Lüneburg. Volleyballer besiegen den TSV Herrsching vor 652 begeisterten Fans im Tiebreak. Finalgegner am 6. März in Mannheim ist noch offen.
Nach dieser emotionalen und sportlichen Achterbahnfahrt wirkte Stefan Hübner erstaunlich gefasst. Entspannt hockte der Trainer der SVG Lüneburg auf der Bande und sinnierte über die nächsten Tage. „Eigentlich wollte ich den Jungs drei Tage frei geben. Vielleicht werden es auch vier“, sagte der Volleyballtrainer grinsend. Verdient hätten sich die „Jungs“ einen zusätzlichen freien Tag über Weihnachten allemal. Kurz zuvor hatten die Bundesliga-Volleyballer aus Lüneburg nämlich ein weiteres erfolgreiches Kapitel in der Vereinsgeschichte der Spielgemeinschaft Volleyball Gellersen (SVG) geschrieben.
Dank eines hart umkämpften und spektakulären 3:2 (28:30, 25:19, 20:25, 25:18, 15:10)-Heimsieges gegen die WWK Volleys Herrsching steht die SVG Lüneburg zum dritten Mal nach 2015 und 2019 im Endspiel um den Pokal des Deutschen Volleyball-Verbandes (DVV-Pokal). Der Gegner im Finale am Sonntag, 6. März 2022, in der SAP-Arena in Mannheim steht noch nicht fest. Das andere Halbfinale zwischen dem VfB Friedrichshafen und den Berlin Recycling Volleys wurde nach Coronafällen in der Mannschaft der Hauptstädter abgesetzt. Bei den ersten zwei Finalteilnahmen hatte Lüneburg jeweils gegen Friedrichshafen verloren.
Arthur Nath muss eine Position spielen, die er sonst nie spielt
Im Halbfinale 2021/2022 gegen Herrsching sahen 652 Zuschauer in der LKH-Arena mehr als zwei Stunden einen Kampf, wie es ihn schon häufig zwischen diesen Bundesligavereinen, die 2014 gemeinsam in die 1. Liga aufgestiegen waren, gegeben hatte. Stefan Hübner musste auf den am Rücken verletzten Diagonalangreifer Jannik Pörner verzichten, was einige Umstellungen zur Folge hatte. So begann Richard Peemüller auf Pörners Position.
Als Alternative hatte Hübner den Brasilianer Arthur Nath, normalerweise Außenangreifer, in der Hinterhand. „Wir mussten irgendwie in die neue Formation finden“, sagte Hübner. Seinem Team gelang das zunächst erstaunlich gut. Es präsentierte sich im ersten Satz auf Augenhöhe, führte teilweise mit drei Punkten und musste den ersten Durchgang erst in der Verlängerung mit 28:30 abgeben.
Enorme Lautstärke, obwohl Arena nur zu einem Fünftel besetzt ist
In der Folge lieferten sich Lüneburg und Herrsching einen offenen Schlagabtausch mit vielen spektakulären Punkten, der die Fans immer wieder von den Sitzen rissen. Obwohl die Halle nur zu einem Fünftel gefüllt war, war die Lautstärke enorm. Zusätzlich für Spannung sorgte das vom Pokal-Halbfinale an eingesetzte Challenge-System. Eine Art Videobeweis, der zweimal pro Satz von jedem Trainer gefordert werden kann. Sowohl Stefan Hübner als auch Gegenüber Max Hauser hatten selten Erfolg mit ihrer Forderung nach Überprüfung.
Lüneburg dominierte den zweiten Satz, Herrsching den dritten. Die SVG fand immer besser in die neue Formation und zu ihrem Spiel. Auch der spät eingewechselte Arthur Nath zeigte auf dem ungewohnten Diagonalangriff sehr gute Leistungen. Der Beginn des vierten Satzes verlief noch ausgeglichen (5:5), dann zogen die Gastgeber über 12:8 und 17:12 davon.
Jordan Ewert ist mit 31 Punkten der überragende Spieler
„Als wir sie im vierten Satz am Haken hatten, wollten wir nicht mehr loslassen“, so Trainer Hübner später. Nach exakt zwei Stunden Spielzeit stellte die SVG Lüneburg den 2:2-Satzausgleich her und ließ sich auch im Tiebreak nicht mehr vom Weg in das Pokalfinale abbringen (15:10).
Überragender Mann des Abends war Lüneburgs Außenangreifer Jordan Ewert, der mit herausragenden 31 Punkten zum wertvollsten Spieler (MVP) gewählt wurde. Unter seinen vielen Punkten waren sieben direkte Blockpunkte – bezeichnend für eine SVG-Stärke in diesem Match. Insgesamt 18 Mal schlugen die LüneHünen auf diese Weise zu. Hinter Ewert punkteten auch Auke van de Kamp (14), Arthur Nath (12), Dalton Solbrig (11) und Pearson Eshenko (10) zweistellig. Herrsching, das zum fünften Mal im Pokal-Halbfinale ausschied, hatte in Kapitän Tim Peter (18 Punkte) seinen Besten.
Frankfurt-Niederlage: ein Schuss vor den Bug zur richtigen Zeit
Vier Tage zuvor hatte Lüneburg sein Bundesligaspiel gegen Frankfurt sang- und klanglos mit 0:3 verloren. „Vielleicht war das genau zur richtigen Zeit ein Schuss vor den Bug“, sagte Hübner rückblickend. „Danach haben wir uns unsere Stärken nochmal bewusst vor Augen geführt. Heute war alles besser: die Dynamik, die Kommunikation und das Coaching.“
Den dritten Einzug in ein deutsches Pokalfinale bezeichnete der erfahrene Trainer als „riesen Nummer für die weitere Entwicklung“. „Gerade in diesem Überbrückungsjahr, in dem es mit der Halle und Corona als ständigem Begleiter etwas zäh läuft, hoffe ich, dass uns dieser Erfolg Schwung gibt für das nächste Jahr“, so Stefan Hübner.
Nächstes Bundesligaspiel am 30. Dezember beim Zweiten Düren
Letztlich zeigt sich der Trainer milde, genehmigte seinen Spielern immerhin dreieinhalb Tage trainingsfrei. Jetzt beginnt am späten Nachmittag des 26. Dezember die Vorbereitung auf das nächste Bundesligaspiel am Donnerstag, 30. Dezember, beim Tabellenzweiten SWD Powervolleys Düren.