Harburg. Betriebsrat übergibt 7359 Unterschriften von Kunden an Bezirksamtsleiterin Fredenhagen. Aber auch sie kann kaum Hoffnung machen
Genau 7359 Unterschriften für den Erhalt des Karstadt-Warenhauses in Harburg übergaben zwei Belegschaftsvertreter am Montagvormittag an Bezirksamtsleiterin Sophie Fredenhagen. Die Gesichter gezeichnet durch die Gemütslage der vergangenen Monate ging nun der letzte kämpferische Akt der Warenhausbelegschaft fast unbemerkt über die Bühne. Weitere Aktionen sind laut Betriebsrat, nicht mehr geplant.
Mit der Übergabe der Unterschriftenlisten, so scheint es, hat die Belegschaft den Verlust ihrer Arbeitsplätze zum 30. Juni hingenommen und die Schließung von Karstadt in Harburg akzeptiert. „Unsere Gesprächsangebote wurden immer wieder mit dem Verweis auf die betrieblichen Zahlen zurückgewiesen und abgeblockt“, sagt der Betriebsratsvorsitzende Marcus Junker zur scheinbar ausweglosen Situation. Bereits am 16. April, also drei Tage nach der Schließungserklärung des Galeria-Konzerns, wurden die Unterschriftenlisten ausgelegt.
Bezirk Harburg hat keinen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen
„Über 7000 Unterschriften sind zusammengekommen, über 7000 Unterschriften für unsere Arbeitsplätze“, ergänzt Gaby Pflugradt, die ebenfalls Mitglied im Betriebsrat ist. Es bleibt ein Achtungserfolg, wie Harburgs Bezirksamtsleiterin Sophie Fredenhagen einräumt. Sie versprach, die Unterschriftenlisten an den Senat weiterzuleiten, denn sie seien ein Indikator dafür, dass die Menschen den stationären Einzelhandel immer noch bräuchten und nutzten.
„Leider hat der Bezirk keinen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen, aber wenn ein Kaufhaus im Herzen der Stadt schließt, dann tut es vielen Bürgerinnen und Bürgern weh“, richtet Fredenhagen warme Worte an die Karstadt-Belegschaft. Im Falle des Warenhauskonzerns seien mehrere Fehlentscheidungen der neuerlichen Insolvenz vorausgegangen. Als Marcus Junker sie am 1. Mai bat, die Unterschriften weiterzuleiten, habe sie sofort zugesagt, so Fredenhagen. Die Bezirksverwaltung verstehe sich als Mediator und Moderator. Viele Bürgerinnen und Bürger würden sie ansprechen und sich eine Weiterführung des Kaufhauses am Herbert-Wehner-Platz wünschen. Doch dies könne sie nicht versprechen, sie müsse den Blick auf die Innenstadtentwicklung behalten und damit darauf, einen längeren Leerstand und möglichen Verfall des Gebäudes zu verhindern. Dafür seien Bezirksverwaltung und Bezirksversammlung in guten Gesprächen mit dem Gebäudeverwalter.
Wird Harburg ohne Karstadt zum Dorf?
Selbst dann, „wenn Harburg ohne Karstadt zum Dorf werde“, wie es ihr kürzlich ein Bürger zurief. „Die Probleme des Einzelhandels sind keine für Harburg spezifischen, der Einzelhandel muss sich reformieren und ein stückweit neu erfinden“, erklärt Fredenhagen.
Dafür müssten jetzt viele Gespräche geführt und Ideen der Weiternutzung entwickelt werden. Für die meisten der 74 Mitarbeiterinnen von Karstadt in Harburg gibt es indes noch keine neue berufliche Perspektive. „Nur eine Handvoll hat bereits einen neuen Job, viele werden in die Transfergesellschaft wechseln müssen“, erklärt Marcus Junker. Es gebe zwar viele Angebote, aber häufig lediglich zum Mindestlohn. Das käme für viele langjährige Beschäftigte nicht in Frage. al