Harburg. Musiker, bildende Künstler und Galeristen beklagen Raumprobleme. Dabei gäbe es genug leerstehende Flächen
Kultur braucht Raum, Kultur braucht Räume: Aufführungsstätten, Probenräume, Ausstellungsflächen, Ateliers, Lagermöglichkeiten. All das ist rar und die Bedarfe der Kultur konkurrieren mit zum Teil Bedürftigeren, wie Wohnungssuchenden, zum Teil zahlungskräftigeren, wie Gewerbemietern.
Das ist ein Problem aller Städte und der Hamburger Stadtteil Harburg mit seiner großen Kulturszene ist da keine Ausnahme. In einem Workshop waren gut 30 Mitglieder des Harburger Kulturschaffenden-Netzwerks Suedkultur zusammengekommen, um über Raumprobleme und ihre Lösungen zu sprechen. Es blieb bei den Problemen.
Neustrukturierung der Arbeitswelt produziert leere Gewerbeflächen
Jan Schröder, Liedermacher aus Harburg, schilderte, was viele Musiker kennen. Er wollte seine Lieder zur Abwechslung mal nicht solo, sondern mit Band produzieren. Die Musiker waren schnell gefunden. „Dann googelte ich ‘Übungsraum Harburg’ und erhielt null Treffer“, sagte er frustriert. Letztlich habe er nach Altona ausweichen müssen. Die wenigen Musiker-Probenräume, die es in Harburg gibt, sind belegt – und auch sie sind gefährdet: Die Nachverdichtung des urbanen Raums greift auch nach den Nischen, in denen bislang Kultur gedeihen konnte.
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Dabei gäbe es genug leerstehende Räume. Die Neustrukturierung der Arbeitswelt durch Corona – Stichwort Heimarbeit – produziert leere Gewerbeflächen. Aber an Künstler vermieten möchte so gut wie kein Immobilienmanager. Heiko Langanke kennt das Phänomen aus vielen Perspektiven: Er war Jazzclubbetreiber und Sprecher des Südkulturnetzwerks, ist aktuell Vorsitzender des Kulturausschusses der Harburger Bezirksversammlung und betreibt die „Kunstleihe“.
„Vermieter denken oft zu engstirnig“, sagt er. „Sie können sich nicht vorstellen, dass man mit kulturellen Nutzungen dauerhaft Mieten zahlen kann. Für alle kulturellen Anmietungen musste ich entweder mit meiner persönlichen Bonität oder der meiner Firma bürgen. Das kann aber nicht jeder.“
Als mit der erneuten Neuvermietung der ehemaligen Polizeiwache an der Nöldekestraße vor vier Jahren gleich sieben – jeweils mehrfach genutzte – Band-Übungsräume auf einmal wegfielen, war die Not so groß, dass selbst das Bezirksamt über eine Honorarkraft suchte – und nichts fand. „Von zwölf möglichen Objekten stellten sich nur vier als geeignet heraus und die scheiterten an den Vermietern“, berichtete Sozialdezernentin Anke Jobmann den Workshop-Teilnehmern.
Stadt selbst hat Objekte, die sie zur Verfügung stellen könnte
Dabei hat auch die Stadt selbst Objekte, die sie zur Verfügung stellen könnte: Das ehemalige Parkwächter- und Toilettenhäuschen am Fuß des Schwarzenbergs zum Beispiel verfällt und auch die Baracke neben dem ehemaligen Freizeitzentrum an der Nöldekestraße steht seit Jahren leer. Mit beidem hat die Stadt zwar Pläne – ein Interessenbekundungsverfahren für das Häuschen und ein Abriss der Baracke. „An stelle der Baracke soll ein Regenrückhaltebecken entstehen“, weiß Carsten Lünzmann von der Dreifalt-Kulturgenossenschaft, „aber niemand weiß, wann. In den Jahren bis jetzt und bis dahin hätte man das Gebäude nutzen können. Und warum man einen Regenwassersammler unter einer Hochstraße offen anlegen muss und nicht darüber bauen kann, wollte mir beim Landesbetrieb Immobilien und Grundvermögen auch niemand sagen!“
Für die Kunstleihe der Zukunft – erweitert um Ateliers für Kreative – hat Heiko Langanke schon ein leerstehendes Objekt in der Harburger Innenstadt ins Auge: Harburger Rathausstraße 40 – die früheren Harburger Redaktionsräume des Abendblatts.