Harburg. Kosten für Neupflanzung und Fertigstellung sowie für Baumpflege steigen weiter. Baumexperte spricht von dramatischer Situation.
Hitzeperioden, Trockenheit, Parasiten: Bäume in der Stadt haben es immer schwerer. Wegen des Klimawandels wird die Pflanzung und Pflege von Stadtbäumen für den Bezirk Harburg jetzt deutlich teurer. Durchschnittlich 3045 Euro pro Baum – und damit dreimal so viel wie vor wenigen Jahren – gibt der Bezirk Harburg in diesem Jahr für jede Neupflanzung aus.
Hinzu kommen Kosten für die dreijährige Fertigstellungs- und Entwicklungspflege. Auch sie sind gestiegen, liegen für die Jahre 2021 bis 2023 pro Baum bei 1005 Euro. Damit liegen die Gesamtausgaben pro Baum bei 4050 Euro.
Bezirk Harburg will 100 Bäume pflanzen für 405.133 Euro
100 Bäume will der Bezirk in der laufenden Saison pflanzen. Kosten insgesamt: 405.133 Euro. Das sind knapp zwölf Prozent mehr als der Bezirk in der Saison 2019/20 ausgegeben hat. Damals lagen die Kosten für die Nachpflanzung und Pflege von 128 Straßenbäumen bei insgesamt 358.000 Euro – also bei 2796 Euro pro Baum.
Für den Erhalt und die Pflege der rund 23.400 Straßenbäume stehen der Verwaltung in Harburg 482.000 Euro – und damit kaum mehr als im Vorjahr – zur Verfügung. Zu wenig, wie Bezirksamtssprecher Dennis Imhäuser und sein Kollege Christian Kadgien von der Abteilung für Stadtgrün betonen. „Schon seit Jahren reichen die vorhandenen Haushaltsmittel für die notwendigen Baumpflegemaßnahmen nicht mehr aus“, sagt Imhäuser. „Der Erhalt bestehender Bäume wird immer kostenintensiver. Durch die Trockenheit in den vergangenen Jahren bilden die Bäume verstärkt Totholz, Kronenteile sterben ab und die geschwächten Bäume werden verstärkt anfälliger für Krankheiten. Straßenbäume auf schwierigen Standorten mit mangelnder Wasserversorgung sterben ab. Dadurch steigen die Kosten für die Baumpflege und die Notfällungen.“
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Stadtbaumexperte Christian Kadgien bezeichnet die Lage als „dramatisch“. „Die zunehmende Trockenheit hat zur Folge, dass Neupflanzungen mehr Wasser brauchen. Wir müssen Bäume heutzutage nach der Pflanzung bis zu 20-mal im Sommer bewässern. In früheren Jahren reichten acht- bis zehnmal aus.“ Durch die deutlich verschlechterten Wuchsbedingungen seien die Straßenbäume auch im vierten und fünften Jahr nach der Pflanzung pflegebedürftig. Wenn der Klimawandel weiterhin für trockene Sommer sorgt, brauchen wir künftig sechs bis acht Jahre für die Fertigstellungspflege. „Dafür ist aber weder Geld noch Personal vorhanden“, so Kadgien.
Bäume gestresst durch Wasserknappheit und schlechte Bodenverhältnisse
Die Folge: Die durch Wasserknappheit und schlechte Bodenverhältnisse stark gestressten Bäume erkranken oder sterben ab. 86 Straßenbäume, 108 Parkbäume, drei Spielplatzbäume und ein Wasserwirtschaftsbaum müssen in den kommenden Herbst- und Wintermonaten im Bezirk Harburg gefällt werden, weil die Verkehrssicherheit nicht mehr gegeben ist. Nachpflanzungen sind nicht geplant. Viele der zu fällenden Bäume leiden nach Angaben des Bezirksamts unter holzzerstörende Pilzen wie dem Schwefelporling, Riesenporling, Hallimasch und Brandkrustenpilz. Kastanien, Ulmen und Eschen sind erkrankt.
Um gegenzusteuern, will die Stadt künftig vermehrt Bäume pflanzen, die mit den schwierigen Herausforderungen in der Stadt und den klimatischen Bedingungen zurechtkommen. Dazu gehören unter anderem die Purpur-Erle, die Weiß-Esche oder der Europäische Zürgelbaum. Welche Arten besonders gut für den Lebensraum Stadt geeignet sind, weiß Thomas Dieckmann. Der Gärtnermeister betreut in der Baumschule Lorenz von Ehren den „Klimabaum-Hain“. Dort sind 61 Gehölze aufgepflanzt, die mit dem Klimawandel und den heutigen Stressfaktoren einer Stadt besser zurechtkommen. „Wir wollen in dem Hain zeigen, wie sich als eventuell klimawandeltauglich eingestufte Baumarten im sich veränderten Klima entwickeln“, sagt Thomas Dieckmann. „Es geht um den Baum der Zukunft, der mit Hitze und Trockenheit gut zurecht kommt.“
Abteilung Stadtgrün arbeitet an der Optimierung von Pflanzstandorten
Um die Folgen des Klimawandels abzumildern und das Stadtgrün zu erhalten, arbeitet die Abteilung Stadtgrün zudem an der Optimierung von Pflanzstandorten. „Damit unsere Straßenbäume besser mit den neuen Klimaveränderungen klar kommen, werden die Baumgruben so groß wie möglich hergestellt, die Wässerungsdurchgänge während der dreijährigen Fertigstellungspflege intensiviert“, sagt Dennis Imhäuser. „Darüber hinaus läuft in Harburg aktuell ein Pilotprojekt mit Baum-Rigolen an drei Standorten – wissenschaftlich begleitet von der HafenCity Universität Hamburg (HCU).
„Wir nutzen das Regenwasser von den Dächern und leiten es direkt zu den Wurzelräumen, die mit künstlichen Wasserreservoirs, sogenannte Rigolen, ausgestattet sind“, sagt Michael Richter, der als wissenschaftlicher Mitarbeiter der HCU das Projekt begleitet und gemeinsam mit dem Bezirk Harburg in der Hölertwiete, an der Woellmerstraße und am Alten Postweg Rigolen eingebaut hat. „Wenn das System funktioniert, werden wir weitere Standorte generieren“, sagt Stadtbaumexperte Christian Kadgien. Das werde allerdings noch teurer als bisher. Kadgien schätzt die Kosten pro Rigole auf 400o bis 5000 Euro plus 300 bis 400 Euro für einen Klimabaum.
Über das Projekt BlueGreenStreets:
- Das Projekt Baum-Rigolen ist Teil des BMBF-Forschungsprojekts „BlueGreenStreets“ (BGS), in dessen Rahmen in unterschiedlichen Kommunen die Kombination von Regenwassermanagement und Verbesserung der Wasserversorgung von Straßenbaumstandorten pilothaft untersucht wird.
- Das BMBF-Verbundprojekt „BlueGreenStreets“ wird im Rahmen der Initiative „Ressourceneffiziente Stadtquartiere“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.
- Ein Ziel des Projekts ist es, das Volumen des Grüns in Straßenräumen zu erhöhen, dessen Standortbedingungen zu verbessern und soweit wie möglich klimawandelangepasst zu gestalten. Infos: www.hcu-hamburg.de