Buchholz. Der Buchholzer Sportverein hat für 1,89 Millionen Euro neue Sporthalle gebaut, in der ohne Sicherung geklettert werden kann – vier Meter hoch.

Buchholz hat ein neues Problem. Oder genau gesagt, gleich mehrere „Probleme“. Und die Herren, die sie verzapft haben, sind auch noch stolz darauf. Jetzt hoffen Arno Reglitzky, Vorsitzender des Vereins Blau-Weiss Buchholz e.V., und sein Klettertrainer Andreas Häse, dass möglichst viele Menschen vorbeikommen und sich der von ihnen geschaffenen Rätsel annehmen. Darum nämlich geht es in dem neuen Gebäude, das am heutigen Sonnabend offiziell eröffnet wird.

Auf einer Fläche von 1200 Quadratmetern sind nicht nur neue Indoorsportflächen entstanden, sondern auch eine Halle zum Bouldern, was soviel bedeutet wie Klettern ohne Sicherung. Bei der Trendsportart geht es darum, eine durch Grifffarben gekennzeichnete Route bis zu vier Meter hoch zu erklimmen. Die Routen haben unterschiedliche Schwierigkeitsgrade. Wer oben ankommen möchte, sollte bereits unten den Kopf einschalten. Wer fällt, landet auf weichen Matten.

Ein Sport der im Trend ist, Jung und Alt gleichermaßen fasziniert und für viele neue Mitglieder sorgen kann. Das haben auch Reglitzky und Häse erkannt, als sie vor fünf Jahren mit den Planungen für das Mammutprojekt begannen. Im vergangenen Mai starteten schließlich die Bauarbeiten für den Gebäudekomplex, in dem die Boulderhalle mit einer Kletter-Sportfläche von rund 300 Quadratmetern ebenso untergebracht ist wie die Gymnastikhalle mit insgesamt 405 Quadratmetern, die durch Trennwände in zwei oder drei getrennt nutzbare Sportflächen aufgeteilt werden kann. Hier haben insgesamt bis zu 500 Sportler pro Tag Platz.

Blau-Weiss-Vorstand Arno Reglitzky (r.) und Klettertrainer Andreas Häse sind stolz auf die neue Boulderhalle.
Blau-Weiss-Vorstand Arno Reglitzky (r.) und Klettertrainer Andreas Häse sind stolz auf die neue Boulderhalle. © HA | Hanna Kastendieck

Die neuen Hallenkapazitäten waren dringend notwendig, da aufgrund mangelnder Räumlichkeiten etliche Angebote nicht mehr oder nur begrenzt angeboten werden konnten. Eine Analyse des Vereins hatte bereits vor fünf Jahren ergeben, dass über 400 Sportbegeisterte bei Blau-Weiss Buchholz keine Sportflächen mehr fanden. Die Kapazitätsgrenze war erreicht. Vor allem für die Sparte Seniorensport sowie die tänzerischen Angebote mussten daher dringend neue Möglichkeiten geschaffen werden.

Verein investierte 100.000 Euro mehr als geplant

„Das Interesse im Gesundheitsbereich stieg stetig weiter an, die Jugendlichen interessierten sich zunehmend für neue Trendy-Sportarten wie Hip-Hop, Zumba oder Workout-Aerobic. Doch wir hatten einfach keinen Platz dafür“, sagt Arno Reglitzky. Mit der neuen Halle gebe es jetzt für die Mitglieder neue Sportflächen mit höchstem Komfort, viel Glas und beheizbarem Boden. Und für den Verein die Chance, ihre Mitgliederzahl, die aktuell bei 6452 liegt, um zirka zehn Prozent zu steigern.

1,89 Millionen Euro hat der Verein in die neue Sport- und Boulderhalle investiert, 100.000 Euro mehr als ursprünglich geplant. Entstanden ist ein energiesparendes Gebäude-Unikat nach einem Entwurf des Hamburger Architekten Uve Schwencke. Das tragende Grundgerüst besteht aus einem speziellen Kiefern-Fichte-Leimholzrahmen. Die Fassade erfüllt mit einer Dreifach-Thermoverglasung sowie einer Photovoltaikanlage die Kfw-55-Standardnorm, was, nach Aussagen des Architekten, für Sporthallen alles andere als üblich ist.

Das Klettern an der Hallenwand ist ohne Absicherung unmöglich. Im Inneren der Halle aber sorgen weiche Matten für Sicherheit.
Das Klettern an der Hallenwand ist ohne Absicherung unmöglich. Im Inneren der Halle aber sorgen weiche Matten für Sicherheit. © AR-promediaMDrews01@wmg.loc

Umgesetzt wurden die Arbeiten von einer Firma aus Steinheim in Nordrhein-Westfalen, da sich in der näheren Umgebung kein Unternehmen fand, dass zu den angesetzten Konditionen tätig werden wollte. „All das hat zu den Verzögerungen beigetragen“, so Arno Reglitzky, der die neue Boulderhalle gern bereits im November eröffnet hätte. „Dann hätten wir gleich zu Beginn der Klettersaison eine Menge neuer Mitglieder gewinnen können.“ Doch der Bau, der von Anfang an ein Nervenspiel gewesen sei, habe sich immer wieder verzögert. Umso erleichterter ist Reglitzky, dass die Arbeiten nun erfolgreich abgeschlossen worden sind, ohne dass der Verein in finanzielle Schwierigkeiten geraten ist. „Ich bin froh, dass Blau-Weiss nun eine super Sportanlage hat und wir trotz der Schwierigkeiten nicht insolvent gegangen sind“, sagt der 84-Jährige, der mit seiner Idee einer Boulderhalle im Vorstand zunächst völlig alleine stand. „Die haben mich für verrückt erklärt“, sagt er. Doch seine Standhaftigkeit hat sich gelohnt. Bereits zur der Eröffnung der Halle haben sich 50 neue Mitglieder. „Und weitere 50 haben ihren Eintritt angekündigt“, sagt Klettertrainer Andreas Häse. Damit sich das Projekt jedoch finanziell rechnet, müssen 500 bis 800 neue Sportler innerhalb der kommenden zwölf Monate für den Verein gewonnen werden. Auch das dürfte kein Problem sein, da sind sich Reglitzky und Häse sicher.

Beachvolleyball-Anlage mit drei Feldern soll folgen

Denn die neue Boulderhalle habe schon vor ihrer Eröffnung Kletterexperten aus anderen Kletterzentren überzeugt. Als Andreas Häse Anfang März die 45 Routen in die Wände einschraubte, lud er sich ein paar seiner besten Kollegen zum Test ein. „Sie waren allesamt begeistert“, sagt Häse, der künftig dafür sorgen will, dass Buchholz alle drei Monate neue Probleme bekommt. In diesem Rhythmus nämlich werden die Routen ausgetauscht. Arno Reglitzky allerdings wird sich diesen Problemen nicht stellen. „Ich kann zwar Klettern, aber fürs Bouldern bin ich dann doch zu alt“, sagt der 84-Jährige, der insgeheim froh ist, dass das Projekt für ihn endlich abgeschlossen ist. „Meine Frau hat mir schon fast die Kündigung ausgesprochen“, sagt er augenzwinkernd.

Was sie allerdings noch nicht weiß, ist, dass ihr Mann bereits die nächste Herausforderung sucht. Sie soll auf der großen Brache zwischen Neubau und Bendestorfer Straße entstehen. Reglitzky und seine Mitstreiter wollen hier eine Beachvolleyball-Anlage mit drei Feldern bauen. „Sie soll spätestens in einem Jahr fertig sein“, sagt Reglitzky. „Aber das müssen Sie meiner Frau ja nicht verraten.“

Kletterer können einfach loslegen

Bouldern kann man in jedem Alter ohne besondere Vorkenntnisse. Der Sport eignet sich für Menschen, die rundum fit werden wollen und Spaß am Problemlösen haben.

Besonders trainiert werden die Fingermuskulatur, Arme und der Oberkörper sowie Beine und Rumpfmuskulatur.

Ziel
beim Bouldern ist es, möglichst schwierige Kletterzüge zu machen, also an Griffen zu klettern, die man gerade noch festhalten kann. Da gibt es schon mal weite Züge, Sprünge oder unmöglich wirkende Bewegungen.

Wer neugierig ist, kann einfach loslegen. Zum Bouldern braucht es keine Vorkenntnisse oder Kurse.

Als Ausrüstung
reichen Sportkleidung und Turnschuhe. Besser geeignet sind Boulderschuhe, die sich in der Boulderhalle ausleihen lassen.

Zur Nutzung der neuen Buchholzer Boulderhalle braucht es keine Mitgliedschaft. Erwachsene zahlen für eine Tageskarte 10,50 Euro, Jugendliche 8,50 Euro. Für die Mitglieder des Vereins liegt der Preis zwei Euro darunter.

Bei der Eröffnungsfeier am heutigen Sonnabend können Kletterfreunde das Angebot kostenlos ausprobieren. Die Veranstaltung mit buntem Unterhaltungsprogramm beginnt um 10 Uhr und soll etwa vier Stunden dauern.

Der Verein

Der Verein Blau-Weiss Buchholz e.V. hat aktuell 6452 Mitglieder, davon sind 2480 Jugendliche unter 18 Jahre.

Mit dieser Größe ist der Verein der zweitgrößte im Landkreis Harburg und der siebtgrößte in ganz Niedersachsen.

43 Sportbereiche werden von 305 Übungsleitern abgedeckt. Jährlich finden 15.000 Kurse statt.

Täglich kommen etwa 750 Besucher auf die Anlage, jährlich sind es etwa 273.000. Der Umsatz des Vereins liegt aktuell bei 1,9 Millionen Euro pro Jahr.

Das Kletterzentrum beherbergt neben der Boulderhalle die 250 Quadratmeter große Kletterhalle, deren Außenwand 17 Meter hoch ist. Insgesamt gibt es dort 150 Kletterrouten in den Schwierigkeitsgraden 2-9 UIAA.

Weitere Informationen gibt es unter Telefon 04181/8942 oder im Internet: www.blau-weiss-buchholz.de