Buchholz. „Klimaforum Buchholz“ heißt das Projekt, das das Thema in die Gesellschaft hineintragen und einen Bewusstseinswandel herbeiführen soll.

Wenn es nach Bürgermeister Jan-Hendrik Röhse ginge, gäbe es auf der A1 von Buchholz nach Hamburg eine High-occupancy vehicle lane (HOV). Einen KFZ-Fahrstreifen, der ausschließlich für Fahrzeuge vorgesehen ist, in denen mindestens zwei Personen unterwegs sind. Diese Fahrgemeinschaftsspuren kennt der Buchholzer Bürgermeister aus den USA. Sie sorgen dafür, dass der Verkehr fließt, Energie gespart und der CO2-Ausstoß gesenkt wird und leisten damit einen unmittelbaren Beitrag zu Klimaschutz.

Doch das Thema HOVs wäre ein bundespolitisches. Und Röhses Wirkungskreis liegt allein auf kommunaler Ebene. Also will er vor Ort ansetzen, um mehr für den Klimaschutz zu erreichen - und zwar mit allen Buchholzern gemeinsam.

„Klimaforum Buchholz“ heißt das Projekt, das das Thema Klimaschutz in die Stadtgesellschaft hineintragen und einen Bewusstseinswandel in der Bevölkerung herbeiführen soll. Die Idee: Nicht nur die vielen Klimaschutzinitiativen der Stadt, sondern auch Wirtschaft und Politik, Verbände und Vereine sowie die Buchholzer Bürger zusammenzubringen und mit ihnen gemeinsam Ideen und Projekte für den Klimaschutz zu entwickeln.

Langfristigkeit, Verbindlichkeit und Kooperation

Damit wollen der Bürgermeister und sein Team einen Prozess anstoßen, der auf Langfristigkeit, Verbindlichkeit und Kooperation ausgerichtet sein soll. „Wir können als Verwaltung zwar Vorbildfunktion in Sachen Klimaschutz haben“, sagt Röhse. „Aber um eine spürbare Senkung des CO-Ausstoßes zu erreichen, müssen wir alle Buchholzer ins Boot holen.“ Nur so könne das Ziel erreicht werden, Buchholz bis 2050 zur klimaneutralen Stadt zu machen.

Start des Klimaforums ist am 9. März im Buchholzer Veranstaltungszentrum Empore. Die Auftaktveranstaltung soll zunächst dazu dienen, die breite Öffentlichkeit über den Stand des kommunalen Klimaschutzes zu informieren sowie einen Überblick über die Energie- und CO2-Bilanzierung von 2010 bis 2018 zu geben. Darüber hinaus sollen Vorschläge präsentiert werden, wie künftig gemeinsam der Klimaschutz in Buchholz vorangebracht werden kann.

Weiter geht es am 21. März mit einer Klima-Werkstatt in der Waldschule, auf der all diejenigen, die sich dauerhaft engagieren wollen, in sogenannten Fachforen zusammenfinden, deren Leitziele in einer Vision für Buchholz im Jahre 2050 zusammenfließen sollen. In den Foren, in denen sich jeweils 20 Personen engagieren können, soll es um Themen wie Stadtentwicklung, Mobilität, Energie, Wirtschaft und Klimaschutz im Alltag gehen.

Bewusstseinswandel in Vereine, Wirtschaft und Haushalte tragen

Mit Unterstützung von Experten sollen Lösungen erarbeitet und umgesetzt werden, die einen maßgeblichen und messbaren Beitrag zum Klimaschutz leisten. „Es geht darum, Ideen zu entwickeln, wie wir die Menschen mitnehmen können“, sagt Jan-Hendrik Röhse. Ziel sei es, mit Aktionen den Bewusstseinswandel in Vereine, Wirtschaft und private Haushalte zu tragen. „Die Bürgerinnen und Bürger sollen durch die Erkenntnisse und Ergebnisse der Fachforen in die Lage versetzt und motiviert werden, sich in möglichst allen Lebenslagen klimafreundlich zu verhalten.“

Als Schnittstelle zwischen Fachforen, Rat und Verwaltung soll zudem ein Klimarat gegründet werden, in welchem jedes Fachforum einen Sitz bekommt. Außerdem entsendet der Stadtrat zwei seiner Mitglieder in den Rat. Das Gremium, das sich mindestens zweimal im Jahr treffen soll, wird beratende Funktion haben, kann aber keine politischen Entscheidungen treffen. Er kann Ideen und Vorschläge der Fachforen mit Empfehlung an den Rat weiterleiten.

Bürgermeister Jan-Hendrik Röhse wird im Klimarat mitwirken

Auch Bürgermeister Jan-Hendrik Röhse wird im Klimarat mitwirken. Unterstützung bekommt er von David Quinque, der bislang im Rathaus für das Stadtmarketing im Einsatz gewesen ist und zu Jahresbeginn auch die mit 20 Wochenstunden neu eingerichtete Stelle des Klimaschutzbeauftragten übernommen hat. „Das Klimaforum soll ein Entwicklungsprozess sein, keine fertige Idee“, sagt Quinque, dessen Aufgabe es sein wird, das bereits 2012 von der Politik auf den Weg gebrachte Klimaschutzkonzept strategisch neu auszurichten.

Eine Aufgabe, die längst hätte in die Hand genommen werden müssen, wie Ratsmitglied Peter Eckhoff findet. „Die bisherige Stadtpolitik hat sich unseres Erachtens zu wenig um den Umwelt- und Klimaschutz gekümmert“, so Eckhoff, dessen Partei, Buchholzer Liste für Umwelt, Soziales und Nachhaltigkeit, sich 2011 unter anderem gegründet hatte, um den Umweltschutzthemen in den städtischen Handlungsfeldern ein stärkeres Gewicht zu geben.

Im Juli 2012 verabschiedete der Rat einstimmig ein städtisches Klimaschutzkonzept. Der Beschluss sah vor, den CO-Ausstoß pro Kopf von 6,8 t (Wert 2010) über 6,5 t (2015) auf 5,8 t in 2020 und schließlich auf 2,0 t im Jahr 2050 zu reduzieren. Die kürzlich vorgestellte „Energie- und Treibhausgasbilanz für die Stadt Buchholz“ jedoch belegt, dass die Treibhausgasemissionen pro Einwohner nicht gesunken, sondern witterungsbereinigt sogar um drei Prozent gestiegen sind.

Kritik kommt auch vom Grünen-Fraktionsvorsitzenden

Im Verkehrsbereich haben die CO-Emissionen seit 2010 sogar um zwölf Prozent zugenommen. „Der entschiedene Wille der Stadtverwaltung, Buchholz klimaneutral zu entwickeln, war nie zu erkennen“, sagt Peter Eckhoff. „Erst jetzt kommt aufgrund des durch Fridays for Future erzeugten öffentlichen Drucks Bewegung ins Thema.“ Eckhoff begrüßt die Idee des Klimaforums, befürchtet aber, dass die dort erarbeiteten Maßnahmen als nicht finanzierbar dem Rotstift zum Opfer fallen werden.

Kritik kommt auch vom Grünen-Fraktionsvorsitzenden Frerk Meyer: „Ich vermisse konkrete Maßnahmen von Bürgermeister Röhse und der Verwaltung.“ Viele Anträge zum Klimaschutz von Grünen, SPD und Buchholzer Liste zusammen mit CDU und FDP seien abgelehnt oder nicht umgesetzt worden. „Was wir brauchen steht alles schon in existierenden Konzepten: Solar auf jedem Dach, mehr Radverkehr und Buslinien, E-Mobilität, Car-Sharing, energetisch sanierte Gebäude usw. Dafür brauchen wir kein Bürgerforum.“

Die FDP-Fraktion Buchholz sieht die Stadt Buchholz in Sachen Klimaschutz grundsätzlich auf einem guten Weg. „In der Vergangenheit ist bereits viel passiert, um eine nachhaltige Stadtentwicklung vorzubereiten“, sagt deren Vorsitzender Arno Reglitzky. „Aber es muss noch mehr passieren, besser koordiniert mit klarer Bewertung des Gesamteffekts. Dies gilt nicht nur für Buchholz, sondern für Deutschland, Europa und weltweit.“