Harburg. Der Live-Musik-Club Marias Ballroom im Harburger Phoenix-Viertel feiert in diesem Monat zehnjähriges Bestehen.
Es war eine Mischung aus Zufall und Vorbestimmung, dass vor zehn Jahren im Harburger Phoenix-Viertel „Marias Ballroom“ gegründet wurde und sich seitdem zu einem der angesagtesten Musikclubs Harburgs entwickelte – und zu einer Location, die weit über Harburg hinaus bekannt ist. Den ganzen Juli lang feiern Clubchef Heimo Rademaker und seine Crew den „Geburtstag“ des Ballroom mit Doppelkonzerten einiger der beliebtesten Bands. Heute Abend sind die Lokalmatadore dran: Die Harburger Rock ’n’ Roller von den „Chevy Devils“ treffen auf den Heimfelder Bluesgitarristen Micky Wolf.
Zufall war es, dass der damals 47-jährige Heimo Rademaker und seine Freunde sich vor der Fahrt ins Stadion regelmäßig in der Gaststätte „Bei Marias“ in der Lassallestraße trafen. Diese unterschied sich seinerzeit nämlich kaum von den fünf anderen Kneipen in Sichtweite. Zufall war es auch, dass sich Wirtin Maria bei Rademaker und Freunden darüber beklagte, dass der Saal über den die Kneipe im Hinterhof des Hauses verfügte, mehr oder weniger brach lag.
Kein Zufall war, dass Heimo Rademaker gastronomisch, kaufmännisch und kulturell erblich vorbelastet ist: „Meine Mutter hatte die Theaterbar im Helms-Saal. Ich habe als Kind bei Heidi Kabel auf dem Schoß gesessen und mit Henry Vahl Cola getrunken“, sagt er. „Na ja, ich hatte Cola im Glas und habe mit Henry Vahl getrunken.“
Der Saal hatte echtes Potenzial
Rademaker und seine Kumpels sahen sich den Saal an und erkannten sein Potenzial. Sie stückelten eine Soundanlage zusammen und begannen, hier Partys mit elektronischer Tanzmusik zu veranstalten. Die Wirtin freute der steigende Umsatz, die Stammgäste vorn wurden nicht großartig gestört, So begann „Marias Ballroom“ 2009 als Hobby-Diskothek. Bald wurden auch Harburger Musiker auf den Saal aufmerksam, erst recht, als das legendäre „Consortium“, bis dahin Platzhirsch für Livemusik, pleite ging.
Langsam wurde auch das Harburger Bezirksamt auf den Ballroom im Hinterhaus aufmerksam – und das war zunächst einmal nicht gut. „Das Bezirksamt teilte Maria mit, dass der Betrieb des Saals nicht in ihrer Konzession enthalten war und eingestellt werden müsste“, sagt Heimo Rademaker.
Dadurch fühlte er sich aber erst recht angespornt: „Ich habe alles daran gesetzt, den Club genehmigungsfähig zu bekommen“, sagt er. „Und das hat geklappt. Ich glaube, es liegt daran, dass ich nicht wutentbrannt auf Konfrontation ging, sondern schlicht fragte, welche Bedingungen zu erfüllen seien und wir das dann abarbeiteten. Die Sachbearbeiterinnen im Rathaus haben sehr viel auf dem Schreibtisch. Wenn man unfreundlich ist, geht es nicht schneller. Trotzdem blieb der Club ein Jahr zu.“
Musik? Ja! – Tanzdarbietungen? Nein!
Als er wieder öffnete, hatten die Freunde 20.000 Euro echte Kosten sowie für etwa 100.000 Euro Eigenarbeit und persönliche Gefallen verbaut. „Davon sieht man heute aber nur noch ein Fenster, denn wir haben noch zweimal umgebaut, als Maria sich zurückzog“, sagt Rademaker. Als Diskothek durfte er den Saal aber nicht betreiben „Musikdarbietungen aller Art“, schließt Tanzvergnügen nicht ein. Der Schwerpunkt verlagerte sich auf Live-Musik.
Hier erwarb sich der Club schnell einen guten Namen – bei Künstlern wegen Fairness und Freundlichkeit, beim Publikum wegen meist zufriedener Künstler. Rademakers Kontakte in die Musikwelt sind mittlerweile gefragt: Er besetzte Bühnen beim Alstervergnügen und beim Binnenhafenfest und aktuell gestaltet er das Musikprogramm vom „Sommer im Park“ und des Phoenixviertelfests am Feuervogel.
Für die Zukunft ist gesorgt: Aus Mitteln der Staatsministerin für Kultur hat der Ballroom eine neuen Ton-Mischanlage zum Geburtstag bekommen. „Außerdem sind wir auf dem Weg zum grünen Club, mit Ökostrom, Müllvermeidung und energiesparender Technik“, sagt Heimo Rademaker, vieles ist schon umgesetzt, einiges kommt noch.“
Zweimal pro Woche
Vom ursprünglichen „Nebenbeibetrieb“ des Clubs ist nicht viel übrig: Für Clubchef Heimo Rademaker ist der Ballroom ein Vollzeit-plus-Überstunden-Job. Im Winter macht er das erste Mal seit Clubgründung Urlaub. Für ihn arbeiten sechs Aushilfen an den beiden Bars, ein Tontechniker mit Teilzeitvertrag sowie zwei freiberufliche Techniker als Aushilfen.
Mindestens zweimal pro Woche, freitags und sonnabends, gibt es Livemusik oder Karaoke im Saal; in der Woche Konzerte in Zimmerlautstärke im ehemaligen Schankraum, heute „Lounge“.
Der Ballroom initiierte eigene Musikveranstaltungsreihen, beispielsweise „Hirnrock“ und begleitet seit seinem Bestehen die Karrieren Harburger Musiker, wie zum Beispiel Dennis Adamus.
Nacheiferer möchte Rademaker ausdrücklich ermutigen und empfiehlt ihnen zuvor das Regelwerk der GEMA, die „Clubfibel“ des Clubkombinats und die „Liste des Grauens“ des Clubgurus Carsten Schölermann zu studieren.