Harburg. Deutsche Bahn baut ohne Ankündigung Rolltreppe am Bahnhof Heimfeld ab. Kunden sind verärgert. Begründung der Bahn gibt Rätsel auf.

Eine Woche lang war die S-Bahn-Station Heimfeld in den Frühjahrsferien gesperrt: Bauarbeiten! „In der S-Bahn-Station Heimfeld verbreitert die Deutsche Bahn die Treppe, damit die Fahrgäste den Bahnsteig bequemer erreichen“, hieß es in der Internetausgabe des S-Bahn-Magazins. Als der Vorhang sich wieder hob, waren die Treppenstufen tatsächlich deutlich breiter.

Auf der einen Seite sogar heller und neuer. Dass der Weg zum Bahnsteig nun bequemer ist, würden allerdings die meisten Heimfelder nicht unterschreiben: Auf der Seite, wo die Treppenstufen jetzt heller und neuer aussehen, fehlt die Rolltreppe – und sie kommt auch nicht wieder.

Rolltreppe wurde jahrelang nicht repariert

Dort, wo sie mal war, ist noch ein Schatten auf dem provisorischen Mattschwarz, mit dem die Treppenhauswand vor Jahren gestrichen wurde und das irgendwann durch Kacheln ersetzt werden soll. „Treppensteigen ist ja gesund“, keucht eine Heimfelderin, während sie sich am Geländer entlang die Treppe hocharbeitet, „aber nur, solange man gesund ist. Ich hoffe ja, dass die Rolltreppe eines Tages wiederkommt.“

Im Auf-die-Rolltreppe-Warten sind die Heimfelder-S-Bahn-Nutzer geübt. Es gibt eine, die von der Zwischenebene ans Tageslicht führt. Die gibt es wieder – seit etwa einem halben Jahr. Zuvor funktionierte sie jahrelang nicht. Die Techniker waren informiert und diagnostizierten, dass eine Reparatur nicht wirtschaftlich sei – Totalschaden. Eine neue Rolltreppe kam auf die Einkaufsliste der „DB Station and Service“, der Bahnhofsfirma im weit verworrenen Bahnkonzern. Allerdings kam sie nicht oben auf die Einkaufsliste, sondern eher auf das letzte Blatt. Gerade war nämlich ein Schwung Rolltreppen bei Thyssen bestellt worden und die mussten nun erst einmal alle abgearbeitet werden – jede einzelne ein maßgefertigtes Unikat.

Verbesserung versprechen und Verschlechterung abliefern

Letztendlich, nach mehreren Jahren Wartezeit kam die neue Rolltreppe dann. Weswegen einige Heimfelder nun glauben, dass auch die Fahrtreppe zum Bahnsteig eines Tages wieder auftaucht. Dabei war sie gar nicht kaputt. „Das war doch von allen Harburger S-Bahn-Rolltreppen diejenige, die am zuverlässigsten funktionierte“, wundert sich der Heimfelder Sozialdemokrat und Verkehrsaktivist Björn Loss.

Neben ihm steht sein Genosse, Kreisvorsitzender und Bürgerschaftsabgeordneter Sören Schumacher und ärgert sich: „So kann man mit den Leuten nicht umgehen – erst eine Verbesserung versprechen und dann eine Verschlechterung abliefern!“ Warum aber wurde die Rolltreppe demontiert? Wird sie woanders gebraucht? Das kann nicht sein, denn jede Rolltreppe ist einmalig und passt nur dort, wo sie eingebaut wurde.

Rolltreppe durch eine Verbreiterung der festen Treppe ersetzt

Die Bahn liefert nach einigem Nachfragen die Erklärung: „In der S-Bahn-Station Heimfeld wurde die Fahrtreppe vom Bahnsteig zur Zwischenebene ausgebaut und durch eine Verbreiterung der festen Treppe ersetzt“, schreibt eine Bahnsprecherin, die nicht genannt werden möchte. „Auch auf Grund des gestiegenen Fahrgastaufkommens ist dies unumgänglich, um an der Station ausreichende Fluchtmöglichkeiten in einem möglichen Notfall sicherstellen zu können. Fahrtreppen können wir hierbei leider nicht berücksichtigen, da wir nicht gewährleisten können, dass diese immer als Fluchtweg zur Verfügung stehen.“

Wenn also weniger Heimfelder S-Bahn fahren würden, könnten mehr Heimfelder Rolltreppe fahren. „Das kann aber niemandes Absicht sein“, sagt Sören Schumacher, „wir wollen die Fahrgastzahl ja erhöhen. Aber irgendwie muss hier eine Lösung her. Es sind ja wirklich nicht alle fit genug zum Treppensteigen.“ Barrierefrei sei die Station trotzdem weiterhin, betont die Bahnsprecherin: „Ein Aufzug ist vorhanden. Fahrtreppen tragen nicht zur Barrierefreiheit bei. Gleichwohl sind wir uns bewusst, dass dies einen Komfortverlust darstellt.“

Fahrkorb knarrt und schubbert in der Führung

Warum man dann nicht gleich mit offenen Karten gespielt hat, schreibt sie nicht. Die erschöpfte Fahrgästin will von dem Aufzug nichts wissen: „Wenn der mal funktioniert, ist da immer eine lange Warteschlange“, sagt sie und wer das überprüft, sieht und hört, dass sie recht hat: Der Fahrkorb knarrt und schubbert in der Führung, als würde er demnächst verhaken.

Unten stehen ein halbes Dutzend Menschen mit Kinderkarren, Einkaufsrollern und Lastenrädern und waren geduldig darauf, an die Reihe zu kommen. Auf einem Plakat oben in der Zwischenebene verkündet ein symbolischer Maulwurf schon die nächste Baustelle: Im Herbst soll die Decke abgehängt werden.