Harburg. Neuer Betreiber will alten Namen des Kulturzentrums beibehalten – doch der ehemalige Geschäftsführer hat offenbar etwas dagegen

Wenn es nach Dörte Inselmann und Jochen Schindlbeck geht, soll der Rieckhof weiter Rieckhof heißen. Das gaben die Stiftungsvorsitzende und der Geschäftsführer des „Kulturpalast Billstedt“ den Harburger Bezirkspolitikern am Dienstag bekannt, als sie ihre Pläne für das Haus in einer gemeinsamen Sitzung des Kulturausschusses und des Regionalausschusses Harburg vorstellten.

Auch bewährte Eckpunkte des Rieckhof-Programms sollen bleiben. Mit den Elbe-Werkstätten und den verbleibenden Rieckhof-Mitarbeitern sollen jetzt Gespräche über eine mögliche weitere Zusammenarbeit geführt werden.

Mittlerweile ist der der Name Kulturpalast kein Scherz mehr

Dafür hatte der Kulturpalast zunächst noch die Entscheidung der Bezirksversammlung vergangene Woche abgewartet, denn erst dadurch war die Übernahme des Rieckhofs durch die Stiftung abgesichert. Doch wer oder was ist denn der Kulturpalast eigentlich – und wofür steht er?

Es gab Zeiten, da stand Dörte Inselmann vom Kulturpalast Billstedt im Rieckhof und träumte davon, einmal die räumlichen Möglichkeiten zu haben, die ihre Harburger Kollegen hatten. Das ist lange her. Mittlerweile ist der der Name Kulturpalast kein Scherz mehr, wie in den Anfangsjahren. Räumlich kann er mit dem Rieckhof mithalten, personell ist er deutlich besser ausgestattet und programmatisch so breit aufgestellt, dass Dörte Inselmann die Stellenbezeichnung „Intendantin“ hat. Dass der Kulturpalast den Rieckhof übernimmt, ist kein Wunschtraum mehr, sondern eine weitere Aufgabe für das Team.

Ihre Wurzeln haben beide Einrichtungen in derselben Zeit: Ab Mitte der 70er-Jahre hatte sich in den großen Städten eine hauptsächlich von Jugendlichen und Jungerwachsenen getragene Bewegung zum Ziel gesetzt, Kultur- und Subkulturarbeit „von unten“ in den Stadtteilen zu betreiben. In Harburg entstand 1978 als Rieckhof-Vorgänger das Freizeitzentrum Nöldekestraße, Anfang der 1980er eröffnete in Billstedt der „Kulturpalast“ Der Name war damals noch ein Scherz: Der „Palast“ arbeitete auf 60 Quadratmetern, zugänglich über eine Tordurchfahrt. „Das führte aber dazu, dass wir uns zwangsläufig im ganz Billstedt und Horn vernetzen mussten“, schildert Dörte Inselmann, „und das prägt unsere Arbeit bis heute.“

Angebote von Spielmannszug bis Speedmetal

Durch diese Vernetzung mit Jugendzentren, Altentagesstätten, Kindergärten und Elternprojekten ist der Kulturpalast breit aufgestellt. Von Spielmannszug bis Speedmetal haben hier viele Spielarten der Popularkultur ihre Heimat. Das bekannteste Teilangebote der Billstedter ist die Hip-Hop-Academy, die Kinder und Jugendliche beim Spaß am Tanzen, Rappen und Scratchen abholt und die motiviertesten von ihnen in Leistungsstufen und diversen Unterdisziplinen der HipHop-Kultur bis zum Profi-Niveau führt.

Ebenfalls bekannt ist der Musikclub „Bambi Galore“, mittlerweile eine feste Adresse der europäischen Heavy-Metal-Szene, oder das Projekt „Klangstrolche“, das in Kitas und Elternschulen musikalische Früherziehung leistet. Dazu kommen Gruppen aus dem Stadtteil. „Wichtig dabei ist uns immer, dass diese Gruppen für alle im Haus offen sind“, sagt Dörte Inselmann. „Wenn jemand vom vietnamesischen Drachentanz beim kurdischen Volksmusikensemble mitmachen möchte, muss er die Chance dazu haben und umgekehrt.“

Schon in diesem Jahr soll es Programm im Saal geben

Rein aus den Zuwendungen des Bezirksamts Hamburg-Mitte finanziert sich die Palast-Arbeit längst nicht mehr. Spenden und großzügige „Drittmittel“ solventer Institutionen sichern die Breite und die Qualität des Angebots. „Auch in dieser Hinsicht sind wir bereits dabei, in Harburg die Fühler auszustrecken“, sagt Dörte Inselmann. So richtig loslegen können die Kulturpalast-Leute erst im kommenden Jahr. „Die Renovierungs- und Umbauarbeiten im Rieckhof bergen zu viele Unwägbarkeiten, um ein verbindliches Programm zu planen“, sagt Geschäftsführer Jochen Schindlbeck.

Das heißt aber nicht, dass in den nächsten Monaten gar nichts passiert. Die Kulturpalast-Leute werden Kontakt mit anderen Harburger Kulturinstitutionen aufnehmen, wollen sich im Netzwerk Südkultur einbringen, Kooperationen ausloten und – wenn es die Bautätigkeiten zulassen – auch etwas Programm im Saal improvisieren. Ihr Billstedter Programm dem Harburger Haus überstülpen wollen sie nicht, sagen sie. So bleibt der Fortgeschrittenen-Schwerpunkt der HipHop-Academy in Billstedt. Einsteigerkurse soll es aber auch in Harburg geben.

Wie schnell der Kulturpalast im Rieckhof eigene Veranstaltungen ins Bauprogramm eintakten kann, hängt auch davon ab, wie viel Einrichtung übernommen werden kann. Zwischen dem alten Träger, „Verein Freizeitzentrum Harburg“ und dem Bezirksamt gibt es erhebliche Meinungsverschiedenheiten darüber, wem Mobiliar und Veranstaltungstechnik gehören. Auch die Namensrechte am Rieckhof hat sich der Harburger Verein frühzeitig gesichert. „Wir sprechen mit dem jetzigen Geschäftsführer Jörn Hansen, sagt Dörte Inselmann. „Denn wir würden den über Jahrzehnte eingeprägten Namen gerne beibehalten dürfen. Zur Not würden wir das Haus zunächst Kulturpalast Harburg nennen und dann mit den Harburgern zusammen einen Namen finden.“