Heimfeld. Wie soll man Reformationstag feiern, wenn alle von Halloween reden? Diese Gemeinde hat einen Weg gefunden – der Erfolg gibt ihr Recht.
Harburg wird zum Halloween-Hotspot: Diverse Privathäuser in Eißendorf und Eddelsen laden zum Gruseln in die Gärten, auf dem Harburger Rathausplatz entsteht mit dem Antikyno-Gruselzelt der erste Hamburger „Halloween-Haunt“ nach amerikanischem Vorbild und 60 Meter bergauf und rund 1,3 Kilometer nordwestlich lädt auch die Pauluskirche zum Gruseln ein.
„Wir werden die Kirche schauerlich schmücken und düster beleuchten“, sagt Pastorin Corinna Peters-Leimbach, in der Kirchengemeinde Harburg-Mitte zusammen mit ihrer Kollegin Anne Arnholz Gruselgottesdienstbeauftragte. „Auch die Musik wird dem Anlass angepasst.“ Einen Widerspruch zum Reformationstag sehen die Pastorinnen nicht, im Gegenteil.
Zagen und Zuversicht: Zentrale Themen des Christentums
„Sich den eigenen Ängsten zu stellen und sie durch Zuversicht zu überwinden ist ja ein zentrales Thema sowohl des Christentums als auch der Reformation“, sagt Pastorin Corinna Peters-Leimbach, in der Kirchengemeinde Harburg-Mitte zusammen mit ihrer Kollegin Anne Arnholz Gruselgottesdienstbeauftragte. „Das passt gut mit Halloween zusammen, und ich glaube, wir werden uns gut mit dem Gruselzelt ergänzen.“
Ohnehin sind die Halloween-Bräuche ursprünglich eine Brücke zwischen Christentum und heidnischen Traditionen: Die Kommunikation mit Geistern ist das Ursprungsthema von Halloween. In der keltischen Mythologie öffnet sich zweimal im Jahr, zu den Tagundnachtgleichen, das Tor zwischen der Menschenwelt und jener der Geister, Kobolde und Feen.
Da können die Toten zurückkommen, die Wichtel Menschen entführen und allerlei anderes Unheil passieren. Bei der Missionierung Irlands setzte die Kirche gleich ein Konterfest dagegen: Allerheiligen. Was konnte an einem Tag, an dem alle Schutzpatrone angesprochen waren, schon noch passieren?
Traditioneller Reformationstag oder Halloween feiern? Diese Gemeinde kann beides gleichzeitig
Trotzdem vermischten sich die Feste und ihre Riten, gerade in Irland und über irische Auswanderer auch in England und den USA. So wurde aus „All Hallows Eve“ dem Vorabend von Allerheiligen „Halloween“. Kinder werden zu Bontschi-erpressenden Plagegeistern, Erwachsene mimen Monster und der Einzelhandel bekommt ein teuflisches Grinsen. Und weil über Film und Fernsehen die angloamerikanische Kultur zur globalen Leitkultur avancierte, ist die irische Variante des alten norddeutschen Rummelpottlaufens jetzt auch bei uns heimisch
Manche Norddeutsche ärgert es, dass dieser Gruselspaß-Tag just auf ihrem gerne mal todernst begangenen Reformationstag fällt. Sieht man sich mal in den Straßen um oder in die Kirchen hinein, weiß man, welches Fest mehr Anhänger hat. Es gibt mittlerweile auch weitere Kirchengemeinden, die eigens ähnliche Gruselgottesdienste veranstalten wie St. Paulus. Die Kirchengemeinde Harburg-Mitte ist da ohnehin in der komfortablen Lage, dass sie gleich drei Kirchen hat. In einer, St. Johannis, findet am Dienstagabend auch ein eher traditioneller Reformationstags-Gottesdienst statt.
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Der Halloween-Gruselgottesdienst am Dienstag ist nicht der erste seiner Art: Die Spukmesse hat sich seit 2020 zum Publikumshit entwickelt. „Im vergangenen Jahr haben wir über 100 Besucherinnen und Besucher gehabt“, sagt Pastorin Peters-Leimbach.
„Meistens sind es Familien, die hier Gottesdienst feiern, bevor die Kinder auf Geisterrunde Süßigkeiten sammeln gehen. Viele kommen Jahr für Jahr, andere kommen hinzu. Es werden also immer mehr.“