Dohren. Dohren Wild Farmers starten mit zwei Partien gegen Hamburg Stealers in die Saison 2023. Ligaverband treibt Professionalisierung voran.
Dass man bei all den Fachausdrücken im Baseball gelegentlich den Überblick verlieren kann, ist nachvollziehbar. Selbst der ungeübte Beobachter wird aber hellhörig, wenn Begriffe aus der japanischen Tradition durch den Ballpark Dohren schallen. „Ninja!“ war da jetzt zu vernehmen und auch „Samurai!“ Nun ist Japan auch dafür bekannt, eines der Länder zu sein, in denen Baseball hoch im Kurs steht. Wie aber kommen Begriffe aus dem Land der aufgehenden Sonne in den kleinen Ort in der Samtgemeinde Tostedt?
„Importspieler“, lautet die beim ersten Hinhören wenig charmant klingende Erklärung. Alle Jahre wieder verpflichten die Dohren Wild Farmers zwei, diesmal sogar drei Baseballspieler mit internationaler Erfahrung für die neue Bundesligasaison. Yodai Nakamura ist einer dieser Verstärkungen. Der 26 Jahre alte Catcher wurde in Fukuoka geboren und begann im Alter von sieben Jahren mit dem Baseballspielen.
Japanischer Catcher wird aus Australien nach Dohren eingeflogen
Seine Passion führte ihn unter anderem nach Österreich, daher die Deutsch-Kenntnisse, und zuletzt nach Australien. Mit dem Redlands Rays BC erreichte Nakamura das Play-off-Halbfinale der Greater Brisbane League. Dass dann das Aus kam, spielt den Wild Farmers in die Karten: So konnte der kräftige Catcher, der auch im Infield eingesetzt werden kann, rechtzeitig zum Saisonstart gegen die Hamburg Stealers an diesem Wochenende einfliegen.
Außerdem hat die Baseballabteilung des SV Dohren den vielseitigen Lou Davolio unter Vertrag genommen. Der 23-jährige US-Amerikaner aus Worcester hat in seiner 18-jährigen Laufbahn schon alle Infield- und Outfield-Positionen gespielt, ein echter Allrounder eben. Zuletzt spielte er vier Jahre College-Baseball.
Roldon Ochoa: Bester Bundesliga-Pitcher 2022 spielt wieder für Dohren
Ein alter Bekannter ist hingegen Roldan Ochoa. Nachdem sich im vergangenen Jahr beide Importspieler schwer verletzten und nicht mehr eingesetzt werden konnten, stieß der aus Venezuela stammende Pitcher zu den Wild Farmers und wurde Leistungsträger. Am Saisonende erhielt er von der Baseball-Bundesliga die Auszeichnung als bester Pitcher (Werfer) der Nord-Gruppe.
Nun ist es nicht nur so, dass die internationalen Gäste während ihres mehrmonatigen Aufenthaltes in Dohren in Gastfamilien wohnen (und damit weit mehr sind als Importspieler), sie leiten auch Trainingseinheiten für den Wild-Farmers-Nachwuchs. In dieser Funktion hat Yodai Nakamura die anfangs erwähnten Begriffe eingeführt. Die Jungen und Mädchen wissen schon nach einer Woche genau, was ihr japanischer Trainer meint. „Ninja bedeutet, sich mit kurzen, schnellen Schritten hin und her zu bewegen“, erklärt Nakamura auf Deutsch und mit Gesten. „Und bei Samurai sollen sie mit dem Baseballschläger kräftig durchziehen.“
Eigengewächs Max Hoff (16) hat sich den Hamburg Stealers angeschlossen
Vier weitere Kaderveränderungen gibt es, darunter zwei Rückkehrer: Robert Dröge kommt von Zweitligist Braunschweig und Pitcher Philipp Meyer, der einst ans Sportinternat ging, aus Regensburg. Dagegen ging Yannick Bujalla als Spielertrainer nach Bremen. Was mehr schmerzt, ist der Abgang von Paul Hoff, der 2022 vereinzelt im Erstligateam eingesetzt worden war. Das Eigengewächs, 16 Jahre jung und Jugend-Nationalspieler, hat sich dem Ligakonkurrenten Hamburg Stealers angeschlossen.
Gegen diesen Gegner finden am Sonnabend, 14 Uhr, in Hamburg und am Sonntag, 13 Uhr, in Dohren die ersten beiden von insgesamt 30 Spielen der regulären Saison 2023 statt. Die Bundesliga-Nord-Gruppe besteht nach dem Rückzug der Dortmund Wanderers aus sechs Vereinen, im Süden spielen sieben Clubs.
Auftakt am 1. April in Hamburg – am 2. April kommen die Stealers nach Dohren
Gegen jeden Gegner absolvieren die Wild Farmers sechs Matches, macht in der Summe 30. Neuerung: die Baseball-Bundesliga möchte weniger Doubleheader, also zwei Spiele in Folge an einem Tag, haben. Stattdessen soll nur eine Partie pro Tag durchgeführt, jeweils eine Nacht dazwischen liegen. Bedeutet, dass die Wild Farmers bei weiteren Auswärtsfahrten eine Übernachtung benötigen, die naturgemäß Kosten verursacht.
Bisher reiste man am frühen Morgen an und nach dem zweiten Spiel zurück nach Niedersachsen. Bei Heimspielen müssten die wie allerorten eher rar gesäten Helferinnen und Helfer, etwa zehn Personen werden benötigt, demnächst zwei Tage ihrer Freizeit für das Hobby Baseball investieren.
Weniger Doubleheader, dafür mehr Kosten und Aufwand für Spieler und Helfer
Trainer Jan Hassenpflug betont noch einen weiteren Aspekt. „Wir trainieren dreimal pro Woche. Wenn am Wochenende zwei Spieltage, statt bisher einem dazukommen, befürchte ich, dass immer weniger Spieler bereit sind, diesen Aufwand zu betreiben.“ Im Zuge der weiteren Professionalisierung Baseball-Deutschlands sei auch geplant, wohl spätestens 2025 eine eingleisige 1. Bundesliga, eine so bezeichnete Super League, einzuführen. „Für kleine Vereine wie uns, die bis auf Importspieler keine Profis haben, wird das nicht zu finanzieren sein“, vermutet Coach Hassenpflug, dass die Jahre der Wild Farmers in der höchsten deutschen Spielklasse gezählt sein könnten.
Jan Hassenpflug: „Die Qualität im Kader ist hoch, die Quantität nicht so sehr“
Zunächst gilt die Konzentration aber der Spielzeit 2023. „Die Qualität im Kader ist hoch, die Quantität nicht so sehr. Mir fehlt etwas die Tiefe“, sagt der 33-Jährige, der in sein drittes Jahr als Chefcoach geht. 14 Spieler gehören zum Erstligakader, jeweils neun stehen gleichzeitig auf dem Spielfeld. Allerdings hat Hassenpflug die Möglichkeit, aus der zweiten Mannschaft, die in der 2. Bundesliga spielt, talentierte Nachwuchsakteure oder erfahrene Spieler, die den Erstligaaufwand scheuen, als Aushilfe hochzuziehen.
„Unser Ziel ist das Erreichen der Play-offs und dann den ersten Sieg in den Play-offs zu erreichen“, sagt Jan Hassenpflug. In der Saison 2022 landeten die Wild Farmers nach einem starken Endspurt auf dem vierten Tabellenplatz der Nord-Gruppe. Im Play-off-Viertelfinale kam gegen Süd-Meister Regensburg (0:3) das schnelle Aus.
Ein Sieg in den Play-offs fehlt den Wild Farmers in der Vereinshistorie
„Für diese Saison bin ich sehr optimistisch. Wir haben eine Bombentruppe zusammen. Die Imports sind charakterlich top. Wie sie uns spielerisch voranbringen, muss sich noch zeigen“, sagt der Projektmanager, der einen weiteren Wunsch hat: „Das Wetter könnte besser werden. Mit kalten Händen Baseball zu spielen, ist echt nicht schön.“
Heimspiele der Dohren Wild Farmers im Ballpark Kakenstorfer Weg 31: Sonntag, 2. April, 13 Uhr, gegen Hamburg Stealers; Sonntag, 23. April, 12 Uhr, gegen Paderborn Untouchables; Sonnabend, 6. Mai, 13 Uhr, gegen Hamburg Stealers; Sonnabend, 13. Mai, 12 Uhr, gegen Cologne Cardinals; Donnerstag, 18. Mai (Himmelfahrt), 12 Uhr, gegen Berlin Flamingos; Sonnabend und Sonntag, 10. und 11. Juni, jeweils 13 Uhr gegen Hamburg Stealers; Sonnabend, 24. Juni, 12 Uhr, gegen Paderborn Untouchables; Sonnabend, 15. Juli, 12 Uhr, gegen Bonn Capitals. Der Eintritt beträgt acht Euro (ermäßigt fünf Euro). Weitere Informationen im Internet unter www.wildfarmers.de