Harburg. Künstler und Citymanagement wollen den „Sommer im Park“ organisieren. Aber der Kulturausschuss beharrt auf Bürokratie.

Zwischen Harburgs Kulturschaffenden und Harburgs Kulturpolitikern knirscht es im Gebälk: Die Künstler, Musiker und Clubbetreiber fühlen sich in Corona-Zeiten von der Bezirkspolitik im Stich gelassen und äußern ihren Unmut laut in einem offenen Brief. Die Bezirkspolitik fühlt sich zu Unrecht angegriffen und reagiert verschnupft. Zwischen den Stühlen: Heiko Langanke, ehemaliger Sprecher der Kulturinitiativen-Dachorganisation „Südkultur“ und mittlerweile Bezirksabgeordneter der Linkspartei und Vorsitzender des Kulturausschusses – also eigentlich Adressat des Brandbriefes.

Es geht um das vertrauensvolle Zusammenspiel von Politik und Kulturszene. Konkret: darum, wie das ausgefallene Kulturfestival „Sommer im Park“ Corona-konform ersetzt werden kann. Eine Sondersitzung des Kulturausschusses ist anberaumt – für den 16. Juni, doch die Zeit drängt.

Kulturausschuss in Bezirksversammlung eingerichtet

Nach der Bezirkswahl hatte alles so gut ausgesehen: Nicht nur, dass ein eigener Kulturausschuss in der Bezirksversammlung eingerichtet wurde und mit Langanke einen ausgewiesenen Experten als Vorsitzenden erhielt – über einen Kulturbeirat und einen runden Tisch sollten auch die Akteure der Harburger Kultur selbst an den kulturpolitischen Entscheidungen beteiligt werden und gemeinsam mit den Politikern einen Kulturentwicklungsplan erarbeiten.

Dessen Ziel sollte es sein, mehr Stadtteilkulturmittel aus Hamburg nach Harburg zu leiten, denn im Vergleich mit anderen Bezirken ist Harburg, was diese Gelder angeht, eher benachteiligt.

„Kulturpolitik in Harburg ist einfach weg!“

Doch kaum kam die Bezirkspolitik in Schwung, wurde sie auch schon wieder ausgebremst: Corona legte den Sitzungsbetrieb lahm. „Gerade jetzt wäre aber eine koordinierende und unterstützende Arbeit für alle Kulturschaffenden im Bezirk dringend nötig“, sagt Heimo Rademaker, Betreiber des „Maria’s Ballroom“, und Sprecher der Initiative Suedkultur.

„Während andernorts bereits kreativ daran gearbeitet wird, alternative Veranstaltungsformate zu ermöglichen und zu erproben und zumindest diese Versuche politische als auch finanzielle Unterstützung erfahren, ist die Kulturpolitik in Harburg einfach weg!“

Das habe, so Rademaker, konkrete Folgen: So haben sich Aktive von Suedkultur und dem Citymanagement zusammengetan, und ein Konzept entwickelt, wie man das 2020 wegen der Corona-Auflagen abgesagte Festival „Sommer im Park“ doch noch in einer gewissen Form retten kann: Wenn die Harburger schon nicht zur Freilichtbühne dürfen, soll die Freilichtbühne zu den Harburgern kommen.

Satellitenbühnen in Harburger Musikclubs

Ende August soll ein Open-Air-Fernsehstudio auf der Bühne im Stadtpark stehen. Hier sollen viele Akteure der Harburger Kulturszene in Auftritten und Interviews zu Wort und zu Ton kommen. Parallel dazu soll es publikumslose Satellitenbühnen in Harburger Musikclubs geben aus denen live zugeschaltet wird oder wo Darbietungen vor-aufgezeichnet werden.

Verschiedene Künstler könnten auch ihre Interpretation des Abendblatt-Harburg-Songs präsentieren, ist eine der Ideen. Kosten würde das alles nicht mehr, als der Etat von „Sommer im Park“ betragen hätte – und der war bereits genehmigt. Allerdings unter dem Vorbehalt, dass der „Sommer im Park“ stattfindet. Geht es nach der Bezirkspolitik, müsste das Geld jetzt neu bewilligt und dafür neu beantragt werden. Dafür gibt es die Kulturausschuss-Sitzung. „Die meisten Kulturleute sind Macher“, sagt Rademaker.

„Das ist ihnen zu bürokratisch, da verlieren sie die Motivation.“ Zumal es eine Direktive der Kulturbehörde gibt: „Wegen Corona ausgefallene Stadtteilkulturprojekte sollen mit vollem Etat unbürokratisch weiter gefördert werden, wenn auch nur der Ansatz eines Konzeptes da ist, wie man die kulturellen Inhalte doch noch coronagerecht transportieren kann“, sagt Heiko Langanke. „Aber das scheint in den Harburger Köpfen noch nicht angekommen zu sein. Ich habe Verständnis für den Ärger der Kulturschaffenden.“

Bezirkspolitiker wehren sich gegen Beschuldigungen

Sein Problem: Er ist zwar Vorsitzender des Kulturausschusses, die Mehrheit haben dort aber andere. Und die fühlen sich ungerecht behandelt. SPD und Grüne haben eine gemeinsame Stellungnahme zum offenen Brief veröffentlicht: „Die Unterzeichner scheinen nicht wahrgenommen zu haben, dass der Hauptausschuss regelmäßig tagt“, sagt die Kultur-Fachsprecherin der Grünen, Heinke Ehlers.

„Dieser hat in Vertretung der Bezirksversammlung selbstverständlich die Befugnis, über Anträge auf Zuwendungen zu entscheiden und das betrifft auch Zuwendungen aus Stadtteilkulturmitteln. Dafür müssen allerdings auch entsprechende Anträge vorliegen. Der Harburger Politik hier Untätigkeit vorzuwerfen ist daher nicht hilfreich.“

Bei Heimo Rademaker löst das Kopfschütteln aus: „Dass es einen Hauptausschuss überhaupt gibt und was der macht und wie er etwas entscheidet, weiß doch kein Mensch außerhalb der Bezirksfraktionen. Also wir auch nicht“, sagt er. „Ich hoffe deshalb, das der Runde Tisch und der Beirat demnächst ihre Arbeit aufnehmen und wir auf Augenhöhe mit der Politik reden können!“