Harburg . Der Schulstandort Sinstorf steht vorübergehend leer. Die Sportvereine dürfen die Hallen nutzen. Doch es gibt ein Problem.
Fast 50 Jahre lang war klar, was in den beiden Turnhallen der Sinstorfer Schule passiert: Von morgens bis mittags sind sie dem Schulsport vorbehalten, nachmittags kamen die Sportvereine und trainierten bis abends. Im Falle dieser Hallen – eine Einfeld-Sporthalle und eine Gymnastikhalle – war der Verein fast immer Grün-Weiß Harburg. Wie in allen anderen Turnhallen auch, hatte die Schulbehörde die Hallen ausgestattet und im Rahmen des allgemeinen Bildungsauftrags den Vereinen zur Mitnutzung überlassen. Was aber, wenn rund um die Hallen gar keine Schule mehr ist? Das ist in Sinstorf derzeit der Fall. Die Lessing-Stadtteilschule, die ihre unteren Jahrgänge hier untergebracht hatte, hat im Februar ihren Neubau in Wilstorf bezogen. Grün-Weiß Harburg guckt in die Röhre, denn die Geräte sind mit umgezogen.
Darauf vorbereitet war der Verein nicht: Aus den widersprüchlichen Signalen, die die Stadt aussendete, hat man sich auf die beruhigenden verlassen: „Aus dem Bezirks-Sportreferat hieß es noch 2018, dass die große neue Sporthalle der Stadtteilschule bestimmt auch neu ausgestattet würde“, sagt Thorsten Damisch, Geschäftsstellenleiter des 2200 Mitglieder starken Vereins.
Seit 2006 statten Schulen ihre Sporthallen selber aus
Dem lag allerdings ein grundlegender Irrtum zugrunde: Seit 2006 stattet nicht mehr „die Stadt“ die Schulen mit Büchern, Bänken und Barren aus, sondern jede einzelne Schule hat die Unterrichtsmaterialien – auch die für den Sportunterricht – in ihrem eigenen, selbstverwalteten Budget. Eine neue Ausstattung der neuen Sporthalle hätte Schulleiter Rudolf Kauer also aus seinem Etat kaufen und an anderer Stelle einsparen müssen. Dabei musste er gerade nicht nur seine Sporthalle sondern auch einen nagelneuen Gesamt-Gebäudekomplex neu ausstatten. Als die Lessing-Stadtteilschule den Standort Sinstorf räumte, nahm sie also auch die Turngeräte mit.
„Mitte Januar riefen mich die ersten Turn-Übungsleiter an und sagten, dass auf den Geräten Umzugsaufkleber angebracht waren“, sagt Thorsten Damisch, „da war mir dann klar, dass wir ein Problem haben.“
Betroffen ist vor allem die Turn-Abteilung von Grün-Weiß
Betroffen sind vor allem die Turner von Grün-Weiß Harburg. Sie machen – von den Kleinsten in der Eltern-Kind-Gruppe bis zu den Ältesten in der Seniorengymnastik – gut 700 Mitglieder aus. Breitensportler und Leistungssportler geben sich in Sinstorf die Klinke in die Hand. „Hier und in der Fußballabteilung werden lebenslange Vereinskarrieren begonnen“, sagt Damisch. „Wir gewinnen in diesen Abteilungen im Kindesalter Mitglieder, die erst mit dem Ableben wieder austreten.“
Die Turnhallen neu auszustatten würde den Verein etwa 50.000 Euro kosten. Dabei ist die Zukunft der Hallen noch nicht einmal gesichert: Nach jahrelangem Hin und her, in dem mal die komplette Aufgabe des Schulstandorts zugunsten von Wohnungsbau geplant wurde, mal eine teilweise Weiternutzung als Zweigstelle der Marmstorfer Grundschule, hat sich die Schulbehörde entschlossen, hier eine neue Grundschule einzurichten. Ob die neue Schule aber die alten Gebäude bezieht, oder die als abgängig geltenden Bauten ersetzt werden, will die Behörde erst noch entscheiden. Die Investition in eigene Geräte würde sich nicht lohnen, denn entweder würden die Hallen in wenigen Jahren abgerissen oder aber saniert und dann aus dem Budget der neuen Schule ausgestattet. „Außerdem sehe ich nicht ein, warum wir als einziger Harburger Verein unsere Turngeräte selbst kaufen sollen“, sagt Damisch.
Antrag auf Sondermittel aus dem Bezirk?
Die Harburger Kommunalpolitik weiß um die Probleme des Vereins und riet Damisch, schnell einen Sondermittelantrag an die Bezirksversammlung zu richten. „Das Problem ist, dass ich dafür drei verschiedene Angebote einholen und prüfen müsste und die Antragsfrist Donnerstag abläuft. Bis die Angebote kommen, dauert es ohnehin und dann müsste ich sie auch noch bewerten. Das schaffe ich gar nicht. Außerdem müsste ich dann vertreten, dass die Investition wegen der Planungen der Schulbehörde eventuell überflüssig wird.“
Damisch hat für seine Turnabteilung eine andere Idee. „Wir müssten bei der Vergabe der Übungszeiten in der neuen Halle als Verein bevorzugt berücksichtigt werden“, sagt er, „denn die liegt noch so nah an unserem Kerngebiet Marmstorf und Sinstorf, dass unsere Mitglieder sie gut erreichen können. Die Geräte kennen wir ja schon. Das Problem ist allerdings, dass die Halle noch nicht ganz fertig ist und das Bezirksamt mit Eröffnung der neuen Halle die Hallenzeiten in ganz Harburg neu ordnen will. Weiter weg können wir aber keine Hallenzeiten gebrauchen.“