Hamburg . Die CDU vermutet einen Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise. Justizbehörde spricht von „saisonalen Schwankungen“.

Erstmals seit Jahren steigt in Hamburg die Zahl der Strafgefangenen wieder an – und zwar relativ schnell und deutlich. Saßen am 1. April 2015 noch 1549 Menschen in Haft, so waren es am 1. April 2016 bereits 1723. Das entspricht einem Anstieg von mehr als elf Prozent binnen eines Jahres.

Die Zahlen ergeben sich aus Antworten des Senats auf schriftliche Klein­e Anfragen des CDU-Rechtspolitikers Richard Seelmaecker. Manche Gefängnisse stoßen bereits an ihre ­Kapazitätsgrenzen. So sind etwa die Untersuchungshaftanstalten am Holstenglacis und in Hahnöfersand bis auf den letzten Platz oder sogar darüber hinaus belegt. Auch die Justizvollzugs­anstalt Glasmoor ist derzeit voll besetzt. „Der Bedarf an Untersuchungshaftplätzen ist im letzten Jahr rasant angestiegen“, sagt CDU-Bürgerschaftsabgeordneter Seelmaecker. „Es ist daher überhaupt nicht nachvollziehbar, warum Justizsenator Till Steffen seine Prognose nach unten reduziert. Er muss endlich seine Augen öffnen und erkennen, dass die wachsende Zahl von Straftaten und unter anderem auch der Flüchtlingsstrom vor unseren Gefängnissen nicht haltmachen.“

Eine Million Zuwanderer in Deutschland führten „zwangsläufig auch zu einem höheren Bedarf an Haftplätzen“, so Seelmaecker. „Hamburg darf nicht in eine Situation kommen, in der Straftäter freigelassen werden müssen, weil die Knäste voll sind.“ Anstatt Geld „in sein teures Lieblingsprojekt, die Verlagerung des Jugendvollzugs nach Schleswig-Holstein, zu pumpen“, müsse Steffen „Hamburgs Justizvollzugsanstalten fit für die Zukunft machen“.

Laut Senatsantwort auf die CDU-Anfrage hatte die Justizbehörde die Zahl der nötigen Haftplätze zuletzt von 1800 auf 1700 für die Jahre 2017/18 ­gesenkt. Justizbehörden-Sprecherin Marion Klabunde wies darauf hin, dass die Zahl der Gefangenen bis 2015 gesunken sei. „Einen signifikanten Anstieg hat es eigentlich erst im ersten Quartal 2016 gegeben, und dieser hat sich insbesondere im Untersuchungshaftbereich niedergeschlagen“, so Klabunde. „Wir führen das auf regelhaft vorkommende Schwankungen zurück.“ Ein Anstieg der Gefangenenzahlen sei nicht vorauszusehen, da es keine sicheren Prognoseinstrumente gebe.

„Aufgrund wichtiger Sanierungsmaßnahmen ist in der Untersuchungshaftanstalt ein Flügel nicht nutzbar“, so Klabunde. „Diese Plätze fehlen, weshalb die Anstalt auch komplett belegt ist. Das führt dazu, dass wir bei der Belegung von Haftplätzen gerade eine große logistische Herausforderung meistern: Weitere U-Häftlinge kommen in Billwerder unter, Menschen von Billwerder kommen in freie Hafträume nach Fuhlsbüttel.“ In den Neustrukturierungsplanungen würden die Haftplatzzahlen so berechnet, „dass wir genug freie Plätze haben, um Steigungen zu verkraften, aber gleichzeitig nicht unwirtschaftlich werden“.