Harburg. Bewerberrennen scheint gelaufen, Zustimmung der Bezirksversammlung sicher: Billstedter Kandidaten sind Favorit fürs Kulturzentrum.

Offiziell ist es – wie vieles in der „Causa Rieckhof“ – nicht. Aber der „Kulturpalast Billstedt“ scheint im Interessenbekundungsverfahren für den Betrieb des „Bürger:innenhauses Harburg“, welches ab Sommer das bisherige „Kulturzentrum Rieckhof“ ersetzen soll, das Rennen gemacht zu haben.

Nachdem die fünf Bewerber ihre Betriebskonzepte am vergangenen Wochenende in einer Geheimsitzung der Auswahljury vorgestellt hatten, traf sich dies Gremium nun erneut, um die Bewerbungen und ihre Präsentation zu bewerten. Dafür hatte das Bezirksamt einen einheitlichen, detaillierten Bewertungsbogen ausgearbeitet und von den stimmberechtigten Jury-Mitgliedern eingeholt. Stimmberechtigt sind die Vertreter des Bezirksamts sowie der politischen Parteien. Die verschiedenen Bürgerverbände sind nur beratend dabei.

Kulturzentrum Rieckhof: Auch Jury-Sitzung war geheim

Auch diese Sitzung war wieder geheim. Bezirksamtssprecherin Wrenda Kapoor möchte deshalb keine Details nennen. „Die Jury hat getagt, die eingereichten Konzepte sowie die abgegeben Bewertungen diskutiert und das Konzept benannt, das aus Sicht der Jury am besten für das Bürgerhaus in Harburg geeignet ist“, schreibt die Sprecherin. „Die Empfehlung der Jury wird nun verschriftlicht, mit den Jurymitgliedern abgestimmt und dann der Bezirksversammlung zu Kenntnis gebracht – und somit veröffentlicht. Angestrebt wird die gemeinsame Sitzung des Kulturausschusses sowie des Regionalausschusses Harburg am 24. März.“

Auch die Jury-Mitglieder halten sich sehr bedeckt. Laut Abendblatt-Informationen war es eine knappe Entscheidung zwischen der Bewerbung der Elbe-Werkstätten und der Stiftung Kulturpalast Billstedt. Die Stiftung Kulturpalast erhielt letztlich den Vorzug, weil sie den erfolgreichen Betrieb eines soziokulturellen Zentrums bereits vorweisen kann, während sich die Elbe-Werkstätten daran zum ersten Mal versucht hätten. Die Vertreter von Verwaltung, SPD, Grünen, CDU und AfD sind für Billstedt. Damit wäre auch die Zustimmung der Bezirksversammlung sicher.

Die Entscheidung ist unter anderem interessant, weil das Konzept der Stiftung Kulturpalast einen sehr starken kulturellen Schwerpunkt aufweist, das Bezirksamt hingegen zuvor betont hatte, dass ein Bürgerhaus explizit kein Kulturzentrum sei. Der Kulturpalast Billstedt möchte in Harburg ein Prinzip fortführen, das sich bereits in Billstedt erfolgreich bewährt hat: „Stadtentwicklung durch Kultur“. Als „Zentrum der kulturellen Vielfalt“ soll das Bürgerhaus dem Stadtteil Identität stiften und Entwicklungspotenziale heben; daraus eigene Programmschwerpunkte entwickeln und neue Zielgruppen erschließen und schließlich eigene Marken hervorbringen. So hat der Kulturpalast in Billstedt bereits den Chor Klangstrolche, den Musikclub Bambi Galore oder die international renommierte HipHop Academy unter ihren eigenen Namen erfolgreich gemacht.

Kritiker: Billstedter Prinzip nicht auf Harburg übertragbar

Kritiker sagen, dass sich das Billstedter Prinzip nicht einfach auf Harburg übertragen lasse. Denn im Gegensatz zu Billstedt hätte Harburg eine eigenständige urbane Tradition und gewachsene Strukturen. Allerdings geht auch die Bewerbung des Kulturpalastes darauf ein und will Bewährtes aus dem Rieckhof-Programm übernehmen und Harburger Akteure, wie etwa das „Kulturwohnzimmer“ mit in die Arbeit einbeziehen.

Für das erste halbe Jahr nach Übernahme sieht das Kulturpalast-Konzept 35 große Veranstaltungen im Saal vor; davon 18 Kinderveranstaltungen und 13 Konzerte oder Theaterveranstaltungen, wie im bisherigen Programm. In vier Veranstaltungen sollen neue Formate und Genres ausprobiert werden, außerdem soll es Weihnachts- und Silvesterprogramme geben. In der Woche soll im Saal viel getanzt werden – auch von der HipHop Academy. Eventuell rührt daher der Wunsch des Bezirksamts, die sperrige Zuschauertribüne umzubauen.