Winsen. In Wilhelmsburg erbaute „Ilmenau“ liegt aktuell im Stöckter Hafen und geht dort auf die Werft. Dann entscheidet sich, was aus ihr wird.

Es ist eine Reise ohne Wiederkehr: In der vergangenen Woche wurde mit großem Aufwand das Museumsschiff „Ilmenau“ von seinem Heimathafen Bardowick auf einer Sonderfahrt durch die drei seit Jahren stillgelegten Schleusen der Ilmenau geleitet. Ziel war der Hafen Stöckte. Dort liegt der 1899 in Hamburg gebaute Frachter jetzt und wartet auf eine Inspektion durch die Schiffswerft August Eckhoff. Es geht um den Zustand des Rumpfes. Er wird über die Zukunft des Schiffes entscheiden.

„Mittwoch wird das Schiff auf Helgen gezogen (schräge Fläche, auf der Schiffe auf Gleisen aus dem Wasser gezogen werden, die Red.)“, sagt Claus Meyer vom Verein Museumsschiff Ilmenau. „Am Freitag werden wir erfahren, in welchem Zustand der Schiffsboden ist.“

Hafen Hamburg: Die „Ilmenau“ war als „Erich“ viel auf der Elbe unterwegs

Vor zwölf Jahren hatte der alte Frachter, der oberhalb der Schleuse Bardowick an die Binnenschifffahrt auf der Ilmenau erinnern sollte, den Anschluss an die Elbe verloren. Damals wurde die Schleuse Wittorf, die größte der drei Ilmenau-Schleusen, stillgelegt.

Letztes Hindernis Richtung Elbe: Die Schleuse (r.) Fahrenholz und daneben das denkmalgeschützte historische Nadelwehr.
Letztes Hindernis Richtung Elbe: Die Schleuse (r.) Fahrenholz und daneben das denkmalgeschützte historische Nadelwehr. © Hillmer/HA | Angelika Hillmer

Die Schleusen Fahrenholz und Bardowick folgten. Die Stilllegungen beendeten endgültig eine Ära. Bis Ende der 1950er Jahre hatte es auf der Ilmenau zwischen Lüneburg und der Mündung bei Hoopte einen regelmäßigen Frachtverkehr mit Binnenschiffen gegeben. Später wurde der Wasserweg nach Lüneburg von Sportbooten genutzt. Doch auch für die Skipper gibt es kein Durchkommen mehr.

Binnenschiffer haben den alten Frachter nach Bardowick gebracht

Zumindest das Museumsschiff „Ilmenau“ an der Schleuse Bardowick war dem Fluss geblieben. Der alte Frachter verkehrte früher zwar nicht auf dem Heidefluss, sondern transportierte (nach dem Zweiten Weltkrieg) unter dem Namen „Erich“ vor allem Kies von Güster am Elbe-Lübeck-Kanal nach Hamburg. Später fuhr er Rohkakao im Hamburger Hafen.

Seit 1994 diente das außer Dienst gestellte, nunmehr antriebslose Schiff bei Hitzacker als schwimmendes Lager und Werkstatt. Mehrere Binnenschiffer, darunter Claus Meyer aus Bardowick, haben die Bedeutung des alten Frachters für die Geschichte der Binnenschifffahrt erkannt und das Schiff 2006 erworben.

Ein Jahr später lag die „Ilmenau“ in Bardowick, 2009 bekam sie wieder einen (gebrauchten) Motor, machte mit Gruppen und Vereinen Ausfahrten auf der weitgehend naturbelassenen Ilmenau.

Historische Schleusen werden zu Fischtreppen umgebaut

Doch dann lag das in Wilhelmsburg erbaute Museumsschiff fest. Der Fluss Ilmenau wird vom Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) Lauenburg nur noch notdürftig unterhalten. Richtung Lüneburg ist er flach und versandet, Richtung Hoopte durch die stillgelegten Schleusen ebenfalls unpassierbar.

Der 29 Kilometer lange Abschnitt von Lüneburg bis Hoopte wird von der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) zwar offiziell als Wasserstraße geführt. Doch diese soll entwidmet werden. Die historischen Schleusen werden dann zu Sohlgleiten, quasi flache Fischtreppen, umgebaut.

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Seit Jahren muss der alte Frachter, der den Namen des Flusses trägt, dringend in die Werft. Bevor es endgültig fahruntüchtig wird, durfte das 27 Meter lange Schiff in der vergangenen Woche mit amtlicher Hilfe ausnahmsweise die stillgelegten Schleusen passieren. Damit ist der erste Schritt zu seiner Rettung getan. Ob ein zweiter Schritt folgen wird, ist unklar.

Besondere Schleusenpassage mit amtlicher Hilfe

Der Museumsfrachter
Der Museumsfrachter "Ilmenau" liegt in der Schleuse Fahrenholz. © Stefan Arndt | Stefan Arndt

„Unser Förderverein will das Schiff abgeben“, sagt Meyer, der den Verein mitgegründet hatte. „Er wurde hauptsächlich von vier Binnenschiffern betrieben. Wir werden immer älter, und es folgt kein Personal nach.“ Ihren Heimathafen Bardowick wird die „Ilmenau“ voraussichtlich ohnehin nicht wiedersehen. Eine weitere Schleusenpassage wird es nicht geben.

Harburg: Museumshafen hält sich zum Thema „Ilmenau“ bedeckt

Stefan Arndt, der zwei historische Schiffe im Harburger Binnenhafen liegen hat und sich stark für den Erhalt der historischen Wasserstraße Ilmenau engagiert, würde den Frachter „Ilmenau“ gern nach Harburg bringen. Er vertritt die Idee, ihn unter die Fittiche vom Museumshafen Harburg (Muhahar) zu nehmen. Inhaltlich passt das gut. Schließlich war das Schiff von und nach Hamburg und direkt im Hafen unterwegs.

Blick von der Lotseklappbrücke auf den Lotsekanal mit Schiffen und Kranen des Museumshafens Harburg.
Blick von der Lotseklappbrücke auf den Lotsekanal mit Schiffen und Kranen des Museumshafens Harburg. © Hillmer/HA | Angelika Hillmer

Der Förderverein habe vor längerem einmal einen Liegeplatz angefragt, sagt Mathias Letzel vom Muhahar-Vorstand. Von einer Übernahme des Schiffes sei nicht die Rede gewesen. „Wir sollten da grundsätzlich vorsichtig sein“, meint Letzel. „Natürlich unterstützen wir gerne einen anderen Verein, wir sitzen alle in einem Boot. Aber solange wir den Zustand des Schiffes nicht kennen, lässt sich dazu keine Aussage treffen.“

Museumshafen Harburg hat derzeit reichlich Arbeit – und wenig Geld

Sehr wahrscheinlich ist eine solche Übernahme nicht. Der Muhahar leidet unter Finanzproblemen und hat zudem jetzt schon reichlich Arbeit. Es gilt, die Kaikanten am Lotsekanal zu managen sowie die vereinseigene Hafenbarkasse „Jan“ zu unterhalten. Und dazu auch noch zwei Krane und drei historische Güterwaggons.

Auch Claus Meyer ist skeptisch, ob sein Verein den alten Frachter in Harburg unterbringen können wird. Oder im Fall einer Absage an einen privaten Liebhaber verkaufen kann. Er wartet gespannt auf das Ergebnis der Werftinspektion. Als letzte, bittere Lösung, bliebe nur, dass die „Ilmenau“ abgewrackt wird.