Harburg. Über das Kulturzentrum wurde hinter geschlossenen Türen beraten – die Bewerber konnten ihre Konzepte vorstellen.
Mal wieder ging es um das Kulturzentrum Rieckhof, mal wieder hinter verschlossenen Türen: Am Sonnabend haben sich die Mitglieder der Auswahljury für die Rieckhof-Trägerschaft zur streng vertraulichen Sitzung getroffen, wie das Abendblatt erfuhr.
Von dem schönen Wetter bekamen die Teilnehmer während der Marathonsitzung im Sozialen Dienstleistungszentrum des Harburger Bezirksamts nichts mit. Die Jalousien waren tief heruntergezogen, damit nichts nach draußen dringt. Ohne Erfolg.
Kritik an strenger Vertraulichkeit des Auswahlverfahrens
Hintergrund der Verdunklung: Der an drei Seiten großzügig verglaste ebenerdige Sitzungssaal ist vom Bürgersteig aus einsehbar. Bei vertraulichen Sitzungen haben die Teilnehmer also keine Wahl, als sich auf diese Weise gegen die Öffentlichkeit abzuschotten. An der strengen Vertraulichkeit des Auswahlverfahrens hatte es wiederholt Kritik gegeben. Immerhin liegt vielen Harburgern der Rieckhof sehr am Herzen. Das zeigte auch eine Unterschriftensammlung im vorigen Jahr, die verhindern sollte, dass dem bisherigen Trägerverein die Verantwortung für das Kulturzentrum entzogen werden sollte. Und immerhin geht es um nahezu eine halbe Million Jahresetat, die für das „Bürger:innenhaus Harburg“ zu vergeben sind.
Gerade deshalb, argumentiert aber das Bezirksamt, müsse das Interessenbekundungsverfahren vertraulich sein. Nur so könne Chancengleichheit unter den Bewerbern hergestellt und ihre Ideen für ein zukünftiges Konzept vor Plagiaten der Konkurrenz geschützt werden. Trotzdem gelangten immer wieder Details aus dem Verfahren an die Öffentlichkeit – zuletzt sogar alle fünf Bewerberkonzepte (das Abendblatt berichtete). Das ist über die Sonnabend-Sitzung bekannt.
Bewerber konnten Konzepte persönlich vorstellen
Ihr Zweck: Die Bewerber hatte die Möglichkeit, ihre Konzepte persönlich vorzustellen, die bis Ende Januar eingereicht wurden. Ein potenzieller Träger nach dem anderen hatte einen Termin beim Gremium: 20 Minuten Präsentation des Konzepts, 20 Minuten Fragerunde, 20 Minuten Karenzzeit bis zu den nächsten Bewerbern.
Die Jurymitglieder mussten fünf Stunden durchhalten. Bezirksamtsleiterin Sophie Fredenhagen, Sozial-, Kultur- und Gesundheitsdezernentin Anke Jobmann sowie Sozialraummanagements-Abteilungsleiter Mathias Eichhorn besprachen sich anschließend noch länger zu dritt – dann bei hochgezogenen Jalousien. Zur Stärkung der Jury gab es Pizza und Salat vom Lieferdienst. Bis Donnerstag sollen die Jurymitglieder die Bewerbungen auf einem vorgegebenen Formular nun bewerten.
Einige Bewerber kennen Situation in Harburg nicht
„Das Essen war grausam und die Sitzung geheim“, so ein Jurymitglied aus der Bezirksversammlung auf Abendblatt-Anfrage. Ein anderes Jurymitglied sagte: „Es war gut, die Präsentationen persönlich zu hören. Es gab Bewerber, die den mauen Eindruck ihres schriftlichen Konzepts verbessern konnten und andere, bei denen klar wurde, dass sie sich mit der Situation in Harburg nie beschäftigt hatten.“
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Die Sitzung wurde übrigens für den Steuerzahler um eine Pizzabestellung günstiger, weil der Integrationsrat seinen Sitz in der Jury nicht mehr wahrnimmt, wie das Abendblatt berichtete. Die Gründe hierfür waren vielfältig: die Beteiligung eines Ratsmitglieds an einem Bewerberkonsortium; die lediglich beratende Stimme anstelle eines Stimmrechts für die sozialen Organisationen in der Jury und die Tatsache, dass das Bezirksamt den Jurymitgliedern auferlegt hatte, nicht einmal mit ihren Organisationen oder Parteien Rücksprache über die Inhalte der Sitzung zu halten.
Diskussion über Befangenheit und Neutralität
Der Rückzug des Integrationsrats ist auch Anlass für eine Anfrage der SPD-Bezirksfraktion. „Dieser Schritt ist fachlich richtig und zeigt die hohe Integrität der handelnden Personen“, lobt Natalia Sahling, kulturpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, die Befangenheitsbedenken des Integrationsrats gegen sich selbst. „Gleichzeitig wirft es aber auch die Fragen auf, inwieweit die integrativen Perspektiven in der Jury künftig umfassend eingebracht werden können.“
Außerdem stelle sich die Frage, ob nicht auch andere Personen in der Jury „eventuell einem möglichen Interessenkonflikt ausgesetzt sein könnten“. Damit zielt Sahling wohl auf den Vertreter der Linken in der Jury, Heiko Langanke, ab. Der ist ehrenamtlich Vorstandsmitglied der „Kunstleihe“. Diese ist als Verein Mitglied der Kulturgenossenschaft „Dreifalt“ und die „Dreifalt“ hat eine Bewerbung abgegeben. Zudem bewerben sich die Elbe-Werkstätten, der Kulturpalast Billstedt, das Bürgerhaus Wilhelmsburg sowie der Verein „i-Netzwerk“.