Harburg . Neuer Radweg Winsener Straße: Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub zieht gemischte Bilanz und sieht weitere Baustellen in Harburg
Auf der einen Seite ist Frank Schmoll zufrieden: „Viel besser hätte man das hier nicht machen können“, beurteilt der Sprecher der Harburger ADFC-Gruppe die neue Radwegeführung am Anfang der Winsener Straße stadtauswärts, „obwohl sich die Radfahrer hier noch an einiges ungewöhnliches gewöhnen müssen.“
Auf der anderen Seite ist er unzufrieden: „Stadteinwärts ist überhaupt nichts geschehen, und das ist der viel problematischere Teil der Kreuzung.“
ADFC ist die Abkürzung für „Allgemeiner Deutscher Fahrradclub“, einem Verein, der sich bundesweit für die Belange der Radfahrer einsetzt – mal mit verkehrspolitischer Lobbyarbeit, mal mit Serviceangeboten, wie Radtourempfehlungen und Technik-Tipps. Seit dem Sommer hat auch Harburg wieder eine ADFC-Ortsgruppe.
„Bei unser Gründungsversammlung in Rönneburg waren 50 Leute anwesend“, sagt Schmoll, „aber einige wohl auch nur, um uns mal kennenzulernen. Besonders bezeichnend war eine Bezirksabgeordnete, die mit dem Auto kam, obwohl sie keine 100 Meter entfernt wohnte und sich immer für die Verkehrsberuhigung in Rönneburg einsetzt.“
Mittlerweile hat sich die Teilnehmerzahl der monatlichen Versammlungen der Ortsgruppe auf ein gutes Dutzend eingependelt. Die Treffen finden immer am ersten Montag eines Monats ab 19.30 Uhr in Sahlings Gasthaus in Eißendorf statt.
Auf der Agenda hat der Fahrradclub für Harburg einiges, besonders diejenigen Mitglieder, die sich mit Verkehrspolitik auseinandersetzen. Der Knotenpunkt unter der Autobahnüberführung ist da nur eine Baustelle. „Dass es stadtauswärts jetzt eine halbwegs praktikable Lösung gibt und stadteinwärts nicht, sorgt dafür, dass einige Radfahrer stadteinwärts als Geisterfahrer auf dem neuen Radstreifen fahren“, hat Frank Schmoll beobachtet.
Das ist aber nicht nur wegen der entgegen kommenden Autos gefährlich, sondern auch, weil die Geisterfahrer und die Radler, die korrekt fahren, sich begegnen. Dann muss einer auf die Fahrbahn ausweichen. Damit rechnet jedoch kaum ein Autofahrer, denn er wähnt die Radler auf ihren Streifen.
Der endet übrigens auch schon kurz hinter der Kreuzung wieder, Bis zur Jägerstraße ist auf der Winsener Straße dann kein Radweg mehr vorhanden – stadteinwärts ohnehin nicht. „Radfahrer müssen hier auf der Fahrbahn fahren“, sagt Schmoll, „denn auf den engen Fußwegen haben wir nichts verloren. Aber die Autofahrer tolerieren Radler auf der Fahrbahn nicht und zwingen sie beinahe auf den Fußweg. Ein Radfahrer braucht auf der Winsener Straße starke Nerven. Man wird bedrängt und angepöbelt.“
Wären die Autofahrer gegenüber den Fahrradfahrern toleranter, bräuchte man auch weniger Radwege, sagt Schmoll. Und nicht alle Radwege in Harburg sind seiner Meinung nach sinnvoll angelegt: So wird der Radweg am Harburger Ring etwa an mehreren Stellen zwischen Buswartehäschen und -Haltestelle entlang geführt. „Hier kommt es ständig zu Konfliktsituationen“, sagt Schmoll. „Und dieser Radweg ist benutzungspflichtig. Dabei darf man eine Benutzungspflicht nur anordnen, um Gefahrenstellen zu entschärfen. Auf dem Ring könnten die Radfahrer die Fahrbahn mitbenutzen, aber sie dürfen es nicht. Hier wurde die Nutzungspflicht angeordnet, um den Autoverkehr zu bevorzugen. Die Folge daraus sind ständige Gefahrensituationen an den Haltestellen und Übergängen.“
In Konflikte mit Fußgängern geraten Radler aber nicht nur wegen rabiater Autofahrer oder gedankenloser Radwegeführung. Auch der Straßenbelag drängt sie mancherorts auf die Fußwege – besonders Kopfsteinpflaster. Das, so Schmoll, ist an zwei viel befahrenen Stellen besonders eklatant: An der unteren Maretstraße und auf der Neuen Straße. Auf der Neuen Straße hat der Bezirk probehalber auf einem Teilstück das Pflaster glatt schleifen lassen. „Das Probestück lässt sich zwar gut befahren“, sagt Schmoll, „aber es ist nur zwei Meter lang.“
Ein geschliffener Streifen bis hinunter zur Buxtehuder Straße müsste auch optisch noch abgesetzt werden. Derzeit ist die Neue Straße die wichtigste Radverbindung in den Binnenhafen. Geht es nach dem ADFC soll sie das auch bleiben, nur eben auch dafür ausgerüstet werden. „Dann brauchen wir jedoch auch noch eine bessere Querung der Buxtehuder Straße“, sagt Schmoll.
Beides, das Pflasterschleifen und die Querung der Buxtehuder Straße mit einer Landschaftsbrücke, sind zwar erklärte Absichten des Bezirks, aber derzeit noch Zukunftsmusik – so wie die Umsetzung der Velorouten. Auch über die kann Schmoll nur seufzen: „Im Bezirk Harburg werden die Velorouten danach geplant, wo schon Radwege sind“, bemängelt er. „Ob sie sinnvoll sind, oder den Anforderungen genügen, scheint zweitrangig zu sein. Hauptsache man spart Kosten.“
Der Fahrrad-Anteil am Harburger Verkehr beträgt laut ADFC derzeit etwas über 5 Prozent. Hamburg will 25 Prozent erreichen. „Der Bezirk Harburg hängt hinterher“, sagt Schmoll. „Das muss sich ändern.“