Hanstedt/Kassel. Viele der 13.000 Zuschauer bei den Deutschen Meisterschaften in Kassel jubeln dem Hochspringer vom MTV Hanstedt zu. Wie es sportlich lief.

Dass ein kleiner Showman in Alexander Bai steckt, weiß er schon länger. „Ich mache gern ein bisschen Quatsch“, sagte der Hochspringer vom MTV Hanstedt. Als er am Sonnabendnachmittag bei den Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften in Kassel die ersten drei Höhen gemeistert hatte, war ihm die Erleichterung anzusehen.

Bei den drei folgenden, letztlich nicht erfolgreichen Versuchen über 2,10 Meter animierte der 21-Jährige das Publikum in der Startkurve zum rhythmischen Mitklatschen. Dieser Teil der insgesamt 13.000 Zuschauer im Auestadion ließ sich allzu gerne darauf ein.

„Es macht süchtig, wenn die ganze Kurve für Dich klatscht“

„Das war schon geil. Es macht süchtig, wenn die ganze Kurve für Dich klatscht“, sagte Alexander Bai im Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt. Es muss also nicht immer eine persönliche Bestleistung oder eine Medaille sein, um etwas von großen Meisterschaften mitzunehmen. Im Endklassement belegte der Maschinenbau-Student mit übersprungenen 2,05 Meter den geteilten sechsten Platz von elf Athleten.

Wie eng es zuging, zeigt die Tatsache, dass auch der Vierte und Fünfte ebenfalls 2,05 Meter übersprangen, aber mit weniger Fehlversuchen. Die Bronzemedaille ging mit 2,10 Meter weg – auch das hatte der Hanstedter in dieser Saison schon geschafft. Klar über allen anderen schwebte der deutsche Meister Tobias Potye (LG Stadtwerke München/2,27 m).

Die ersten beiden Höhen meistert Alexander Bai im ersten Versuch

„Ich bin super zufrieden“, sagte Alexander Bai unmittelbar nach dem Wettkampf. „Ich wollte die Anfangshöhe schaffen – und dann mal gucken, was geht.“ 2022 war er im Berliner Olympiastadion erstmals bei deutschen Meisterschaften der Erwachsenen gestartet – und an der seinerzeit fünf Zentimeter höheren Anfangshöhe gescheitert. Jetzt in Kassel flog er gleich im ersten Versuch über 1,95 Meter und breitete glücklich die Arme aus.

Alexander Bai (MTV Hanstedt) belegte mit 2,05 Meter den geteilten sechsten Platz im Hochsprung der Männer. Die Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften gehören zum Multisportereignis „Die Finals 2023“.
Alexander Bai (MTV Hanstedt) belegte mit 2,05 Meter den geteilten sechsten Platz im Hochsprung der Männer. Die Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften gehören zum Multisportereignis „Die Finals 2023“. © HA | Markus Steinbrück

Ein ähnliches Bild nach dem erfolgreichen ersten Anlauf über 2,00 Meter: Wieder ausgebreitete Arme, dazu ausgestreckte Zeigefinger und „Daumen hoch“ als Dank an die Fans aus seiner Trainingsgruppe, die extra für „Alex“ nach Kassel gefahren waren. Ein Blick auf das Zwischenergebnis wies den Hanstedter an Position eins aus!

Mehrere Maßnahmen, um Sprungfuß halbwegs fit zu bekommen

Dabei hatte es in den vergangenen Wochen alles andere als vielversprechend ausgesehen. Bei den letzten beiden Wettkämpfen schaffte der 2,14-Meter-Springer „nur“ 1,96 m und 2,00 m. Eine Verletzung im linken Sprungfuß macht ihm zu schaffen. Ein Besuch beim Orthopäden in den Tagen vor der DM gab ihm die vorläufige Gewissheit, dass nichts kaputt sei. Ein MRT in anderthalb Wochen soll genaueren Aufschluss geben. So war es an Trainer Wolfgang Striezel, seinen Athleten, der auf keinen Fall auf die Männer-DM verzichten wollte, so gut es ging vorzubereiten.

Das Duo verlegte den Anlauf etwas weiter nach Außen, um durch einen weiteren Radius die Belastung auf das Sprunggelenk zu reduzieren. Dazu nahm Bai täglich Eisbäder in der etwa zehn Grad kalten Seeve, einem kleinen Fluss im Landkreis Harburg. „Bei YouTube habe ich Videos von einem MMA-Kämpfer gesehen, dem das geholfen hat.“ Bai half es mindestens für den Kopf. Vor Ort im Auestadion war der Fuß mit einem strammen Tape versehen, Schmerzmittel nahm der Athlet nicht sich.

„Es hat Spaß gemacht. Schade, dass die Saison so gut wie vorbei ist“

In Summe all dieser Maßnahmen konnte er auch drei Versuche über 2,10 Meter angehen, von denen der letzte der beste war. Doch trotz der beschriebenen rhythmischen Anfeuerung fiel die Latte, nachdem Alexander Bai sie mit der Wade touchiert hatte. „Insgesamt hat es richtig Spaß gemacht. Schade, dass die Saison so gut wie vorbei ist“, sagte der Sechste der Deutschen Meisterschaften 2023. Noch am Abend ging es aus der hessischen Stadt an der Fulda zurück nach Hanstedt und weiter zum Wohnort Hittfeld. Am Montag ruft der Ernst des Lebens: dann schreibt der Student an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) in Hamburg eine Klausur.