Harburg/Moorburg. Mit großem Ideenreichtum nutzen Harburgs Künstler und Kulturlokale die Möglichkeiten der Corona-Lockerungen.
Kunstmärkte unter freiem Himmel, Straßenmusik vor den Clubs und Konzerte mit viel Platz im Publikum: Die Harburger Kulturszene gräbt sich langsam aus dem Corona-Loch und zeigt sich immer findiger, wenn es darum geht, das was den ersten Lockerungen wieder erlaubt ist, optimal auszunutzen.
Allererster, der sich daran machte, den Rahmen des Erlaubten voll auszuschöpfen, war Werner Pfeifer, Betreiber der „Fischhalle“ im Harburger Binnenhafen. Bereits im Juni begann er mit Konzerten auf der Terrasse seines Lokals. Veranstaltungen im innern der Halle waren zu dem Zeitpunkt noch nicht wieder erlaubt, aber im Freien durften Menschen schon wieder – unter Auflagen – zusammenkommen. „Mein Außenbereich ist ja groß genug“, sagt Pfeifer. „Unter Einhaltung der Abstandsregeln können hier 40 Menschen Platz finden – das sind genauso viele, wie mittlerweile auch gleichzeitig in der Halle sein dürfen. Wir entscheiden nach Wetter.“
Mit dem Abstand allein ist es nicht getan. Immer noch muss sich noch Wochen später nachvollziehen lassen, wer wann im Lokal war. Am Tisch ein Formular ausfüllen müssen die Gäste trotzdem nicht: „Die Konzerte kann man nur mit Vorausbuchung besuchen“, sagt Pfeifer, „dabei erfassen wir bereits alle relevanten Daten und wissen sogar, wer an welchem Tisch saß.“
Vorausbuchungen lassen Veranstalter verlässlich kalkulieren
Die Vorausbuchung hat einen weiteren Vorteil, sagt Pfeifer: Er weiß vorher, was er an Eintritten einnimmt und kann so für sich und die Künstler verlässlich kalkulieren. Nicht, dass es da große Variablen gäbe: Bis auf die ersten zwei Konzerte, die noch etwas kurzfristig angekündigt waren, waren alle Abende ausverkauft.
Und nicht nur das Publikum ist gierig nach Konzerten, auch die Musiker stehen derzeit Schlange, um in der Fischhalle auftreten zu dürfen. Das ist so erst einmal nichts Ungewöhnliches, aber die Qualität der Schlange ist deutlich gestiegen Pfeifer kann deshalb derzeit unter Musikern auswählen, denen er sonst hätte hinterherlaufen müssen. „Vergangenes Wochenende hatte ich den Liedermacher Tom Klose zu Gast, den hätte ich sonst nicht bekommen“, sagt Pfeifer, „und der war überwältigt davon, nach über einem Vierteljahr Pause wieder vor echten Menschen spielen zu dürfen. Er sagte, das sei ein Gefühl, wie ein Drogenrausch gewesen.“
Konzerte ohne Publikum gehen auch den Harburger Musikern auf die Nerven. „Diese Internet-Auftritte sind ja mal ganz lustig“, sagt der Gitarrist und Sänger Dennis Adamus, „aber auf Dauer muss man auch spüren, dass das, was man macht, beim Publikum ankommt – oder eben auch nicht.“
Trotzdem war Adamus zunächst skeptisch, als Straßenmusik wieder erlaubt wurde. Das hatte er noch nie gemacht. Dann aber bekam er mit, wie Musikerkollegen von Straßenauftritten schwärmten, und machte sich schlau über Auflagen und Ausrüstung. Seit einigen Wochen steht er nun immer mal wieder auf Plätzen und in Fußgängerzonen. „Das ist eine besondere Herausforderung“, sagt er. „Die Auflage in Hamburg ist, dass ein Straßenmusiker alle 30 Minuten den Standort wechseln muss. In dieser Zeit hat man üblicherweise gerade mal sein Publikum warm gespielt und das Eis gebrochen. So fängt man immer wieder vor wildfremden Leuten neu an. Das fordert einen.“
Dennis Adamus geht auf Straßenmusik-“Welttournee“ durch Harburg
Am Freitag geht Adamus auf eine Straßenmusik-„Welttournee“ durch Harburg und spielt jeweils seine halbe Stunde vor vier Clubs, in denen er üblicherweise drinnen auf der Bühne stehen würde. Einen Tag später tun es ihm „Triple Distilled“ nach, drei Musiker, die sonst in einer großen Band zusammen rocken. Am Freitag tourte bereits Sammy Barry.
Die Idee zu den „Welttourneen durch Harburg“ hatte die Initiative Südkultur. „Die Straßenmusiker suchen Orte,, an denen sie interessiertes Publikum finden“, sagt Südkultur-Sprecher Heimo Rademaker. „Die Clubs haben diese Gäste. Wir haben dann die Clubs angesprochen, die Außengastronomie haben. Das waren das BlaBla, die Stumpfe Ecke, der Old Dubliner und mein Ballroom. Die Clubs stellen ihre Fläche für je eine halbe Stunde zur Verfügung und erlauben die Hutsammlung. Wer kommt, wissen sie nicht. Das ist Sache der Musiker.
Ebenfalls Open Air wurde der Markt „Kunst und Kirschen“ in Moorburg ein Erfolg. „Das Abstandskonzept hat gewirkt“, sagt Mitorganisatorin Patricia Maciolek, denn die Gäste haben sich gut über die zwei Tage verteilt. So war es nie leer und nie zu voll. Das hat die Atmosphäre entspannter gemacht, so dass auch die Aussteller zufrieden waren.“
Das nächste Konzert in der Fischhalle: Lilla Blue, Sa., 21 Uhr. Die nächsten Straßenmusik-Tourneen: Fr. Dennis Adamus; Sa. Triple Distilled. Start jeweils 17.30, BlaBla. Danach: Stumpfe Ecke, Marias Ballroom, Old Dubliner