Harburg. Selbst Müllwerker der Stadtreinigung sind bei erstem Anblick beeindruckt. Wie konnte eine Straße im Hamburger Süden so verkommen?
Googelt man den Traunweg in Hamburg, findet man eine interessante Beschreibung: 2014 hatte sich ein Abendblatt-Reporter die Straße im Stadtteil Neuland genauer angeschaut, zusammenfassend hieß es damals: „Eine verlassene Straße in Neuland, uneinladend, zwischen Bahngleisen und Autobahn, die höchstens als Drehort für Krimi-Szenen taugt. Hier passiert absolut nichts, was man wissen müsste oder verpassen könnte“.
So ist es offenbar für weitere zehn Jahre geblieben – wobei jede Menge Unrat und Dreck seitdem hinzugekommen ist. Seit einiger Zeit beschäftigt die Straße abseits des Neuländer Weges allerdings nun auch das Harburger Bezirksamt.
Lost Place in Harburg: Wie der Bezirk gegen die Vermüllung angehen will
Doch hier waren den Mitarbeitenden die Hände gebunden: Die Grundstücksituation ist verzwickt, wie das Abendblatt aus vertraulicher Quelle erfuhr. Ein Teil des Geländes soll im Besitz der Deutschen Bahn sein, ein anderer Teil ist eine Liegenschaft der Autobahn Gesellschaft, wieder andere Flurstücke gehören Stadt, Bezirk oder Privateigentümern.
Ein einheitliches Vorgehen ist in diesem Fall ein langwieriges Verfahren. Doch nun folgte auf Initiative des Bezirksamtes eine gemeinsame Aktion.
Motorenöl, das in den Boden sickert, kaputte Reifen, menschliche Exkremente
Am Mittwochvormittag um 9 Uhr rückte eine Arbeitskolonne der Stadtreinigung an, um offensichtlichen Müll zu entsorgen. So etwas haben wir noch nicht gesehen, lautete die spontane Reaktion derr Müllwerker vor Ort. Bauschutt, Motorenöl, das in den Boden sickert, kaputte Reifen, menschliche und tierische Exkremente – und alte Autos dem Verfall preisgegeben.
„Das sieht hier seit Jahren aus wie in der Bronx“, sagt ein Anlieger, der einen Gewerbebetrieb in der Straße führt. „Die Müllabfuhr fährt hier seit Jahren nicht mehr rein, wir müssen unsere Mülltonnen zur Entleerung an die Neuländer Straße stellen“, ergänzt ein anderer Anlieger.
„Es ist Zeit, dass endlich etwas unternommen wird. Die Straße haben wir nach vielen Gesprächen unter den Betrieben endlich sauber bekommen. Aber die Grundstücksränder ähneln einem Schrottplatz“, sagt er weiter. Und das Schlimmste: Keiner wisse, wem die Wagen gehören.
Lost Place im Hamburger Süden: Wracks sind in Vegetation eingewachsen
Neben der Müllabfuhr rückten am Mittwoch auch das Bezirksamt, die Bahn und Polizei an. Dutzende Fahrzeughalter bekamen eine Aufforderung zum Entfernen ihrer unangemeldeten Fahrzeuge, entweder an die Windschutzscheibe, oder wenn sich der Halter ermitteln ließ, per Post.
Dass viele der Autos nicht erst seit gestern dort abgestellt sind, erkennt man an der Vegetation. Einige sind mittlerweile in die Gebüsche eingewachsen, andere von Pflanzenranken fast eingeschlossen. Aus den Resten eines Wohnmobils wachsen bereits Sträucher durch die Karosserie.
Lesen Sie auch
- Ein Schutzmann alter Schule: Horst Niens verlässt sein Revier
- Harburgs nächste Parkplatzposse? Plötzlich hagelt es Knöllchen
- Neugraben jubelt über neue Wache – an diesem Standort
„Die wertvollen Teile haben Schrottsammler längst ausgebaut, der Müll wird hier abends mit Sprintern abgeliefert“, erklärt einer der Geschäftsbetreiber. „Wir hoffen, dass hier endlich sauber gemacht wird und notfalls die dunklen Ecken mit Schranken verschlossen werden.“
Am Mittwoch wurde der Anfang gemacht, am Donnerstag sollen bereits erste Autowracks abgeschleppt werden. Bleibt zu hoffen, dass sich in Neulands trostlosester Straße grundlegend etwas ändert. Bezirksamt und Anlieger scheinen jedenfalls fest entschlossen.