Hamburg. Dritte S-Bahn-Linie soll ab 2028 Hamburgs Süden mit der City verbinden. Dafür muss eine Menge Technik entstehen und verändert werden.
Ab 2028 werden die S-Bahnen aus dem Hamburger Süden über die Elbe im Dreieinhalb-Minuten-Takt verkehren können, denn es kommt eine dritte Linie hinzu: Die S 32 von Neugraben zunächst bis Altona, perspektivisch verlängert bis zum Osdorfer Born. Sehnsüchtig erwartet wird die S 32 vor allem im Süden. Die Linien S 3 und S 31 sind in der Rush-Hour regelmäßig überfüllt. Die S 32 soll sie entlasten.
Dass die dritte Harburger S-Bahn-Linie kommen muss, ist den Bezirkspolitikern im Harburger Rathaus deshalb schon lange klar. Auch im Hamburger Rathaus ist das Projekt beschlossene Sache und Gegenstand von zwei rot-grünen Koalitionsverträgen sowie des Verkehrsvertrages der Freien und Hansestadt Hamburg mit der S-Bahn. Nur wann sie kommt, war noch nicht sicher. Im Stadtentwicklungsausschuss der Harburger Bezirksversammlung kündigten S-Bahn-Vertreter das Zeitziel Fahrplanwechsel 2027/28 Mitte Dezember 2027 an. DB-Projektleiter Phillip Koslowski erklärte, dass die Bahn unter einem gewissen Zeitdruck steht, die Kapazität zu erhöhen: „Während der Sanierung der Süderelbbrücken werden viele Fernzüge aus dem Süden bereits in Harburg enden“, sagt er. „Dann brauchen wir die zusätzliche Kapazität auf der S-Bahn.“
S32-Streckenplanung steckt noch in den Kinderschuhen
Die Planung hing zunächst daran, wohin die Linie im Westen führen soll. Zunächst war sie als reine Verstärkerlinie auf bestehenden Gleisen zwischen Harburg Rathaus und Altona geplant und bereits für 2018 versprochen. Dann entstand die Idee, sie bis zur Elbgaustraße zu führen. Jetzt soll die S 32 zum Osdorfer Born verlängert werden. Die Streckenplanung steckt allerdings noch in den Kinderschuhen. Um die Harburger Strecke schnell zu entlasten, soll die S 32 deshalb nun zunächst auf der ursprünglich geplanten Strecke bis Altona realisiert werden, irgendwann jedoch an der Holstenstraße nach Westen ausfädeln.
Um eine dritte Linie fahren lassen zu können, müssen die Stellwerke und Signaltechnik digitalisiert werden, Ausweichgleise gebaut und vor allem mehr Strom an die Strecke gebracht werden. Durch die ständige Erweiterung des Langzugbetriebs ist Energieversorgung der Harburger Linien bis kurz unter die Kapazitätsgrenzen ausgereizt.
Wer mehr fahren will muss zusätzliche Gleichrichterwerke – grob gesagt sind das sehr große Trafos – an der Strecke bauen. Mit dem Bau ist indes bislang noch nicht begonnen worden. Nun aber steht der Zeitplan für diese Baumaßnahmen und die Bahnvertreter im Harburger Ausschuss waren zuversichtlich, diesen auch einhalten zu können, denn auch die Grundstücke dafür sind gefunden und gesichert.
Fünf neue Gleichrichterwerke sollen für Fahrstrom sorgen
Fünf neue Gleichrichterwerke sollen für ausreichend Fahrstrom sorgen: sie entstehen am Hauptbahnhof, am Bahnhof Veddel, an der Kornweide in Wilhelmsburg, am Petersweg in Heimfeld und am Striepenweg in Hausbruch.
Im Süden wird vor allem das Heimfelder Werk die Ingenieure vor Herausforderungen stellen: Es entsteht fernab der Strecke, unterhalb des Friedrich-Ebert-Gymnasiums und muss dann an das Stromnetz der Bahn angebunden werden – und zwar doppelt: Man braucht eine 25.000-Volt-Leitung für den Verbund der Gleichrichterwerke und eine weitere mit 1200 Volt Spannung für den Fahrstrom. Am Striepenweg muss der bisherige Neuwiedenthaler Gemeinschaftsgarten umziehen, um dem Gleichrichter Platz zu machen.
Auf der Elbinsel Wilhelmsburg soll es ein Ausweichgleis geben, auf dem liegengebliebene Züge umfahren werden. Dafür werden Weichentrapeze auf der Veddel und an der Kornweide gebaut, In Wilhelmsburg und Hausbruch entstehen elektronische Stellwerke. Die gesamte Strecke erhält digitale Signaltechnik, um den Takt zu bewältigen. Theoretisch wäre mit drei Linien ein Dreieinhalb-Minuten-Takt möglich. Angedacht ist eine Taktfolge von vier, vier, zwei Minuten.
Freude bei Harburger Politikern über die Ankündigung
Auch, wenn das zuletzt angepeilte Datum 2025 mit den neuen Plänen nicht eingehalten wird, herrscht bei den Harburger Politikern Freude über die Ankündigung für 2027/28 vor: „Mit der Vorstellung der Baumaßnahmen ist das jetzt ein realistischer Zeithorizont und der Start der S 32 wird wirklich absehbar“, sagt der SPD-Verkehrsexperte Frank Wiesner.
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Etwas kritischer erklärt sich da die Bezirks-FDP: „Schon die zeitliche Einschätzung 2025 hielten wir für spät“, beschwert sich die Fraktionsvorsitzende Viktoria Ehlers. „Nun soll die S 32 noch zwei Jahre später zur Verfügung stehen und das, obwohl sich die neuen Harburger Wohngebiete bereits füllen. Harburg hat einen starken Bewohnerzuwachs, davon sehr viele Pendler. Diese müssen wir jetzt etwas vertrösten, aber immerhin haben wir jetzt ein greifbares Datum.“
Ehlers warnt davor, aufgrund der guten Nachricht zur S 32 jetzt die Verlängerung der U 4 aus den Augen zu verlieren: „So lange alle Linien auf einer Schienenbahn laufen, bleibt die Verbindung Harburg-Hamburg extrem störungsanfällig“, sagt Ehlers. Die Liberalen in der Bezirksversammlung kündigen an, sich weiterhin für eine Verlängerung der U 4 bis Harburg Rathaus mit Halt im Harburger Binnenhafen einzusetzen und auch den Gedanken einer S-Bahn-Westquerung langfristig zu forcieren.“ Eine solche Querung zwischen Bostelbek und Altona hat zuletzt der Sozialdemokrat Frank Wiesner vorgeschlagen. Die TUHH prüft Umsetzungsmöglichkeiten in einer Machbarkeitsstudie.