Fischbek. Autorin Carolin George hat sich für Sie auf den Weg gemacht – und stellt interessante Touren rund um Hamburg vor.
Nicht nur Menschen gehen hier gern spazieren. Auch Ameisen. Anders als die großen Zweibeiner leben die kleinen Sechsbeiner in der Fischbeker Heide aber teilweise gefährlich: zum Beispiel, wenn sie an dem Bau eines Ameisenlöwen vorbeikommen. Der nämlich lebt im Sand vergraben und baut Trichter, in die vorbeilaufende Insekten taumeln. Mit zwei Greifzangen schnappt sich der Ameisenlöwe seine Beute, zieht sie zu sich hinunter und vergiftet sie.
„Ah, da habe ich einen“, sagt Maike Hinze und zeigt auf ihre Handfläche. Ein Griff in den Sand am Wegesrand, und die Umweltpädagogin kann am lebendigen Subjekt zeigen, wie viel Leben hier im vermeintlich unscheinbaren Boden steckt. Sogar die Greifzangen des Ameisenlöwens sind deutlich zu erkennen. Zurückgesetzt auf den Boden, ist der nach circa anderthalb Sekunden wieder im Sand verschwunden.
Die Fischbeker Heide – Revier des Ameisenlöwen
„Das ist die Larve der Ameisenjungfer, ein libellenartiges Insekt“, erklärt Hinze. „Die Larve lebt bis zu zwei Jahre, bis sie sich verpuppt.“ Und hier, im Sand der Fischbeker Heide, lebt es sich als Larve offensichtlich besonders gut.
„Wir haben etliche Ameisenlöwen. Sie müssen bloß einmal am Wegesrand genau hingucken: Die kleinen Kuhlen sind alles seine Trichter.“
Anders als die Löcher daneben. Wenn Kinder die Umweltpädagogin bei ihren Führungen fragen, welches Tier denn diese Spur wohl hinterlassen haben mag, antwortet sie lachend: „Der Mensch.“ Es sind die Pikser der Nordic-Walking-Stöcke.
- Von steinigen Gärten und grünen Pfaden
- Auf herrlichen Wanderwegen geht’s durchs Alte Land
- Wo das Wandern in Hamburg fast wie im Allgäu ist
Die Fischbeker Heide nämlich liegt so nah an der Wohnbebauung, dass sie nicht nur Naturschutz-, sondern auch Naherholungsgebiet ist. Maike Hinze, 52, aus Marmstorf ist promovierte Gartenbauwissenschaftlerin und gehört zum Leitungsteam des Informationszentrums „Heidehaus“ der Loki Schmidt Stiftung. Gemeinsam mit Helga Weise, 71, aus Heimfeld macht sie sich mit uns auf den Weg durch das Naturschutzgebiet Fischbeker Heide. Weise ist nicht nur Mitglied im Stiftungsrat der Loki Schmidt Stiftung, sondern seit 13 Jahren auch die Vorsitzende des Vereins Wanderfreunde Hamburg. Und eines haben die beiden gemeinsam: Sie lieben die Fischbeker Heide.
Fischbeker Heide bietet fast alles, was von einer Heide zu erwarten ist
„Wer in die Heide möchte und nicht so weit fahren will, kann ganz einfach hierherkommen“, sagt Helga Weise und lächelt. Denn die Fischbeker Heide bietet fast alles, was von einer Heide zu erwarten ist: ein weites Tal, sandige und wurzeldurchwucherte Pfade, fantastische Ausblicke, Birken, Kiefern, Totholz, Calluna, sogar eine Schnuckenherde. Jeden Tag führt eine Schäferin die Herde durch die Fischbeker Heide, nachts sind die Schnucken im Stall direkt neben dem „Heidehaus“ der Loki Schmidt Stiftung am Fischbeker Heideweg.
Nur eines fehlt hier – und das ist der Wacholder. Warum das so ist, wissen die beiden nicht. Doch ehrlich gesagt macht die fehlende Art diese Heide auf ihre Art auch interessant: Sie bietet nämlich ein anderes Bild als die bekannten Heideflächen weiter südlich, und zusätzlich kann man von ihren Erhebungen sogar bis ins Tal der Elbe blicken.
A propos Erhebungen: „Dieser Weg ist schon eher etwas für sportliche Menschen“, sagt Helga Weise. Sie meint damit die Anfang dieses Jahres neu ausgeschilderte „Heideschleife“ mit ihren etwas mehr als sieben Kilometern durch das Gebiet. „Wer denkt, man spaziert hier durch eine ebene Fläche, der irrt: Es geht viel auf und ab, teilweise richtig steil.“ Wer nicht rennen, sondern genießen will, sollte nach ihrem Tipp für die ausgeschilderte Route rund drei Stunden Zeit mitbringen. Wer wenig gut zu Fuß ist und trotzdem ein wenig Heidegefühl ohne weite Anreise genießen möchte, dem sei der Aussichtspunkt Elbtal empfohlen: Der Weg dorthin beträgt etwa 500 Meter, und der Blick reicht atemberaubenderweise bis zu den zwei markanten Türmen des Heizkraftwerks Wedel. Und von der Bank dort oben aus lässt sich übrigens auch ganz wunderbar der Sonnenuntergang beobachten.
460 Hektar Wald und 220 Hektar Heide, 2500 verschiedene Kleintierarten
Naturschutzgebiet ist das Gelände schon seit 1958. Auf 460 Hektar Wald und 220 Hektar Heide tummeln sich rund 2500 verschiedene Kleintierarten. So summen hier zum Beispiel Wildbienen, die ihre Bauten in den sonnenwarmen sandigen Böden anlegen. „Sie graben einen Tunnel als Brutröhre, legen ein Ei hinein, danach ein paar Pollen zum Fressen, dann wieder ein Ei und wieder ein paar Pollen“, erklärt Maike Hinze.
Um die 140 verschiedene Spinnenarten leben hier, dazu die verschiedensten Laufkäfer, Sand- und Wegwespen sowie die Zauneidechse: Im Augenblick ist Paarungszeit – wenn Ihnen an einem Exemplar also smaragdgrüne Seiten auffallen, handelt es sich um ein Männchen.
In der Luft fliegen Waldschnepfe, Heidelerche und sogar der sehr seltene und gefährdete Ziegenmelker. Dessen Zeit kommt jetzt im Juni: Dann reist der Vogel aus seinem Winterquartier im südlichen Afrika zurück in die Heideflächen, um in den Sträuchern seine Eier abzulegen – ohne Nest!
Eines fehlt hier zugegebenermaßen, und das ist Gastronomie
„Er ist nur für einige Wochen im Sommer hier“, erzählt Maike Hinze. Und weil er so unscheinbar und besonders ist, gibt es im Juni spezielle Führungen am Abend, die sich um den seltenen Vogel drehen. Helga Weise hat ihn zwar noch nicht gesehen, aber gehört: „Er klingt wie eine marode Schreibmaschine.“
Doch bevor wir es vergessen zu erwähnen: Eines fehlt hier zugegebenermaßen ebenfalls, und das ist Gastronomie. Wer sich also aufmacht in die Fischbeker Heide, der sollte etwas zu trinken und zu essen im Rucksack haben. Und, auch das sei am Ende erwähnt, auf nicht allzu viele Sitzgelegenheiten hoffen.
Bänke oder gar Picknickplätze, wie wir sie aus der Lüneburger Heide kennen, sind hier sehr rar.
Viele Wege führen durch die Fischbeker Heide:
- Startpunkt ist zum Beispiel der Parkplatz am Ende der Neugrabener Bahnhofstraße, zu erreichen auch mit der Buslinie 250, Endhaltestelle „Fischbeker Heideweg“. Am einfachsten zu finden ist mit Sicherheit der erst seit Anfang des Jahres neu ausgeschilderte Weg namens „Heideschleife“, erkennbar an einem klein geschriebenen, geschwungenen h. die Strecke beträgt 7,3 Kilometer.
- Aber auch etliche andere Wege führen durch das Gebiet, unter anderem beginnt respektive endet hier der 223 Kilometer lange „Heidschnuckenweg“ zwischen Fischbek und Celle.
- Im „Heidehaus“ der Loki Schmidt Stiftung gibt es eine kostenlose Karte des Naturschutzgebietes Fischbeker Heide, herausgegeben von der Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft. Geöffnet ist es dienstags bis freitags von 9 bis 13 Uhr sowie sonn- und feiertags 11 bis 17 Uhr. Der Eintritt ist frei, es gibt eine barrierefreie Toilette.
- Das Team des Heidehauses bietet regelmäßig thematisch unterschiedliche Führungen durch die Fischbeker Heide an. In Kooperation mit Michael Rademann von der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald steht im Juni der Ziegenmelker im Mittelpunkt. „Wir suchen den Ziegenmelker in der Fischbeker Heide“ heißt es am Sonnabend, 11. Juni. Die Abendwanderung dauert von 21 bis 23 Uhr und kostet fünf Euro. Anmeldung bis 10. Juni unter rademann@wald.de. Das gesamte Programm des „Heidehauses“ gibt es im Internet unter www.loki-schmidt-stiftung.de/fischbek
- Auch die Wanderfreunde Hamburg e.V. laden Nichtmitglieder gegen einen Kostenbeitrag von fünf Euro zu ihren Touren ein. Am Dienstag,14. Juni, geht es mit Helga Weise zum Gesundheitswandern in den Eißendorfer Forst und in die Haake. Infos und Anmeldung bei Helga Weise: 040-7908761.
- Alle Termine: www.wanderfreundehamburg.de