Harburg. Bei der Bereitstellung von Proberäumen sollen konstruktive Lösungen gefunden und Mittel für den Kulturbereich aufgestockt werden

Chöre und Gesangsvereine sollen künftig die Möglichkeit haben, Aulen von Schulen, Räume von Freizeitzentren und Begegnungsstätten für Zusammenkünfte und gemeinsame Proben zu nutzen. Auf der jüngsten Sitzung des Kulturausschusses am vergangenen Dienstag haben die Verantwortlichen von SPD, CDU, FDP und GRÜNEN eine entsprechende Stellungnahme verfasst, in der sie konstruktive Lösungen bei der Bereitstellung von Proberäumen sowie die Aufstockung von Mitteln für den Kulturbereich fordern.

„Die Chöre in Harburg sind ein wichtiger Bestandteil des kulturellen Zusammenlebens in Harburg und bereichern unseren Bezirk“, heißt es darin. Aufgrund der möglicherweise erhöhten Infektionsrisiken beim Singen seien jedoch verantwortungsbewusste Lösungen erforderlich. „Diese wollen wir auch politisch unterstützen - wie wir bisher immer wieder Harburger Chöre mit Sondermitteln der Bezirksversammlung auf Antrag gefördert haben.“

Chorleiter befürchten, dass viele Chöre nicht überleben werden

Wie berichtet, sind Chorleiter aus Harburg und Umland sowie der Hamburger Chorverband in großer Sorge, dass viele Chöre die Corona-bedingte Zwangspause nicht überleben werden, da es nicht ausreichend große Probenräume gibt. Diese müssen so groß sein, dass zwischen den Singenden mindestens zwei Meter Abstand gehalten werden kann. Der Chorverband Hamburg hat die Politik aufgefordert, in allen Stadtteilen ausreichend große Räumlichkeiten für Proben zur Verfügung zu stellen. Denkbar wären Turnhallen und Konzertsäle, leerstehende Fabrikgebäude und Großraumbüros.

Große Räume für ausreichenden Abstand

„Wir haben viele entsprechend große Räume in den Stadtteilen“, da sind sich die Harburger Kulturpolitiker einig. „Das sind nicht nur Schulsporthallen, sondern auch Aulen von Schulen, Räume von Freizeitzentren, Begegnungsstätten und mehr.“ Leider seien viele dieser Räume aufgrund ihrer Akustik für Chöre unbrauchbar. „Viele Musiker und Musikerinnen stehen vor dem Problem, keine passenden Räume im Bezirk zu finden“, so die Kulturpolitiker weiter. „Politik und Verwaltung arbeiten schon seit Jahren gemeinsam daran, das Problem zu entschärfen.“

Offenbar mit wenig Erfolg. „Es fehlt vorne und hinten an Kulturräumen“, sagt Heiko Langanke von der Fraktion Die Linke in Harburg. Der Fraktionsvorsitzende hat sich bewusst entschieden, nicht an der gemeinsamen Stellungnahme im Kulturausschuss teilzunehmen. Seine Kritik ist deutlich schärfer: „In allen Bereichen von Kultur – so auch im Bereich der Chöre – hat der Bezirk Harburg starke Akteure, aber leider quasi als Parallelgesellschaft. Will heißen: es gibt so gut wie keine Berührungspunkte von Verwaltung und Politik zu diesen Akteuren. In der Corona-Krise sind diese Akteure mehr denn je auf sich allein gestellt und in ihrer Existenz bedroht.“

„Bezirk unterstützt die Chorszene nicht“

Laut Langanke fehle im Bezirk jegliche Unterstützung der Chorszene. „Meine persönliche Befürchtung ist, dass es im Bezirk nicht mal eine Einschätzung gibt, ob der vielen Chöre, Orchester oder sonstigen Klangkörper. Sie werden oft als Amateurvereinigungen gleich gesetzt mit Hobby und dabei völlig unterschätzt, welche Qualität aber auch kulturelle Bandbreite und Kulturvermittlung dort gelebt wird.“ Dabei gebe es laut „Globalrichtlinie Stadtteilkultur“ – also des Leitbildes für bezirkliche Kulturarbeit – gar eine gewisse Fürsorgepflicht des Bezirkes gegenüber den kulturellen Akteuren.

Für Chorproben unter Corona-Vorschriften hat Heiko Langanke einige Ideen, die er nun hofft, gemeinsam mit den Fraktionen im Bezirk umsetzen zu können: „Sporthallen, die Friedrich-Ebert-Halle oder die CU Arena stehen weitestgehend leer“, so der Politiker. „Auch das Stellwerk wie auch der Rieckhof haben recht großzügige Räume und sind sicherlich ansprechbar.“

Kulturbehörde setzt auf kreative Lösungen der Chöre

Die Kulturbehörde, der das Problem bekannt ist, setzt auf kreative Lösungen der Chöre. „Wir sehen den Bedarf und unterstützen auch jegliche Bemühungen, kreativ geeignete Räume zu finden“, sagt Sprecher Enno Isermann. „Gleichwohl verfügt die Behörde nicht über eigene Gebäude, die als Proberäume genutzt werden könnten.“

So geht es auch dem Bezirksamt Harburg, dem bisher keine Anfragen nach Unterstützung von Harburger Chören aufgrund der COVID-19-Pandemie vorliegen. „Das Bezirksamt verfügt über keine eigenen Räumlichkeiten, die keiner anderen Nutzung obliegen und somit ohne weiteres zur Verfügung gestellt werden können“, sagt die stellvertretende Sprecherin Sandra Stolle. „Falls konkrete Bedarfe an uns herangetragen werden würden, bieten wir gerne an, entsprechend unserer Möglichkeiten zu unterstützen. Es gibt in Harburg zahlreiche geförderte Stadtteilkultureinrichtungen, Seniorentreffs sowie mit dem Rieckhof ein Bürgerhaus, deren Räumlichkeiten aus öffentlichen Geldern finanziert werden. Dort stehen eventuell Raumkapazitäten zur Verfügung.“