Marmstorf. Nach den Sommerferien gibt es dort erstmals sechs erste Klassen. Weitere Container sollen kurzfristig und übergangsweise das Problem lösen

Dass alles immer zwei Seiten hat, weiß Dirk Vogt-Lahr (48) nicht erst, seit er vor vier Jahren die Leitung der Grundschule Marmstorf übernommen hat. Aber tatsächlich ist es so: Die Schule ist derart beliebt, dass immer mehr Eltern ihren Nachwuchs hier anmelden. Das führt dazu, dass nach den Sommerferien erstmals sechs erste Klassen ins neue Schuljahr starten. Ein schöner Erfolg und sicher auch Anerkennung für die gute Arbeit, die am Ernst-Bergeest-Weg geleistet wird. Gleichzeitig aber markiert genau das auch die Kehrseite der Medaille: die Schule, ursprünglich als vierzügige Grundschule gedacht, platzt aus allen Nähten. Abhilfe schaffen sollen – zeitlich befristet – weitere Container.

Aktuell werden an der Schule rund 490 Mädchen und Jungen von der Vorschule bis zu vierten Klasse unterrichten. Zum Lehrerteam von Dirk Vogt-Lahr gehören rund 30 Pädagogen. Schon vor zwei Jahren wurde wegen des großen Zuspruchs aufgestockt und die Fünfzügigkeit eingeführt. Weil auch da schon der Platz knapp wurde, musste ein Container her. Im vergangenen Jahr kam dann noch ein zweiter dazu. Aber seit die jüngste Anmelderunde abgeschlossen ist, steht fest: Das reicht alles nicht. Also werden nicht nur zwei weitere Container aufgestellt, sondern die schon vorhandenen ausgetauscht und durch neue ersetzt: „Eine Übergangslösung“, sagt Schulleiter Dirk Vogt-Lahr.

Neuer Gruppenraum öffnet

Doch wie lange die dauern wird, kann er nicht sagen. Aber er kann auch mit einer guten Nachricht aufwarten: Insgesamt 16 Klassen werden mit einem Gruppenraum aufgehübscht, der Platz bietet für Kinder, die sich mal zurückziehen oder in kleinen Gruppen unter sich sein wollen. Wichtig sei das nicht nur wegen der zunehmenden räumlichen Enge, sagt Vogt-Lahr, sondern auch weil 80 Prozent der Kinder die Ganztagsbetreuung in Anspruch nehmen.

Mal für sich zu sein: Ein legitimer Wunsch, den jeder kennt, der tagsüber lange unterwegs ist. Die kleinen Räume, die bislang als Leseecken oder Computerräume genutzt wurden, werden u. a. mit einem Podest ausgestattet, auf dem es sich die Kinder gemütlich machen können. Möglich ist das, weil die Schulbehörde aus dem Topf für das Projekt „Guter Ganztag“ knapp 20.000 Euro beisteuert, und die Elbkinder-Vereinigung, zuständig für die Ganztagsbetreuung, noch einmal gut 34.000 Euro.

Schulleiter geht nach Brasilien

Soweit die gute Nachricht. Dass Vogt-Lahr das Ende der Containerlösung selbst mitbekommt, ist allerdings ausgeschlossen. Denn er verlässt mit Ende des Schuljahres Marmstorf und geht zurück nach Brasilien. Bevor es ihn nach Harburg verschlug, hatte er dort schon einmal zwölf Jahre lang an einer deutschen Schule unterrichtet. Vor August an leitet er eine Grundschule in Sao Paulo. Auch das eine Entscheidung, die zwei Seiten hat: Vogt-Lahr, der perfekt portugiesisch spricht, freut sich, dass für ihn und seinen Mann, der aus Brasilien stammt, nun wieder ein neues Kapitel beginnt. Andererseits ist es ja mit Abschieden so eine Sache: Es bleiben immer Freunde und Menschen zurück, die man gern an seiner Seite hat. Unklar ist bislang, wer seine Nachfolge als Schulleiter antritt. Vogt-Lahr fürchtet, dass die Antwort auf diese Frage eventuell schwerer zu finden sein wird, als die vier neuen Lehrkräfte, die vom neuen Schuljahr an mindestens gebraucht werden. „Ich bin gut vernetzt“, sagt Vogt-Lahr. Und auch, dass er schon mit Interessentinnen gesprochen habe, die jetzt noch an deutschen Schulen im Ausland unterrichten. Ganz heiße Favoritin ist eine Kollegin, die derzeit in Kalifornien unterrichtet, aber nun gerne in ihre Heimat – nach Harburg – zurückkehren möchte. Nein, Schwierigkeiten, offene Stellen zu besetzen, habe er nicht, sagt der Schulleiter. Und erklärt gleich, warum das bei ihm vielleicht anders ist als an anderen Schulen im Hamburger Süden: „Bei uns ist es ja recht heimelig, hier ist die Welt noch in Ordnung.“

Fachräume für 2,5 Millionen Euro sind geplant

Und er ist auch zuversichtlich, dass sich die Sache mit dem Platzmangel in absehbarer Zeit erledigen wird. So soll bald für rund 2,5 Millionen Euro ein Fachraumgebäude gebaut werden, mit Platz u. a. für Computer- und Kunstraum, für eine Bibliothek und einen großzügigen Musiksaal. Ursprünglich sei geplant gewesen, den Bau bis März 2020 fertigzustellen. „Aber ich denke, Herbst 2020 ist realistischer“, sagt Vogt-Lahr.

Entzerrt wird die Situation aber sicher auch, wenn die geplante neue Grundschule am Sinstorfer Weg erst mal fertig ist. Die Gebäude dort beherbergten bis vor einigen Monaten noch eine Zweigstelle der Lessing-Stadtteilschule, deren neuer Standort nun der Schulcampus Hanhoopsfeld ist. Doch ob der Komplex saniert oder für einen Neubau weichen muss, wann das Ganze angegangen, wieviel es kosten wird – das alles ist noch offen. Und die, die es wissen könnten, die Schul- beziehungsweise die Finanzbehörde, sagen nichts. Aus gutem Grund, wie Peter Albrecht, Sprecher der Schulbehörde, erklärt: „Noch vor den Sommerferien stellen wir unseren Entwurf eines neuen Schulentwicklungsplanes vor.“ Der werde Aufschluss darüber geben, was die Behörde an jedem einzelnen Hamburger Schulstandort plant – für die nächsten fünf Jahre mindestens. Liegt der Katalog vor, geht’s ans Eingemachte. Dann sind die Stellungnahmen von Bezirken, Politikern, Schulen, aber auch von Eltern- und Schülervertretern gefragt. Albrecht: „Alle Gremien werden eingebunden.“ Beschlüsse fallen danach.