Harburg/Tostedt . Sturm und Starkregen sorgten in der Region für überflutete Straßen und vollgelaufene Keller. Ein Mofafahrer kam auf der B75 ums Leben.
Sturm und Starkregen haben Dienstagabend Harburg und das Umland erfasst und in Teilen eine Schneise der Verwüstung hinterlassen. Bäume wurden entwurzelt, Straßen, Keller und Geschäftsräume wurden in wenigen Minuten überflutet. Am Himmel über Meckelfeld, Rade und Harburg waren Wind- und Wasserhosen zu sehen. Für einen Zweiradfahrer endete das schreckliche Unwetter tödlich: Er kam auf der Bundesstraße 75 bei Kakenstorf ums Leben. Der Busverkehr in Harburg kam streckenweise zum Erliegen. Auch der Zugverkehr war teilweise eingeschränkt. Die Aufräumarbeiten dauerten gestern den ganzen Tag lang an.
In kürzester Zeit prallten gewaltige Wassermassen nieder
Das Wetter-Drama begann um 19.10 Uhr, als sich der Abendhimmel schlagartig verfinsterte. Der Himmel öffnete seine Schleusen, tausende Liter Wasser ergossen ich über die gesamte Region. Von der Autobahn am Maschener Kreuz beobachteten Autofahrer, wie sich über Harburg anscheinend eine Windhose entwickelte. In kürzester Zeit prasselten in der Stadt gewaltige Wassermassen nieder. Die Kanalisation war hoffnungslos überfordert: Am Trelder Berg und in der Nobleestraße schossen die Gullydckel empor, Busspuren verwandelten sich in Stromschnellen.
Die Winsener Straße stand zeitweise komplett unter Wasser und verwandelte sich in einen reißenden Fluss. Autofahrer trauten sich nicht, durch die Fluten zu fahren. Sie blieben vorsichtshalber stehen und warteten ab, während der Starkwind an ihren Karossen zerrte und der Regen über die Dächer peitschte. Die Weusthoffstraße im Bereich Denickestraße und Abschnitte der Buxtehuder Straße standen ebenfalls unter Wasser. In der Lüneburger Straße liefen die Keller von Einzelhandelsgeschäften voll. Am Harburger Bahnhof schoss das Wasser durch die Decke. Die Busse blieben kurzzeitig stehen. Die Deutsche Bahn gab Warnhinweise an Reisende heraus.
In Harburg fuhr die Feuerwehr 144 Einsätze
Die Feuerwehr rückte in Harburg zu rund 144 Einsätzen aus, in erster Linie, um Keller leer zu pumpen. Unterstützung leistete das THW. In einem Haus in der Wilhelmstraße sprengten emporschießende Wassermassen ein Waschbecken aus der Wand. Vom Unwetter betroffen war auch die Schule in der Triftstraße und der Edeka Markt Corleis in Heimfeld.
Im Harburger Umland sah es ebenfalls düster aus: Gegen 19.40 Uhr kam auf der B 75 ein Mofafahrer ums Leben. Der junge Mann (29) war am Abend mit seinem Zweirad im strömenden Regen auf der Bundesstraße in Richtung Tostedt unterwegs. In Höhe der Ortschaft Kakenstorf fuhr er auf die Linksabbiegerspur in Richtung Bergstraße. In dem Moment erfasste ihn der 5er-BMW eines 47-jährigen Mannes, der auf der B 75 in Richtung Buchholz unterwegs war und anscheinend im Kreuzungsbereich zum Überholen angesetzt hatte. „Vermutlich hat der Autofahrer das entgegenkommende Mofa wegen des Starkregens nicht gesehen und ist ungebremst mit ihm kollidiert“, sagt Polizeisprecher Jan Krüger. Der Mofafahrer war sofort tot. Der Unfallverursacher erlitt einen Schock. Die B 75 blieb bis 22.30 Uhr voll gesperrt.
Besonders betroffen im Landkreis Harburg waren die Gemeinden Tostedt und Rosengarten. In Tostedt fielen innerhalb von 45 Minuten rund 40 Liter Regen pro Quadratmeter, in Dohren sollen es fast 70 Liter gewesen sein. Zum Vergleich: Im Durchschnitt fallen im gesamten Monat Juli in Niedersachsen pro Quadratmeter 73 Liter Regen.
Mehrere Bäume kippten auf die B 75
Der Starkregen überflutete zahlreiche Straßen in Tostedt. Die Tostedter Straße stand zum Beispiel bis zu 30 Zentimeter hoch unter Wasser. Auch am Bahnhof konnten keine Autos mehr fahren. Der Grund auch hier: Die Gullys konnten die großen Wassermassen in kurzer Zeit nicht aufnehmen. Viele Keller liefen voll Wasser. Die Feuerwehren rückten mehr als 40 Mal innerhalb von zwei Stunden aus. Auch ins Tostedter Rathaus regnete es hinein. Auf der B 75 kippten zwischen Königsmoor und Wistedt mehrere Bäume auf die Straße. Erst Stunden nach dem Starkregen beruhigte sich langsam die Lage in Tostedt. „Der Bauhof ist auch einen Tag nach dem Unwetter noch im Einsatz, um die Schäden zu beseitigen“, sagte Tostedts Samtgemeindebürgermeister Peter Dörsam.
Fast das gleiche Bild bot sich in der Einheitsgemeinde Rosengarten. Mehr als 30 Einsatzstellen mussten die Feuerwehren abarbeiten. Besonders in den Ortschaften Leversen und Sieversen wurden Straßen und Keller überflutet. „Fast alle Wehren der Einheitsgemeinde Rosengarten waren unterwegs“, sagte Bürgermeister Dirk Seidler. Auch zwischen Iddensen und Tötensen blockierten umgestürzte Bäume die Fahrbahnen.
Der Regen traf die Gemeinden im Landkreis in unterschiedlichem Ausmaß: Während in Buchholz, Winsen und Salzhausen kaum Schäden zu verzeichnen waren, standen in Hollenstedt und Seevetal mehrere Straßen unter Wasser. Auch eine Biogasanlage in Wenzendorf musste von den Feuerwehrleuten von den Wassermassen befreit werden. Dass der Regen lokal begrenzt für überflutete Straßen sorgte, sah man auch in der Gemeinde Hanstedt: Während dort mehrere Keller voll Wasser liefen, gab es im zwei Kilometer entfernten Dierkshausen kaum Beeinträchtigungen. „Wir müssen uns darauf einstellen, dass es durch den Klimawandel häufiger zu Starkregen kommt“, sagte Uwe Kirsche vom Deutschen Wetterdienst. Das könne sehr stark regional begrenzt sein.