Harburg. Bezirksversammlung stimmt der Vergabe an Kulturpalast aus Billstedt mehrheitlich zu. Kritische Stimmen nicht nur von Opposition.
Mit dem mehrheitlichen Einvernehmen der Bezirksversammlung ist jetzt der Weg endgültig bereitet: Die Billstedter „Stiftung Kulturpalast“ kann das bisherige Kulturzentrum Rieckhof in Zukunft als „Bürger:innenhaus Harburg“ betreiben. Die Stiftung aus dem Hamburger Nordosten hatte die Auswahljury im Interessenbekundungsverfahren überzeugt, die ein eindeutiges – wenn auch nicht ganz einstimmiges – Votum fällte.
Die Abstimmung in der Bezirksversammlung war die letzte Hürde für die Neuvergabe. Ganz so deutlich, wie das Juryvotum fiel sie aber nicht aus. Die Oppositionsfraktionen gingen in der Debatte mit Koalition und Bezirksverwaltung hart ins Gericht und stimmten dagegen. Selbst aus der SPD kam Kritik an der Neuvergabe der Harburger Einrichtung.
Nachgebessertes Konzept des neuen Trägers liegt nicht vor
„Wie viel gute Arbeit wurde im Rieckhof in den vergangenen 37 Jahren gemacht und wie viel haben Sie in den letzten zwölf Monaten einfach mal eben kaputtgemacht?“, fragte Viktoria Ehlers, Fraktionsvorsitzende der FDP, in Richtung Verwaltung und Koalition. „Der Rieckhof war unser Wohnzimmer. Harburger jeder Herkunft konnten sich dort wohlfühlen und haben sich dort wiedergefunden. Ohne erkennbaren Grund – Sie haben bis heute keinen genannt – haben Sie dem langjährigen Trägerverein das Vertrauen entzogen und es nur damit begründet, dass Sie dazu berechtigt seien. 37 Jahre Erfahrung und Engagement in der Stadtteilkulturarbeit einfach hinfortgewischt, nur weil man das ja mal machen kann? Mir erschließt sich das immer noch nicht!“
Oppositionsführer Ralf-Dieter Fischer (CDU) nannte das Vorgehen des Bezirksamtes sogar einen „Skandal, und zwar in vielerlei Hinsicht: Erstens ist es skandalös, den in Harburg gut etablierten Rieckhof auf diese Weise zu zerschlagen. Dann kommt hinzu, dass man dem bisherigen Trägerverein nicht ab sofort den Geldhahn zudrehen kann, wie es gefordert ist, denn er muss seine Tätigkeit geordnet beenden und abwickeln können. Außerdem hat die Jury gefordert, dass der Kulturpalast sein Konzept noch nachbessert und mehr auf Harburg eingeht. Ein nachgebessertes Konzept liegt bislang nicht vor. Trotzdem sollen wir heute abstimmen.“
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Heinke Ehlers, kulturpolitische Sprecherin der Grünen verwahrte sich gegen solche Kritik: „Es war ein langer und nicht immer einfacher Prozess“, sagte sie. „Es gab viele Verletzungen, persönliche Befindlichkeiten und viel zu oft wurde für meinen Geschmack wenig inhaltlich und unter der Gürtellinie diskutiert. Doch heute ist nicht der Tag in die Vergangenheit zu schauen. Heute blicken wir in die Zukunft und wollen dem neuen Träger freundlich kritisch entgegentreten.“
„Es gab viele Gespräche und Versuche, den alten Träger mit ins Boot zu holen“, sagte Natalia Sahling, bei der SPD-Fraktion für Kultur zuständig. „Es war nie die Absicht, den Rieckhof kaputt zu machen. Nach fast vier Jahrzehnten war es einfach an der Zeit, zu evaluieren und neue Möglichkeiten zu eruieren. Wir sind stolz auf die konstruktiven Gespräche in der Jury und haben uns über die spannenden und vielfältigen eingereichten Konzepte gefreut. Nun wollen wir dem neuen Betreiber offen begegnen.“
Auch aus der SPD-Fraktion Kritik am Verfahren
Nicht alle in der SPD waren dieser Meinung. In der Partei hatte es wegen des Streits um den Rieckhof – einst ein Flaggschiff-Projekt der Harburger Sozialdemokratie – ohnehin schwer gegrummelt. Um den Koalitionsfrieden zu wahren – die Neuausschreibung des Rieckhofs war unter anderem eine Grünen-Initiative – blieb die Fraktion öffentlich eher ruhig. Aber auch aus der Fraktion gab es diesmal Kritik. „Hätte das Bezirksamt die Bezirksversammlung gefragt, bevor es einfach handelt, hätte es eine Ablehnung riskiert“, sagte der SPD-Abgeordnete Frank Wiesner. „Sie wollten ein Bürgerhaus, dabei hatten sie schon eins – und den Feuervogel dazu. Aber dann wollten Sie einfach mal den Träger wechseln und stoßen alle vor den Kopf: den alten Träger und die Harburger.“
FDP-Frau Viktoria Ehlers wies in ihrem Beitrag auf einen weiteren Aspekt des Prozederes hin: „Die Art, wie dieser Wechsel ablief, macht nicht nur die jahrzehntelange Arbeit des alten Trägers madig, sie vergiftet auch die Atmosphäre für den neuen. Der wird es deutlich schwerer haben, in Harburg akzeptiert zu werden, als er es hätte, wenn der Übergang sauber gelaufen wäre. Und wenn es nicht so gut anläuft, muss der Kulturpalast ja auch befürchten gleich wieder gehen zu müssen, denn Sie können das ja machen, wie sie gerne betonen.“