Fischbek. Lange drohte der Verfall einer historischen Hofstelle, die auf der Hamburger Denkmalliste steht. Wie der Aufbau gelang.
Die B73, Neubaugebiete der IBA und Siedlungen der 1970er Jahre prägen den äußersten Südwesten Hamburgs. In dem Hamburger Stadtteil Fischbek ist daher heute nicht mehr viel zu erkennen von seiner einst dörflichen Struktur.
Nur wer einmal abbiegt von den großen Straßen, erlebt dann doch an der einen oder anderen Stelle eine Überraschung. Hier und dort gibt es sie eben immer noch: die großen Bauernhöfe unter mächtigen Eichen. Und ein ganz besonderes Ensemble davon ist der alte Cohrs-Hof am Posteck 2.
Nach zehn Jahren Leerstand drohte der Verfall des Hamburger Denkmals
Allerdings drohte dem 1886 gebauten Reetdach-Gebäude nach gut zehn Jahren Leerstand bis vor Kurzem noch der Verfall, Fenster waren eingeschlagen, durch das Dach regnete es rein. In der Harburger Bezirksversammlung war der Zustand noch 2019 Thema, weil man ein Verschwinden dieses wichtigen „Identifikationspunktes“ befürchtete. Dieses Schicksal ist nun abgewendet. Der Hof erscheint wieder in neuem Glanz, allerdings mit ganz anderer Funktion. Vor etwa zwei Jahren hatte eine Investorengruppe um den Buxtehude Architekten Tim Schulenburg das 13.000 Quadratmeter große Gelände samt dem alten Gebäude von einer Erbengemeinschaft gekauft und inzwischen rund sechs Millionen Euro investiert.
In Absprache mit dem Hamburger Denkmalschutzamt wurden ein alter Kuhstall und eine Scheune durch zwei Neubauten mit jeweils sechs Wohnungen ersetzt. Kernobjekt ist das alte, prägende Haupthaus, in das zu früheren Zeiten tatsächlich einmal Postkutschen eingefahren waren.
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Seinerzeit gehörte Fischbek als Landgemeinde zur preußischen Provinz Hannover und das Posteck galt als wichtige Drehscheibe der Region. Entsprechend dürfte auch die Bedeutung dieses Wohnwirtschaftsgebäudes gewesen sein, das unter der Nummer 28952 in die Hamburger Denkmalliste eingetragen wurde. Die prächtigen Giebel ließ Architekt Schulenburg daher stehen. Sie wurden mit Hilfe von Holzbalken und großen Sandsäcken als Kontergewicht während der Bauzeit gehalten. „Das war schon nicht ohne“, sagt Schulenburg, der während der Bauphase auch manchen „Gau“ erlebte, wie er sagt.
Bauherr erlebte zahlreiche böse Überraschungen bei dem Projekt
So stand die Baustelle wegen ihres lehmigen Untergrunds nach heftigem Regen teils unter Wasser. Schulenburg löste das Problem mit Rigolen, einer Art unterirdischem Wasserspeicher, der jetzt als Puffer dient. Dann entdeckten die Arbeiter einen Keller, der in keiner Zeichnung vermerkt war. Das Schlimme dran war jedoch nicht der Keller, sondern die Balken darüber, die voller Schimmel waren. Letztlich ergab ein Gutachten, dass alles organische Material raus musste. Fenster, Wandbalken und anderes. „Wir haben das Gebäude von innen praktisch neu gebaut“, so Schulenburg, der sich mit dem Denkmalschutzamt auf die weitere Sanierung verständigt hatte.
Wie früher trägt das Haus wieder ein Reetdach, Kubatur und Anmutung sind geblieben – trotz des völlig neuen Innenlebens. Selbst die alte Tafel am Giebel ist noch an Ort und Stelle. „Gottes Segen bleib‘ bei diesem Haus. Und bei allen, die gehen ein und aus“ ist darauf zu lesen. Zehn Wohnungen, die zur Hälfte schon vermietet sind, entstanden im alten Hofgebäude. Wer hier jetzt lebt, wohnt wieder im alten Fischbek, so scheint es. Der Blick fällt auf Eichen und einen Nachbarhof, der noch bewirtschaftet wird. Und die Wiese, die hier am Posteck zum Hof gehörte, ließ Schulenburg wie sie war. Er konnte sie an Nachbarn verpachten, die darauf nun ihre Schafe weiden lassen.
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