Harburg. Ein Dreivierteljahr hat Veranstalter-Legende Uwe Mamminga die Kulturpalast-Bühne bespielt – die Fans sind selig. Wie es nun weitergeht.
Der Saal ist voll, die Luft dünstet Bier, Schweiß und Aftershave. Rauchen darf man ja nicht mehr. Auf der Bühne zeigt Bluesgitarrist Henrik Freischlader, was er kann, und das ist eine Menge: Die Zuhörer geben Zwischenapplaus nach seinen Soli.
Ort des Geschehens: Der „Kulturpalast Harburg“ in dem Haus, das 37 Jahre lang der Rieckhof war. Der legendäre „Downtown Bluesclub“ hat den Kulturpalast als Spielort entdeckt. Bald aber wird der Saal zwecks Sanierung geschlossen. Eineinhalb Jahre lang. Danach will Bluesclub-Macher Uwe Mamminga aber sofort wieder hierher. Das hat einen simplen Grund: Eigentlich ist er Harburger.
Downtown Bluesclub: Selbst Joe Bonamassa trat hier auf
Für viele Hamburger ist der „Downtown Bluesclub“ nahezu untrennbar mit dem „Landhaus Walter“ im Hamburger Stadtpark verbunden. 25 Jahre lang hatte Uwe Mamminga dort Bluesgrößen auftreten lassen und teilweise auch aufgebaut. US-Weltstar Joe Bonamassa etwa sammelte hier seine erste Auslandserfahrung, im ersten Jahr noch vor nur einer handvoll Gästen. „Das Landhaus Walter war aber nur ein Haus“, sagt Mamminga. „Den Downtown Bluesclub gab es vorher und es wird ihn weiter geben.“
Angefangen hat die Geschichte in den späten 1960ern auf St. Pauli. Der junge Uwe Mamminga musste damals noch von Wilstorf aus mit der Straßenbahn über die Elbe, um im Starclub und den umliegenden Clubs die Bands zu hören, die sein Herz höher schlagen ließen. Das waren vor allem die Kinks und die Pretty Things. Der fotobegeisterte Teenager aus Harburg lichtete die Stars auf der Bühne ab und präsentierte die selbst entwickelten Abzüge den Musikern. „Die fragten, was ich dafür haben wollte, und ich sagte: Gitarrenunterricht“, erinnert sich Mamminga.
„Sorg dafür, dass wir Auftritte, Schnaps und Mädchen haben, dann ist alles gut!“
Nach drei Tagen Unterricht bei Dick Taylor von den Pretty Things meinte der Lehrer, dass es auf der Welt wohl genügend gute Gitarristen gebe – aber was man wirklich bräuchte, wären Promoter. Und als Mamminga fragte, was ein Promoter so mache, sagte Taylor: „Sorg‘ dafür, dass wir Auftritte, Schnaps und Mädchen haben, dann ist alles gut!“ So stieg Uwe Mamminga ins Rock‘n‘Roll-Business ein.
„Ich habe viele bekannte Bands nach Hamburg holen können, weil sich unter den Musikern schnell herumsprach, dass ich sie nicht abkoche“, sagt Mamminga. „Ich habe in den großen Hallen veranstaltet und auch kleine Locations bespielt. Das Top Ten an der Außenmühle war in den 1970er-Jahren ein Hotspot für gute Cover Bands wie etwa Ma Bettys, an die sich heute noch viele erinnern.“
Im Landhaus Walter war nach 25 Jahren Schluss
Zu den fremden Hallen kam Ende der 1970er der erste eigene Club, damals noch in der Gertigstraße, und irgendwann das Landhaus Walter. Dort war nach 25 Jahren Schluss: Mamminga und der Carlsberg-Brauereikonzern hatten sich über- und Carlsberg Mamminga herausgeworfen. Das Ende des „Downtown Bluesclub“ war das aber nicht. Zunächst machte Mamminga schwerpunktmäßig in einem Kulturzentrum in Schenefeld weiter, und vor kurzem kam Harburg hinzu.
„Für uns war es ein Glücksgriff, dass wir mit Uwe Mamminga in Kontakt gebracht wurden“, sagt Jenny Fischer, die für die Billstedter Stiftung Kulturpalast das Harburger Haus leitet. „Er schlägt für uns die Brücke zu einem Publikum, das wir mit unserem eigenen Programm schwer erreicht hätten, das aber den Rieckhof vor uns gerne besucht hat.“
Dieses Publikum ist gerade schwer begeistert. „Ich war hier bei Collosseum, bei Nazareth, jetzt bin ich hier bei Freischlader, und ich gehe bestimmt zu Inga Rumpf“, sagt Gerhard aus Eißendorf, und sein Freund Manfred ergänzt: „Das ist jetzt so wie der Rieckhof zu seinen besten Zeiten. Nur der Eintritt tut ein bisschen weh. Aber so lange das bei den Musikern ankommt, ist das in Ordnung!“
Auch Uwe Mamminga freut sich, dass sein Bluesclub in Harburg so gut ankommt. „Als gebürtiger Harburger habe ich jahrzehntelang davon geträumt, die großen Konzerte auch in Harburg erfolgreich machen zu können und Leute aus Hamburg hierher zu bewegen“, sagt er. „Jetzt, mit kurz vor 70, ist es mir endlich gelungen! Und dieser Saal ist großartig – wie ein riesiges Auditorium!“
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Auf den Saal wird er ab März aber eineinhalb Jahre verzichten müssen: Das alte Rieckhof-Gebäude wird von innen komplett durchsaniert. Die Suche der Stiftung Kulturpalast nach einem Ausweichquartier ist auf der Zielgeraden, aber noch nicht über die Linie. Uwe Mamminga selbst hat für sich Locations im Binnenhafen im Auge, um weiter auch in Harburg veranstalten zu können, aber spruchreif ist auch da noch nichts, und sofort loslegen könnte er auch nicht.
Wenn Ende 2025 allerdings der Kulturpalast-Saal wieder zur Verfügung steht, will Uwe Mamminga sofort wieder hinein. „Diese Halle lasse ich mir nicht wieder entgehen!“, sagt er.
Erst einmal stehen jedoch noch zwei Downtown-Events im Harburger Kulturpalast an: am kommenden Sonnabend das „Offizielle Hamburger Bluesfestival“, zum 23. Mal insgesamt, und zum ersten Mal in Harburg. Auf der Bühne stehen die Vanja Sky Band, Thirsty Mamas sowie die Mojo Men. Und Inga Rumpf, die unbestrittene Königin der Hamburger Blues- und Soulsängerinnen sowie unüberhörbare Lehrerin aller Mikrofondiven, die hier nach ihr kamen, kommt am Freitag, 1. März nach Harburg.