Harburg. Neuer Besitzer möchte das Kultlokal „Bei Rosi“ moderniseren. Die Gaststätte ist weit über Harburg hinaus bekannt.
Es gehört zur Gastronomiekultur, dass Lokale neu eröffnen und andere schließen, so wie Menschen geboren werden und sterben. Und auch bei den Lokalen gibt es Fälle, die mehr Menschen berühren, als andere. Das „Harburger Fährhaus“, vielen nur als „Bei Rosi“ bekannt, ist so ein Fall. Sieben Jahre, nachdem Tochter Rosita das Fährhaus von ihrer verstorbenen Mutter Rosi übernommen hat, setzt sich die Erbin zur Ruhe. Im Dezember hat sie Harburgs letzte Hafenkneipe verkauft. Der Käufer ist ein Harburger Jung‘.
Kultkneipenschließung kam Knall auf Fall – auch für die Angestellten
Für die Stammgäste von „Rosi’s“ kam es überraschend und Knall auf Fall: Von einem Tag auf den anderen war die Tür verschlossen. Auf der Fährhaus-Facebookseite gab es eine Eilnotiz. „Wegen dringender Renovierungsarbeiten bleibt das Fährhaus bis auf Weiteres geschlossen“. Auch die drei Aushilfen, die den Abendbetrieb im Fährhaus schmissen, waren verdattert, als sie per SMS mitgeteilt bekamen, dass sie ab sofort nicht mehr kommen müssten.
„Rosita wollte schon länger verkaufen“, sagt ein Stammgast, der am Lokal einen Tisch aus der alten Einrichtung abholen möchte. An dem haben er und seine Lebensgefährtin sich immer besonders wohlgefühlt. „Jetzt hat sie anscheinend einen Käufer gefunden.“
An der Grundsubstanz des Fährhauses muss viel gemacht werden
Das wurde seitens des Fährhauses allerdings nicht mitgeteilt. Und dass die angekündigte Renovierung wohl etwas radikaler ausfallen dürfte, als nur Wandfarbe und Fensterlack schick zu machen und mal die Gardinen zu waschen, wurde Beobachtern schnell klar, als immer mehr Interieur der Kultkneipe vor die Tür gestellt wurde. Weil der Käufer auch noch schwarze Haare und einen ausgeprägten Teint hat, schossen bald die Gerüchte ins Kraut: Die Rosis-Fangemeinde fürchtete, dass hier demnächst eine Shisha-Bar oder gar eine zwielichtige Zockerstube entsteht.
„Das ist Unsinn!“, sagt Carlos Santos Mateus. Er muss es wissen, denn er ist der neue Besitzer. „Ich möchte den maritimen Charakter des Fährhauses beibehalten und es als Ausflugslokal etablieren, in dem sich aber die Stammgäste auch noch wohlfühlen. Damit das noch länger geht, muss an der Grundsubstanz des Gebäudes viel gemacht werden. Und in dem Zuge trenne ich mich auch von einigen, schon sehr abgerockten, Teilen der Einrichtung.“
Harburger Jung‘ mit eigener Gastro-Erfahrung
Sein Akzent – breites Hamburgisch mit einem „A“, das sowohl in die Länge, als auch zum „O“ tendiert – weist Carlos Mateus als echten Harburger aus. „Meine Eltern haben beide bei der Phoenix gearbeitet, ich bin im Mariahilf geboren, in der Rieckhofstraße aufgewachsen, in der Maretstraße und der Bunatwiete zur Schule gegangen und habe bei Raffay Kfz-Mechaniker gelernt“, sagt der 47-jährige.
Gastronom ist Mateus seit acht Jahren. Da übernahm er von einem Freund, der aus einer portugiesischen Gastronomenfamilie stammt, das Café an der Wilstorfer Straße, in dem sein Vater, als dieser noch lebte, immer mit seinen Freunden Karten spielte. „Mein Freund und ich wollten, dass dies ein anständiges portugiesisches Lokal bleibt“, sagt er.
Fährhaus-Kauf wurde von einem gemeinsamen Bekannten vermittelt
Aus dem Café Lisboa wurde die Bar Lisboa und der ehemalige Automechaniker und -händler Carlos Mateus fand Gefallen an der Gastronomie. Immerhin waren seine Eltern, bevor sie von Lissabon nach Deutschland gingen, auch beide im Gastgewerbe beschäftigt. „Ich bekam Lust, noch etwas anderes zu eröffnen; ein Lokal, in das man mit der ganzen Familie gehen kann, und begann, zu suchen.“
Über einen gemeinsamen Bekannten erfuhr er dann, dass Rosita das Fährhaus verkaufen will und wurde sich mit ihr einig. Jetzt geht es ihm darum, das alte Lokal zukunftsfähig zu machen. „Ich will möglichst viel des maritimen Charakters erhalten“, sagt er, „aber einiges muss raus und weg, weil es einfach zu abgenutzt oder verschmutzt ist, um es anständig wieder herzurichten; und einiges ist völlig aus der Zeit gefallen, wie etwa kupferne Lampenschirme.“
Currywurst soll auf der Karte bleiben – portugiesische Gerichte sollen dazukommen
Die Schiffsmodelle hat Mateus erst einmal warm und trocken eingelagert. Allerdings sucht er auch noch jemanden, der sie entstauben und den Film von Jahrzehnten kondensierten Kneipendunstes sanft vom Holz entfernen kann. „Ansonsten muss jetzt erst einmal der Keller abgedichtet werden, weil dort bei Regen im Strahl hineinläuft“, sagt der neue Fährhaus-Wirt. „Die Lager-Container hinter dem Haus kommen weg. Darin steht ohnehin nur Müll. Auf der Fläche und dort, wo zuletzt der Carport der Wirtin war, möchte ich Außenplätze einrichten und im Sommer auch für die Gäste grillen.“
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Currywurst soll auf der Karte bleiben. Portugiesische Gerichte sollen dazukommen. Live-Musik und Party-Abende sind in Planung. „Ich habe noch nicht alle ehemaligen Aushilfen von Rosita kennengelernt, aber ich würde jeder von ihnen gerne die Chance geben, nach der Restaurierung des Fährhauses hier weiterzuarbeiten. Sie kennen meine Gäste am besten“, sagt er.