Harburg. 80 Metallstangen sollen am Ehestorfer Weg verhindern, dass Eltern über Fußwege fahren. Am ersten Schultag zeigt sich: So klappt es nicht.
Am ersten Schultag nach den Sommerferien staunten viele Eltern, Schülerinnen und Schüler, an ihnen war die Diskussion um die 80 rot-weißen Poller auf dem gegenüberliegenden Gehweg der Elisabeth-Lange-Schule am Ehestorfer Weg gänzlich vorbeigegangen. Andere hatten die Aufregung über die Stahlpfeiler mitbekommen. Sie stehen nun kopfschüttelnd vor der verkehrsberuhigenden Maßnahme.
Eine Gruppe Schülerinnen auf E-Scootern nutzt die Poller als Slalom-Parcours auf dem maroden Fuß- und Radweg. Das Bezirksamt hatte die Poller in den Ferien errichten lassen und setzte damit offenbar eine Anordnung der Polizei um, die nach eigenen Beobachtungen und Absprachen mit der Schule die Schulwegsicherheit in Gefahr sah. Doch dieser Darstellung widersprach die Schulleitung am Donnerstagmorgen.
Schulleiter: Bezirksabgeordnete soll sich über Verkehr beschwert haben
„Nach meinem aktuellen Kenntnisstand hatte eine einzelne Bezirksabgeordnete, die nach der Neuwahl nicht mehr dabei ist, sich über den Elternverkehr beschwert“, sagte Schulleiter Tobias Langer, ohne sie namentlich nennen zu können. Die Bezirkspolitikerin, so seine Erinnerung, habe sich heftig beschwert, weil sie selbst einmal nicht passieren konnte. „Ein Elterntaxi habe damals über den Gehweg gewendet, dies sei aber bis heute nicht die Regel gewesen“, beteuert Schulleiter Langer, der vom Aktionismus des Bezirksamtes in den Ferien ebenso wie viele Eltern kalt erwischt wurde.
„Wenn die Polizei oder das Bezirksamt heute behaupten, dass Elterntaxis in den Schulkonferenzen ein Thema gewesen wären, dann muss ich sagen, dies ist glatt gelogen“, beteuert Tobias Langer der sich zu Unrecht an den Pranger gestellt fühlt. „Ich habe erst aus der Zeitung und den Medien von den Pollern erfahren“, sagt er abschließend. „In den sieben Jahren, in denen ich die Schulleitung führe, gab es hier nie Probleme mit Elterntaxis.“
Es stimme zwar, dass in den letzten Jahren mehr Schüler mit dem Auto gebracht werden, aber mehr als 90 Prozent kämen immer noch mit dem Bus, Fahrrad oder zu Fuß in die Schule.
Anwohnerin am Ehestorfer Weg spricht von einer „Einflugschneise“
Ganz zufrieden sind auch die Anwohner nicht. „Hier sieht es aus, wie in einer unbeleuchteten Einflugschneise“, beschreibt Stephanie Spendel das Bauwerk vor ihrer Einfahrt und allen anderen Zufahrten zu den Grundstücken an der Straße. „Ich habe schon einige Radfahrer gesehen, die es nur gefährlich nah an den Pollern vorbei schafften, weil sie diese nicht gesehen haben“, so Spendel die eher die Nachteile der Metallstangen sieht.
Am ersten Tag jedenfalls hat die Maßnahme die Situation eher verschlimmert. Zahlreiche Elterntaxis wendeten in den Einfahrten und mussten auf die vielbefahrene Straße rückwärts auffahren oder sorgten beim Abliefern ihrer Kinder direkt vor dem Schultor für eine Stauung des Individualverkehrs und des Busverkehrs. Die Gründe, warum die Eltern ihre Kinder mit dem Auto bringen, sind vielfältig und manchmal fadenscheinig. Für einige geht es um die Sicherheit, einige sagen es sei die lange Wegstrecke zwischen Wohnhaus und Schulort und für manche läge die Schule einfach auf dem Weg zur Arbeit.
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„Wir waren heute einfach nur spät dran und damit meine Enkelin nicht am ersten Schultag zu spät im Unterricht erscheint, habe ich sie schnell rumgebracht“, sagt eine Großmutter in ihrem Kleinwagen. Die Passagierin auf dem Rücksitz guckt derweil beschämt ins Leere. Ein SUV-Fahrer ist besonders dreist: Erst stoppt er mit seinem Auto den Verkehr direkt vor der Schule auf, um seinen Sohn aussteigen zu lassen, dann wendet er in einer Einfahrt und blockiert weiter die Straße. Dies lassen wartende Auto- und Busfahrer natürlich nicht auf sich sitzen. So endet der erste bepollerte Schulstart am Ehestorfer Weg mit einem kleinen Hupkonzert um kurz vor Halb neun.