Hamburg. Weil die eingereichten Unterlagen für das „Bürger:innenhaus“ an die Öffentlichkeit gelangten, reagiert das Rathaus.

Transparenz und Bürgerbeteiligung sind die Leitlinien, die Politik und Verwaltung in diesem Jahrtausend bestimmen sollen. Sie sollen das alte Prinzip des grundsätzlichen Amtsgeheimnisses und der Hinterzimmerbürokratie ablösen. Das haben sich die Regierungen und Verwaltungen der Bundesrepublik selbst auf die Fahnen geschrieben. In Harburg scheint das noch nicht überall angekommen zu sein.

Im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren für das „Bürger:innenhaus Harburg“, den Rieckhof, wollte das Bezirksamt offensichtlich die Berichterstattung über die eingegangenen Bewerbungen (das Abendblatt berichtete) unterdrücken. Da das Bezirksamt dies nicht selbst kann, sollten sich offenbar die Bewerber in diesem Sinne einsetzen.

In einer E-Mail an alle fünf Institutionen, die sich um eine mögliche Trägerschaft bewerben, informiert der für das Verfahren zuständige Abteilungsleiter im Fachamt Sozialraummanagement, Matthias Eichhorn, die Bewerber, dass ihre Bewerbungsunterlagen an die Presse geraten seien. Das Bezirksamt habe keine Möglichkeit, eine Berichterstattung über die Bewerbungen zu unterbinden, schreibt er weiter.

Rieckhof: Brief enthält offenbar die Bitte, zu klagen

Wohl aber, so Eichhorn, könnten die Bewerber gegen die Veröffentlichung vorgehen, da sie die Urheberrechte an ihren Bewerbungen besitzen. Die Veröffentlichung würde diese Urheberrechte möglicherweise verletzen. Eichhorn rät den Bewerbern, im Eilverfahren, Schutzklage gegen die Veröffentlichung einzulegen. In einem Satz ist dieser Ratschlag sogar mit der Bitte versehen, so zu verfahren.

Offensichtlich hat das keiner der Bewerber getan. Ansonsten hätten das Abendblatt und das Online-Portal „Besser im Blick“, die die Bewerbungen öffentlich machten, noch vor Erscheinen ihrer Artikel einstweilige gerichtliche Anordnungen erhalten, die die Veröffentlichung untersagen. Das ist nicht geschehen.

Quelle des Abendblatts war nicht zur Vertraulichkeit verpflichtet

In Interessenbekundungsverfahren ist es üblich, Bewerbungen vertraulich zu behandeln. Zum einen, damit besonders gute Bewerbungen davor geschützt bleiben, von schwächeren Bewerbern kopiert zu werden; zum anderen, weil Bewerbungen um Trägerschaften oder Gewerbeflächen auch etwas über Unternehmensstrategien verraten können. Auch alle Beteiligten am Interessenbekundungsverfahren für den Rieckhof, inklusive der Jurymitglieder, wurden zur Verschwiegenheit verpflichtet. Dennoch scheinen die erst am vergangenen Freitag in kleiner Runde verschickten Unterlagen bereits weite Kreise gezogen zu haben. Die Quelle des Abendblatts war nicht zur Vertraulichkeit verpflichtet.

Das Bezirksamt wurde um Stellungnahme gebeten, ist dieser Bitte allerdings noch nicht nachgekommen.