Hamburg. Vater war mit Messer verletzt worden und dann mit dem Kind ins Eis eingebrochen. Polizei prüft weiter, ob es ein Überfall war.
Die kleine Lia ist tot. Zwei Wochen nachdem das drei Monate alte Mädchen mit seinem Vater im Lohmühlenteich in Eißendorf ins Eis eingebrochen war, starb das Baby nun auf der Intensivstation des Universitätsklinikums Eppendorf (UKE). Zuvor waren die medizinischen Maschinen abgeschaltet worden, die das Kind am Leben gehalten hatten.
Wie es zu dem schrecklichen Unglück kam, ist immer noch nicht geklärt. Der 24 Jahre alte Vater hatte gegenüber der Polizei angegeben, nach einem Überfall auf das Eis geflüchtet und eingebrochen zu sein.
Am späten Abend des 25. Januar war der Vater mit Lia, die er in einem Tragetuch vor dem Bauch hatte, noch eine Runde spazieren gegangen. Der Mann wohnt in Eißendorf in einem Mehrfamilienhaus. Das Baby, so hieß es, brauchte aus gesundheitlichen Gründen frische Luft.
Am Lohmühlenteich, wenige Hundert Meter von der Wohnung entfernt, will der Mann dann plötzlich überfallen worden sein. Die Täter, die nach seinen Angaben kaum Deutsch sprachen, hätten sein Handy und Geld gefordert. Als er ihnen nichts geben konnte, sei er mit einem Messer angegriffen worden. In dem Gerangel habe er seine Brille verloren. Dann sei er auf das Eis geflüchtet und eingebrochen. Die Räuber flüchteten.
Anwohner hörten an dem Abend gegen 22.35 Uhr Hilfeschreie aus dem Göhlbachtal, einem Grünstreifen, in dem der Teich liegt. Die Zeugen riefen die Polizei. Die Beamten sahen, dass der Mann ins Eis eingebrochen war. Sie alarmierten die Feuerwehr und versuchten selbst, den Mann aus dem Wasser zu ziehen. Auf zugeworfene Rettungsleinen soll der 24-Jährige nicht reagiert haben.
Ein Polizist brach bei den Rettungsversuchen selbst ein. Schließlich zog ein Feuerwehrmann den Mann, von dem nur Kopf und Schultern aus dem Teich ragten, am Kragen aus dem Wasser. Erst da sahen die Retter, dass der Mann ein Kind bei sich trug. „Zuerst dachten wir, das sei eine Puppe“, erinnert sich ein an dem Einsatz beteiligter Beamter.
Mann bricht mit Säugling in Teich ein
Der Säugling musste noch vor Ort wiederbelebt werden. Das Baby war offenbar längere Zeit unter Wasser gewesen. Dabei war auch Schlick in die Lungen geraten. Das kleine Mädchen kam ins Krankenhaus Mariahilf und wurde später ins UKE verlegt. Ärzte operierten das Mädchen. Nach wenigen Tagen hieß es, dass sich der Zustand etwas stabilisiert habe, aber noch Lebensgefahr bestehe.
Der Vater war selbst „halb tot“ aus dem Wasser gezogen worden. Er war stark unterkühlt. Seine Temperatur soll bei unter 30 Grad gelegen haben. Das ist lebensgefährlich. Noch vor Ort berichtete er von einem Überfall. Im Krankenhaus entdeckten die Ärzte dann Stich- und Schnittverletzungen bei dem Vater des Babys.
Die Mordkommission übernahm den Fall. Noch in der Nacht wurde mit der Spurensicherung begonnen. Am Morgen danach suchten zwei Taucher der Polizei den Lohmühlenteich ab. Bereitschaftspolizisten durchkämmten das parkähnliche Gelände. Dabei fanden sie ein Messer. Es war die Tatwaffe
Die Brille, die der Vater nach seinen Angaben bei dem Gerangel mit den Tätern verloren hatte, wurde jedoch nicht gefunden. Die Aussagen des 24-Jährigen hatte die Polizei in „alle Richtungen“ ermitteln lassen. Natürlich schloss die Mordkommission nicht aus, dass die Tat erfunden war.
„Bis heute gibt es keinen Punkt, in dem die Aussage des Vaters widerlegt werden konnte“, sagte ein Beamter. Zu keinem Zeitpunkt wurde der Mann als Beschuldigter geführt. Dass der Mann auf Rettungsversuche nicht reagiert hatte und im eigentlich hüfthohen Wasser hockte, weil er unter Schock stand und stark unterkühlt war, hält die Polizei für durchaus plausibel.
Gerichtsmediziner haben die Verletzungen des Mannes genau untersucht. Ergebnis: Die Tat kann sich so abgespielt haben, wie es der Vater geschildert hatte. Zeugenaussagen brachten die Ermittler nicht weiter. Die Auswertung der Spuren am Messer sei noch nicht abgeschlossen. Neben dem Blut wird nach Fasern und DNA gesucht, die vom Täter oder seiner Kleidung stammen könnten. Schließlich hatte die Polizei auch das private Umfeld des Vaters abgeklopft. Einen Hinweis auf ein Motiv für eine vorgetäuschte Tat wurde nicht gefunden.
Unklar ist auch die Rechtslage. Ob ein Raub mit Todesfolge vorliegt, so hieß es bei der Staatsanwaltschaft, müsse noch geprüft werden. Denn das Baby war – rein juristisch gesehen – nicht unmittelbar Opfer des Überfalls.