Buchholz. Sechs Jahre nach der Eröffnung hieß Blau-Weiss Buchholz die Schülerin aus Ohlendorf besonders willkommen.
Den Ruf der Berge vernehmen zunehmend auch Flachlandtiroler in der Nordheide. Kurz vor dem Jahreswechsel konnte die Kletterabteilung von Blau-Weiss Buchholz jetzt ihr 500. Mitglied begrüßen: Nele Lenz, eine 13 Jahre alte Schülerin aus Ohlendorf. Zur Feier des Tages gab es einen Blumenstrauß und leckeres Konfekt von Vereinschef Arno Reglitzky. „Die Kalorien werde ich mir bestimmt schnell wieder abgeklettert haben“, sagte Nele, die momentan anderthalb Stunden pro Woche im Kletterzentrum trainiert.
Für Reglitzky war die Anmeldung von Nele Lenz, die durch einen Klassenkameraden am Gymnasium Hittfeld für die Kletterei begeistert wurde, doppelter Grund zur Freude. Mit der 500. Mitgliedschaft ist der langersehnte Punkt erreicht, an dem sich die 2012 gebaute Anlage finanziell selbst trägt. Lange galt das Kletterzentrum als großes Wagnis. „Meine Vorstandskollegen standen dem Projekt anfangs überaus skeptisch gegenüber“, gesteht Reglitzky. Prognosen zufolge sollte sich das Kletterzentrum, das den Verein etwa zwei Millionen Euro kostete, bereits nach drei Jahren rechnen. Doch das erwies sich als allzu optimistische Annahme.
Nach sechs Jahren trägt sich die Anlage jetzt finanziell selbst
Zwischenzeitlich sei deshalb ernsthaft erwogen worden, den 17,5 Meter hohen Bau in eine Doppelhalle umzubauen, berichtet Reglitzky: „Durch den Einzug einer Zwischendecke sollten zwei Ebenen entstehen, auf denen unabhängig voneinander sportliche Aktivitäten möglich gewesen wären.“
Mr. Blau-Weiss ließ sich jedoch nicht beirren. Er bat seine Vorstandskollegen ein ums andere Mal um Geduld. Die Kletter-Community müsse sich erst einmal finden und entwickeln, argumentierte er. Dafür rührte er mit seinen Mitstreitern eifrig die Werbetrommel. Auf dem Stadtfest, beim Stadtlauf, bei jeder nur denkbaren Gelegenheit wurde geworben – auch mit Aktionen wie dem Nachtklettern und Schnupperkursen für Jedermann.
Reglitzky sollte Recht behalten. Je mehr sich die Anlage herumsprach, die 2013 um eine Freiluftkletterwand ergänzt worden war, umso mehr Zulauf erhielt sie. „Im November 2017 erlebte die Halle mit 2200 Gästen einen Rekordbesuch, das war praktisch der Durchbruch“, sagt Andreas Häse, Leiter des Kletterzentrums.
Seit September 2015 zeichnet der 36-Jährige für die Anlage verantwortlich. In dieser Zeit entwickelte sich die Kletterabteilung zur zweitstärksten Sparte nach der Fitnesssektion, die 1800 Vereinsmitglieder zählt. Gerade die Hälfte aller Stammgäste sind tatsächlich Blau-Weiss-Mitglieder. „Mittlerweile nehmen viele unserer Gäste bis zu einer Stunde Anfahrtsweg in Kauf, um bei uns zu klettern“, weiß Häse.
Neben dem Kletterturm entsteht bis März 2019 eine Boulderhalle
Für den studierten Sportmanager war es nur eine Frage der Zeit, bis sich das Kletterzentrum endgültig etablieren würde: „Mit bis zu 20 Trainern, rund 1000 Quadratmetern Kletterfläche und 140 steigbaren Routen drinnen sowie 360 Quadratmetern Kletterfläche und 55 Routen draußen sind wir für unser Einzugsgebiet optimal aufgestellt.“
Mit dem Kletterzentrum in Hamburg-Lokstedt (3710 qm Kletterfläche; 500 Routen) und der Nordwandhalle in Wilhelmsburg (4500 qm; 350 Routen) könne Buchholz zwar nicht konkurrieren. Doch für passionierte Kletterer südlich der Elbe sei die Anlage in jedem Fall ein lohnendes Ziel. Laut Häse setzt sich Klettern als Breitensport immer mehr durch: „Es ist eben ein Sport für Jedermann, der den ganzen Körper beansprucht, die Konzentration und das Koordinationsvermögen schult und zugleich Kraft und Fitness steigert.“
Kooperationen mit zwei Gymnasien und der Berufsschule in Buchholz
Die positiven Effekte würden dank Kooperationen auch im Sportunterricht der beiden Buchholzer Gymnasien und der Berufsschule genutzt. „An der IGS wird Klettern ganz gezielt zum Teambuilding der fünften Klassen eingesetzt“, berichtet Häse. So verwundert es kaum, dass inzwischen 13 Jungendgruppen mit mehr als 110 Kindern und Jugendlichen aktiv sind, darunter jetzt auch das 500. Mitglied Nele Lenz.
Für den Vorsitzenden Arno Reglitzky ist das Thema Klettern nicht ausgereizt. Weshalb gleich neben dem Kletterturm eine Boulderhalle mit 300 Quadratmetern Kletterfläche und 50 Routen entsteht, die im März kommenden Jahres fertig sein soll. „Damit werden wir nun auch für jene Gruppe unter den Kletterern attraktiv, die das athletischere Bouldern ohne Seil bevorzugen.“