Buchholz. Zum Bundesliga-Saisonauftakt ist nur Weltmeister Grün-Gold Bremen besser als die Lateinformation aus der Nordheide. Dabei soll es bleiben.
Besser hätte sich ein Regisseur die Dramaturgie nicht ausdenken können. Souverän hatte die Lateinformation von Blau-Weiss Buchholz beim Saisonauftakt 2023 in der 1. Bundesliga das große Finale erreicht, zusammen mit vier weiteren Teams. Die Startreihenfolge wird ausgelost und bescherte den Gastgebern den letzten Startplatz. Es lief für die mehr als 900 Zuschauerinnen und Zuschauer in der Nordheidehalle alles auf den krönenden Höhepunkt eines spektakulären und aufregenden Abends zu.
Das Trainerduo Franziska Becker und Christopher Voigt geht voran
Als die acht Tänzerinnen in ihren gelb-schwarzen Kleidern und die acht Tänzer in Schwarz hinter ihrem Trainerduo Franziska Becker und Christopher Voigt auf das eigens ausgelegte Parkett schritten, erreichte die Stimmung ihren Höhepunkt. Blau-weiße Puschel wurde auf der Tribüne geschwungen, spitze Schreie schallten durch die Arena, erwartungsfrohe Gesichter an den Tischen. Dann wurde es kurz mucksmäuschenstill. Als der erste Ton der Musik ertönte und die Choreographie „Made to Love“ begann, brandete er wieder los – der Sturm der Anfeuerungsrufe.
Für die vielen Fans und die Sportlerinnen und Sportler der drei weiteren Nordheide-Formationen ist ohnehin klar: unser A-Team ist das zweitbeste Deutschlands. Gut, dieses Ziel hatte man sich in den vergangenen drei, vier Jahren häufiger gesteckt – sowohl für Bundesliga-Turniere als auch für Deutsche Meisterschaften. Allein die Umsetzung war bis dato nur ein einziges Mal gelungen: im Februar 2022 beim Heimturnier der 1. Bundesliga in eben dieser Nordheidehalle.
„Nur“ drei Zweien für Bremerhaven, Buchholz bleibt zunächst zurückhaltend
An diesem Sonnabendabend im Januar 2023 hatte die Auslosung auch zur Folge, dass die Lateinformation von Blau-Weiss Buchholz als zuletzt startende auch zuletzt ihre Platzziffern von den sieben Wertungsrichter präsentiert bekommen würde. Die Spannung baute sich auf, sie sollte gipfeln in der finalen Wertung der Publikumslieblinge. Den ersten Fingerzeig gab es, als die TSG Bremerhaven, härtester Konkurrent um Rang zwei, mit „nur“ drei zweiten Plätzen bedacht wurde. Es waren also vier Zweien offen, trotzdem war keine besondere Freude in der Ecke der Blau-Weiss-Delegation zu vernehmen.
Die folgte wenig später. Zunächst gab es siebenmal die „Eins“ für das seit Jahren überragende Weltmeisterteam des Grün-Gold-Clubs (GGC) Bremen um Startrainer Roberto Albanese. Schließlich forderten die Moderatoren Andreas Neuhaus und Lars Bankert aus Bremen die Wertungsrichter auf, ihre Tafeln mit den Platzziffern für Buchholz hochzuhalten. Ihre Ansage ging im Jubelsturm unter: 4-2-3-2-2-3-2.
Erst zum zweiten Mal überhaupt ein zweiter Platz auf Bundesebene
Eine Vier und zwei Dreien spielten keine Rolle, wichtig waren die vier Zweien. Eine mehr, als sie der WM-Dritte Bremerhaven erhalten hatte. Zum zweiten Mal in der Geschichte Buchholzer Lateinformationen war ein zweiter Platz auf Bundesebene perfekt. Überglücklich lagen sich die Tänzerinnen und Tänzer mit Trainerteam, all den Helferinnen und Helfern um das Team und Familienmitgliedern in den Armen – viele feuchte Augen inklusive.
Bei der Deutschen Meisterschaft im November hatte sich das junge Nordheide-Team mit der Bronzemedaille zufrieden geben müssen. „Danach ist die Motivation noch größer geworden, wir wollten angreifen“, erzählte das Tanzpaar Katarina Weber und Raphael Husung.
Ehrung der tanzenden Jubilare Steffen Sieber und Olaf Steffen
Beim Bundesligaauftakt 2023 gingen die weiteren Plätze hinter Bremen, Buchholz und Bremerhaven an das 1. Latin Team Kiel und die TSG Bietigheim. Die Siegerehrung, auch für die Plätze fünf bis acht im kleinen Finale, führte Arno Reglitzky durch. Der Blau-Weiss-Vorsitzende hatte auch tröstende Worte für die knapp geschlagene und sichtbar enttäuschte Formation aus Bremerhaven parat. Aufblasbare Kronen in Gold, dazu eine große Sieben und eine Fünf gab es für Steffen Sieber und Olaf Steffen. Beide Buchholzer Tänzer bestritten ihr 75. Lateinturnier. Groß war das Gejohle, als sich die Sieben selbstständig machte und unter die Hallendecke schwebte.
„Die Mannschaft ist auf dem aufsteigenden Ast und hat einen großen Schritt nach vorn gemacht. Sie können es aber noch besser“, sagte Franziska Becker mit dünner Stimme. Nachdem in den vergangenen Wochen mehrere Tänzerinnen und Tänzer erkrankt ausgefallen waren, schien es nun die Cheftrainerin erwischt zu haben. „Zuletzt fehlte im Training die Kraft für die sehr schwierige Choreographie, die mit Höchstschwierigkeiten gespickt ist. Daher sind heute kleine Fehler passiert. Die hatten aber alle Teams drin.“
Auch in der Gesamttabelle der 1. Bundesliga soll es Rang zwei sein
Die Trainerin war sehr zufrieden und glücklich, nicht nur wegen des Ergebnisses. „Es ist immer emotional, mit jungen Menschen zu arbeiten, zu sehen, mit welcher Freude sie tanzen, zu sehen, wie sie sich weiterentwickeln“, so Becker. „Unser großes Ziel ist es, stabiler zu werden und auch in der Endabrechnung der 1. Bundesliga den zweiten Platz zu belegen.“ Das wäre gleichbedeutend mit der Qualifikation für die Europameisterschaft im Mai.
Bis dahin ist es ein weiter Weg. Von Januar bis März werden insgesamt fünf Erstligaturniere getanzt, das zweite am Sonnabend, 28. Januar. Dann hat die in Buchholz drittplatzierte TSG Bremerhaven den Heimvorteil und kann den Spieß umdrehen. Eines ist aber sicher: Diesen zweiten Platz und diese Emotionen vor heimischem Publikum in der Nordheidehalle kann dem A-Team von Blau-Weiss Buchholz niemand mehr nehmen.
B-Team gewinnt in der 2. Bundesliga, C-Team wird Dritter der Regionalliga
Wie gut die Nachwuchsarbeit bei Blau-Weiss Buchholz ist, zeigten auch die drei weiteren Lateinformationen. In der Regionalliga belegte das C-Team den sehr guten dritten Platz hinter den B-Teams aus Bremerhaven und Kiel und vor dem C-Team aus Bremen. Das D-Team, gerade in die Regionalliga aufgestiegen, wurde Siebenter. Die junge Formation soll nicht überfordert werden und tanzt derzeit eine einfachere Choreographie. „Wir sind mit C- und D-Team total zufrieden. Beide haben genau das gezeigt, was wir uns erwartet haben“, sagte Trainer Steffen Sieber.
Für den krönenden Abschluss des zweitägigen Formations-Wochenendes in der Nordheidehalle sorgte die B-Formation in der 2. Bundesliga Nord. Das von Florian Hissnauer und Lara Schäfer trainierte Team tanzte die Choreographie „Million Voices“ so fehlerlos auf den Punkt, dass es mit der Wertung 11211 das favorisierte B-Team vom Grün-Gold-Club Bremen hinter sich ließ. „Auch durch die hervorragenden Trainingsbedingungen im Plaza-Baumarkt konnten wir uns gut vorbereiten und frei auftanzen. Ich bin absolut begeistert von der Leistung meiner Mannschaft,“ sagte Florian Hissnauer.
Abteilungsleiter: „Das erfolgreichste Wochenende, das wir jemals hatten“
Erneut fast 1000 Zuschauer strömten am Sonntag an die Tanzfläche. „Es herrschte an beiden Tagen grandiose Stimmung. Man kann sagen, dass es von den Zuschauerzahlen und den sportlichen Ergebnissen das erfolgreichste Wochenende war, das wir jemals hatten. Was für ein Comeback für den Wettkampfsport nach den schweren Coronajahren“, sagte Abteilungsleiter Olaf Steffen.