Hamburg. Starkregen verursachte in Hamburg mehr als 100 Einsätze. Am Flughafen wurden rund 400 Notbetten für die Passagiere aufgestellt.

Das heftige Unwetter über Hamburg und Norddeutschland hat Rettungsdienste und Polizei bis zum Sonnabendmorgen in Atem gehalten.

Die Hamburger Feuerwehr registrierte bis 6 Uhr insgesamt 118 wetterbedingte Einsätze. Der größte Teil spielte sich im Nordosten der Stadt ab. Am häufigsten wurden überflutete Straßen und Keller gemeldet. Es gab aber auch zwei Blitzeinschläge in Kirchwerder und Billstedt, die Schwelbrände auslösten. Zeitweise waren zusätzlich zur Berufsfeuerwehr 32 Freiwillige Feuerwehren im Einsatz.

100.000 Blitze über Norddeutschland

Der Deutsche Wetterdienst (DWD) bilanziert für Hamburg und Norddeutschland am Sonnabendmorgen rund 40 Liter Regen pro Quadratmeter. Glück im Unglück: Die Menge verteilte sich über drei Stunden, während etwa in Thüringen 32 Liter Regen pro Quadratmeter in nur einer Stunde fielen.

"Für Mai war das eine bemerkenswerte Wetterlage", sagte ein DWD-Meteorologe zu Abendblatt.de. Sogar Tornados seien gestern möglich gewesen, was sonst erst eher bei Wetterlagen im Hochsommer auftritt. Die Wetterexperten zählten während des Gewitters in Norddeutschland 100.000 Blitze.

Unwetter: 137 Reisende saßen am Flughafen fest

Am Hamburger Flughafen saßen am Freitagabend Hunderte Reisende fest. 29 Flüge wurden wegen des Gewitters gestrichen – 15 Abflüge und 14 Landungen. Betroffen waren dadurch etwa 1.500 Passagiere. Die meisten seien aber wieder nach Hause gegangen oder buchten sich in Hotels ein, sagte Flughafensprecherin Stefanie Harder zu Abendblatt.de.

Zeitweise harrten Passagiere während des Gewitters auch in gerade gelandeten Maschinen aus: „Wenn wir Blitzwarnungen haben, dürfen unsere Mitarbeiter nicht aufs Rollfeld und weiter abfertigen und die Fluggäste dürfen auch nicht aussteigen. Das ist zu gefährlich“, so Harder.

In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Roten Kreuz stellte der Flughafen 400 Feldbetten auf – 137 erschöpfte Reisende verbrachten dort die Nacht.

Überflutung in Langenhorn verhindert

Der aufwendigste Einsatz für die Hamburger Feuerwehr lief im Kleingartenverein Diekmoor in Langenhorn. Dort drohte wegen des starken Regens, ein Rückhaltebecken überzulaufen und die tiefer gelegenen Parzellen zu überfluten. Die Einsatzkräfte bekamen die Lage schließlich nach mehreren Stunden mit Pumpen und Sandsäcken in den Griff. Ursache waren verstopfte Abflüsse des Beckens.

U-Bahnverkehr ausgefallen

Auch der U-Bahnverkehr war wegen des Unwetters zeitweise beeinträchtigt: So schlug ein Blitz in ein Stellwerk ein und löste auf der Linie U3 zwischen den Haltestellen Barmbek und Wandsbek Gartenstadt eine längere Störung aus. Die Hamburger Hochbahn setzte deshalb dort Busse ein.

Trotz des Starkregens kamen Hamburger zum Kirschblütenfest-Feuerwerk an die Außenalster
Trotz des Starkregens kamen Hamburger zum Kirschblütenfest-Feuerwerk an die Außenalster © dpa | Christophe Gateau

Auf der Linie U2 fuhren zwischen Billstedt und Mümmelmannsberg zeitweise keine U-Bahnen, weil zu viel Wasser in das Gleisbett geflossen war. Hier wurde ebenfalls ein Ersatzverkehr mit Bussen eingerichtet.

Zum S-Bahnverkehr lagen der Deutschen Bahn keine Störungsmeldungen infolge des Unwetters vor, wie ein Sprecher am Sonnabend mitteilte. Zu Beeinträchtigungen kam es hingegen im Fernverkehr. Wegen eines Blitzeinschlags im niedersächsischen Eschede wurden mehrere aus dem Süden kommende Züge zwischen Hannover und Hamburg-Harburg über Rothenburg umgeleitet. Seit Sonnabendvormittag verkehre der Fernverkehr aber wieder normal, so der Sprecher.

Fußballspiele wegen des Unwetters abgebrochen

Auch mehrere Fußballspiele wurden wegen des Unwetters unterbrochen oder abgesagt: In der Oberliga Hamburg traf es die Begegnung des Niendorfer TSV gegen den FC Süderelbe. Der Abbruch kam elf Minuten vor Schluss beim Stande von 4:1. Die Sicherheit der Spieler, Zuschauer und des Schiedsrichtergespanns war nicht mehr gewährleistet. Auch betroffen: Die Spiele SV Rugenbergen gegen SC Victoria, Concordia Hamburg gegen Klub Kosova, SV Curslack-Neuengamme gegen SV Halstenbek-Rellingen, sowie SC Condor gegenTuS Osdorf.

Regen-Rekord bei Lüneburg

Einen Rekord gab es auch: Meteorologen haben am Freitagabend bei Lüneburg 47 Liter Regen pro Quadratmeter gemessen. Diese Menge ging im Ortsteil Ehlbeck der Gemeinde Rehlingen innerhalb von sechs Stunden nieder.

In Traventhal (Bad Segeberg) brach nach einem Blitzschlag ein Großfeuer in einem Einfamilienhaus aus. Nahe Bad Segeberg überspülte Starkregen auch einen Campingplatz großflächig. Zusammen mit Einsatzkräften des THW pumpten die Feuerwehrleute das Wasser ab und stapelten Sandsäcke an den gefährdeten Stellen, um weitere Überschwemmungen zu verhindern.

Erhebliche Schäden in Thüringen

Bei Stadtroda in Thüringen verunglückte am Freitagabend ein Regionalzug, der zuvor in eine Geröll- und Schlammlawine gefahren war. Die Bergung der Bahn sollte am Sonnabendnachmittag beginnen. Ein Bahnsprecher sagte, dasss die Arbeiten mit einem Kran voraussichtlich ab 14 Uhr an der Unfallstelle beginnen würden. Bei dem Unfall waren sieben Menschen leicht verletzt worden.

In Königsee im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt stürzte am Freitagabend aufgrund des anhaltenden Starkregens das Dach eines Supermarktes teilweise ein. Laut Polizei in Erfurt, mussten zehn Menschen aus dem unter Wasser stehenden Laden in Sicherheit gebracht werden.