmigung zu erhalten“, so Geschäftsführer Schlage. Danach werden die einzelnen Baumaßnahmen beauftragt. Die neue Tennishalle hat einen Hartcourt mit Schwingboden und verfügt wie die alte über zwei Spielfelder. Darüber hinaus wird das Clubheim eine neue, leistungsstarke Küche erhalten, über die auch die Kinder und Mitarbeiter der Bewegungskita versorgt werden.

In der hauseigenen Küche wird das Mittagessen für die Kita zubereitet

Die Kindertageseinrichtung wird ebenso wie zwei multifunktionelle Sporträume im Erdgeschoss untergebracht, so dass ein barrierefreier Zugang und kurze Fluchtwege möglich ist. Im Zuge der Bauarbeiten werden die Tennisplätze sechs bis neun renoviert. Über sie wird zuvor der Baustellenverkehr abgewickelt, auch der Baukran wird hier platziert werden. Eine Photovoltaikanlage und eine Wärmepumpe sollen ermöglichen, dass der Betrieb des Neubaus CO2-neutral erfolgt.

Das Präsidium hatte im Vorweg mit den Abteilungen beraten, wie die Belastungen des laufenden Trainingsbetriebs während der Bauarbeiten so gering wie möglich gehalten werden können. Die Tennishalle ist bis Mitte Februar 2020 nutzbar. Im Frühjahr werden die Jugendlichen ihr Tennistraining auf die Anlage des Harburger Tennis- und Hockey-Clubs (HTuHC) auf der anderen Straßenseite verlegen.

Während der Bauarbeiten weicht die Tennisjugend zum HTuHC aus

Die Übungsräume im Clubheim Jahnhöhe sind von den Baumaßnahmen nicht betroffen. Die neue Tennishalle soll im Herbst 2020 in Betrieb genommen werden, der Bewegungskindergarten auf der Jahnhöhe am 1. April 2021 eröffnet werden.

„Auf der Mitgliederversammlung wurde ein wichtiger Schritt in Richtung Zukunftssicherung getan“, sagte Kathrin Baartz. Die ruhigen, fast tristen Vormittage im Sportpark Jahnhöhe werden bald der Vergangenheit angehören.